Marsilĭus

[360] Marsilĭus von Padua, politischer Schriftsteller, aus dem Hause der Raimondini, geb. nach 1270, studierte in Paris Philosophie, Theologie und Medizin und war 1312 Rektor der Universität in Paris. An dem besonders seit 1322 leidenschaftlich geführten Streit der Minoriten gegen das Papsttum wegen der Armut Christi, der Apostel und der Kirche nahm er mit Johann von Jandun und Wilhelm von Occam eifrigen Anteil und flüchtete vor der Strafgewalt der Kirche 1325 oder 1326 an den Hof Ludwigs des Bayern, dessen Rat und Leibarzt er wurde und auf dessen Politik seine radikalen Ansichten namentlich während des Nömerzuges von 1327 und 1328 einen vielfach maßgebenden Einfluß ausübten. Vom Papst Johann XXII. von Avignon aus 1327 gebannt, wurde er nach der seinen Theorien entsprechend vollzogenen Kaiserkrönung Ludwigs von diesem zum geistlichen Vikar von Rom ernannt und wirkte für die Absetzung Johanns und die Wahl des Gegenpapstes Nikolaus V. Nach dem Scheitern des Römerzuges kehrte er mit Ludwig nach Deutschland zurück und blieb bis zu seinem Tode in dessen Umgebung. Sein Hauptwerk ist der in Gemeinschaft mit Johann von Jandun 1324 verfaßte »Defensor pacis«, eine kühne und gedankenreiche Streitschrift für die Souveränität des Volkes und die Rechte des von diesem gewählten Königs gegen die Ansprüche des Papsttums auf eine oberste Jurisdiktions- und Strafgewalt sowie gegen den päpstlichen Primat überhaupt (1. Ausg., Basel 1522. seitdem öfter; meist benutzt in der Ausgabe in Goldasts »Monarchia Romani imperii«, Frankf. 1611–13, Bd. 2; deutscher Auszug, Neuburg a. d. D. 1545). Minder bedeutend ist eine bald nach dem »Defensor pacis« verfaßte Schrift »De translatione imperii«; bestritten, aber doch wahrscheinlich ist seine Verfasserschaft eines 1311 geschriebenen Traktats über das Recht des Kaisers, die Ehe zwischen Johann Heinrich von Kärnten und Margareta Maultasch von Tirol aus kaiserlicher Machtvollkommenheit zu trennen. Wenn sie von ihm herrührt, muß M. 1342 oder 1343 gestorben sein. Vgl. Riezler, Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit König Ludwigs des Bayern (Leipz. 1874); Scaduto, Stato e chiesa negli scritti politici 1122 bis 1347 (Flor. 1882); Birck, M. von Padua und Alvaro Pelayo (Mülheim 1868); P. Meyer, Étude sur Marsile de Padoue (Straßb. 1870); Schockel, über M. von Padua (Programm, Buchsweiler 1877); Labanca, Marsiglio di Padova (Padua 1882).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 360.
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