Rotes Meer

[177] Rotes Meer (Arabischer Meerbusen, bei den Alten Sinus Arabicus [vgl. Erythräisches Meer], bei den Arabern Bachrel Hidschaz), schneidet in nordnordwestlicher Richtung zwischen Asien und Afrika ein und trennt Arabien von Ägypten, so daß diese Länder nur noch durch die 115 km breite (seit 1869 durchstochene) Landenge von Suez miteinander zusammenhängen (s. Karte »Ägypten«). Die Länge des Roten Meeres, dessen Name noch nicht genügend erklärt ist (die Wasserfarbe ist vorwiegend blaugrün), beträgt von der Meerenge Bab el Mandeb bis Suez 2240 km, seine größte Breite (unter 16° nördl. Br.) 350 km. Es nimmt nur periodische Regenbäche, aber, außer dem Barca (Baraka, s. d.), keinen Fluß auf. Im N. endigt es in zwei Meerbusen, indem die Sinaihalbinsel von N. hereinragt. Der östliche, im Altertum von der daran gelegenen Stadt Älana (Aïla) Sinus Aelaniticus genannt, heißt jetzt Golf von Akaba; der westliche, früher Sinus Heroopoliticus, jetzt Golf von Suez genannt, bildet die nördlichste Spitze des Roten Meeres. Die Bibel versteht unter dem Namen R. M. allein diesen westlichen Arm, den wir im Alten Testament als Schilfmeer bezeichnet finden. Die Küsten sind fast durchaus öde, sandig oder felsig und wenig bewohnt, dahinter erheben sich Berge bis zu 3000 m Höhe. Das Rote Meer hat nur mäßige Ebbe und Flut, im Durchschnitt beträgt der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser 0,6 m, dicht am Land allerdings auch über 1 m. Das Rote Meer bildet eine tiefe trog- oder grabenartige Einsenkung in der afrikanisch-arabischen Landmasse, hat eine mittlere Tiefe von 461 m, die größte bis jetzt gemessene Tiefe (auf 22°7´ nördl. Br.) beträgt 2190 m. Der Golf von Akaba ist die nördliche Fortsetzung des Roten Meeres, da er vergleichsweise sehr tief ist (bis über 1000 m); der Golf von Suez ist dagegen sehr seicht, er erreicht noch knapp 80 m Tiefe im Höchstbetrage. Die Oberflächentemperaturen des Roten Meeres steigen im mittlern Teil bis 34,5°, die Bodentemperatur beträgt 21,5° und entspricht somit der mittlern Wintertemperatur. Auch der Salzgehalt des Roten Meeres ist ungewöhnlich groß, nämlich etwa 3,9–4,1 Proz., und mithin beträchtlicher als der der offenen Ozeane. Das Klima des Roten Meeres gehört zu den heißesten und regenärmsten der Erde; in physikalischer Beziehung ist dem Roten Meere der Persische Golf ähnlich. Die Seiten des Roten Meeres sind oft bis zu bedeutender Entfernung vom Ufer hin durch Korallen verbaut, wodurch die Schiffahrt erheblichen Gefahren ausgesetzt ist, die durch die herrschenden Winde (im nördlichen Teil Nord-, im südlichen im Winter Südost-, im Sommer Nordwestwind) und den Mangel an sichern Häfen noch vermehrt werden. Größere Segelschiffe wählen deshalb gewöhnlich den Weg um Afrika herum; die Dampfer halten sich in der korallenlosen, tiefen Mitte, die kleinern arabischen Schiffe dagegen innerhalb der Kette der Küstenriffe, wo sie jederzeit hinter den Korallenriffen sich bergen können. Auch fahren letztere nur bei Tage und bei ruhiger See, so daß Schiffbrüche selten vorkommen. Trotz dieser Schwierigkeit herrschte auf dem Roten Meer, als dem Hauptseewege des Handels von Indien nach Ägypten und dem Mittelländischen Meer, im Altertum wie im Mittelalter lebhafter Handelsverkehr. Schon unter Salomo wurde aus den Häfen Eziongeber und Elath am Golf von Akaba von den Phönikern und Israeliten Handel nach Ophir getrieben. Unter den Ptolemäern und Römern nahm die Schiffahrt von Berenike und Myos Hormos an der Westküste nach Indien hohen Aufschwung. Im Mittelalter wurde von Venedig, Genua, Pisa, Marseille und andern Seestädten des Mittelmeeres aus lebhafter Durchfuhrhandel auf diesem Meere getrieben. Nach der Auffindung des Seewegs nach Ostindien und der bald darauf in Ägypten begründeten türkischen Herrschaft geriet der Handel auf dem Roten Meer in Verfall. Erst als der indobritische Durchfuhr- und Postverkehr zwischen Suez und Bombay auf diese alte Meeresstraße geführt wurde, besonders aber nach Eröffnung des Suezkanals, trat das Rote Meer wieder in die Reihe der besuchtesten Seewege ein. Jetzt durchfahren das Rote Meer, abgesehen von Kriegsschiffen, die großen Dampfer des Norddeutschen Lloyd, der Hamburg-Amerika-Linie, der Deutschen Ostafrika-Linie, der Hansa-Linie, der Deutsch-Australischen Dampfschiffsgesellschaft, des Österreichisch-Ungarischen Lloyd, der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company und viele andre (vgl. die Weltverkehrskarte bei Artikel »Dampfschiffahrt«, Bd. 4). Die wichtigsten Häfen sind: Janbu el Bahr, Dschidda, Kunfuda, Loheia und Mocha in Arabien, Suez, Kosēr, Bēnder Sudân, Suakin, Massaua und Assab auf der Westküste. Vgl. »Segelhandbuch für das Rote Meer und den Golf von Aden« (hrsg. vom Reichsmarineamt, Berl. 1906). Politisch gehört die Ostküste der Türkei, die Westküste bis Râs Kasar hinab Ägypten, von da bis an die Straße Bab el Mandeb Italien, von da an Frankreich. Großbritannien hat die Insel Perim in der Straße Bab el Mandeb und die Insel Kamaran bei Loheia besetzt. Vgl. Klunzinger, Bilder aus Oberägypten, der Wüste und dem Roten Meer (2. Aufl., Stuttg. 1877); Lieblein, Handel und Schiffahrt auf dem Roten Meer in alten Zeiten (Leipz. 1886); W. Weber, Der Arabische Meerbusen, 1. Teil (Marb. 1888); »Meteorological charts of the Read Sea« (»Meteorological [177] Office«, Lond. 1895); »Expedition S. M. S. Pola in das Rote Meer« (Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Bd. 65 u. 69, Wien 1898 u. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 177-178.
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