Milan Obrenović IV.

[796] Milan Obrenović IV., König von Serbien, geb. 22. Aug. 1854, gest. 11. Febr. 1901 in Wien, Sohn des Milosch Jefremović (gest. 20. Nov. 1861) und der Maria, gebornen Catargi (gest. 16. Juli 1876), in Paris erzogen, wurde 2. Juli 1868, nach der Ermordung des Fürsten Michael Obrenović III., zum Fürsten ausgerufen, 22. Aug. 1872 für großjährig erklärt und vermählte sich 17. Okt. 1875 mit Natalie Keschko, Tochter eines russischen Obersten und der Pulcharia, gebornen Sturdza, die ihm 14. Aug. 1876 den Prinzen Alexander gebar. Von Rußland angestachelt, begann er im Juli 1876 gleichzeitig mit Montenegro einen erfolglosen Krieg gegen die Türkei. M., der die Führung des Heeres dem Russen Tschernajew überließ, mußte die ihm von den Truppen angetragene Königskrone ablehnen und, nachdem Ende Oktober bei Alexinatz sein Heer vernichtet und er von Rußland im Stiche gelassen worden war, die Vermittelung Englands für einen Frieden anrufen, der ihm Anfang März 1877 von der Türkei unter den Verhältnissen wie vor dem Kriege bewilligt wurde. Gleichwohl begann er Ende Dezember 1877 von neuem den Krieg und erlangte auf dem Berliner Kongreß eine beträchtliche Gebietsvergrößerung, die Souveränität und den Titel Hoheit. Mit Zustimmung der Mächte nahm er 6. März 1882 den Königstitel an. Klug und gewandt, ein vortrefflicher Redner, aber unzuverlässig und wankelmütig, erwarb M. sich keine Anhänglichkeit beim Volke und kein rechtes Vertrauen bei den Mächten, auch bei Österreich nicht, zu dem er sonst hielt, so daß seine Herrschaft einer festen Stütze entbehrte. Als er 1886 den unüberlegten Krieg gegen Bulgarien unternahm, rettete ihn nur Österreichs Einschreiten. Im Innern mußte er sich schließlich auf die Radikalen stützen, deren Erhebung er 1883 streng unterdrückt hatte. Regierungsmüde, dankte er 6. März 1889 ab, nachdem er eine neue Verfassung mit der Skupschtina vereinbart hatte, und setzte für seinen unmündigen Sohn Alexander eine Regentschaft ein. Er begab sich nach Paris, wo er so verschwenderisch lebte, daß er bald die Hilfe der Regentschaft in Anspruch nehmen mußte, obwohl er die Hälfte der Zivilliste erhielt. Ja um sich aus seinen finanziellen Nöten zu befreien, verzichtete er 30. Sept. 1891 auf alle seine Staatsrechte und die serbische Staatsbürgerschaft gegen die Zahlung von 3 Millionen und versprach, nicht nach Serbien zurückzukehren; 1892 nahm er den Namen eines »Grafen von Takowo« an. Am 24. Okt. 1888 hatte er. sich von seiner Gemahlin scheiden lassen, versöhnte sich aber 7. März 1893 wieder mit ihr (s. Natalie). Als auch sein Sohn Alexander I., seit 13. April 1893 majorenn, mit den Radikalen nicht fertig werden konnte, kehrte M. 1894 nach Serbien zurück, wo er in alle Rechte als Mitglied des Königshauses wieder eingesetzt wurde, aber beim Volke kein Vertrauen genoß und sich durch seine Ränke bald wieder unmöglich machte. Er kehrte 1895 nach Paris zurück. Im Januar 1898 durch seinen Sohn Alexander zum Oberbefehlshaber des serbischen Heeres ernannt, geriet er mit dem König wegen seiner Verlobung mit Draga, verwitweten Maschin (Juli 1900), in Streit und wurde des Kommandos enthoben. Er ging nach Wien, wo er starb. Auf seinen Wunsch wurde er nicht in der Heimat, sondern 16. Febr. 1901 in dem syrmischen Kloster Kruschedol beigesetzt. In der Nähe der Gruft stiftete ihm Kaiser Franz Joseph[796] ein von Herm. Bollé entworfenes Grabmal in byzantinischem Stil.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 796-797.
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