Stralsund

[91] Stralsund, Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks in der preuß. Provinz Pommern und Stadtkreis, bis 1873 auch Festung, am Strelasund, der Rügen vom Festland scheidet, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Berlin-S., Angermünde-S., Rostock-S. u. a., hat 3 Land- und 4 Wassertore, 5 evang. Kirchen (darunter die Nikolaikirche von 1311, die Marienkirche, 1416 bis 1478 erbaut, und die Jakobikirche mit wertvollen Gemälden von Tischbein), eine Kapelle der apostol. Gemeinde, eine kath. Kirche, Synagoge, ein interessantes Rathaus von 1306 mit Museum, ein Denkmal des Bürgermeisters Steinwich und (1605) mit der Garnison (2 Bataillone Infanterie Nr. 42) 31,809 Einw., davon 1186 Katholiken und 106 Juden.

Wappen von Stralsund.
Wappen von Stralsund.

An industriellen Anlagen hat S. eine Zuckerfabrik, die Vereinigten Stralsunder Spielkartenfabriken (jährliche Produktion 2,5 Mill. Spiele Karten), Eisengießerei und Maschinenbau, Zucker-, Lack-, Firnis-, Zigarren-, Leinenwaren-, Glacéhandschuh-, Fischkonserven-, Seifen-, Stärke-, Kumt-, Möbel- und Tonwarenfabriken, Fischerei, Bierbrauerei und eine Dampfkunstmühle mit Getreidebrennerei. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, 7 Konsulate fremder Länder und eine Reichsbankstelle (Umsatz 1906: 444,4 Mill. Mk.), wie durch die lebhafte Schiffahrt, befaßt sich vorzugsweise mit Fischen, Steinkohlen, Getreide und Hülsenfrüchten, Kolonialwaren, Wolle, Öl etc. Die Reederei zählte 1904: 68 Schiffe zu 2465 Reg.-Ton.;[91] in den Hafen liefen im Jahre 1905 ein: 530 beladene Seeschiffe zu 39,116 Reg.-Ton.; es liefen aus 412 beladene Seeschiffe zu 36,190 Reg.-Ton. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine elektrische Straßenbahn. S. hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Prüfungskommission für Steuermänner und Schiffer, eine Navigationsschule, eine Taubstummenanstalt, eine Handels- und Industrieschule, Waisenhaus, Rettungshaus, ein Theater, eine Siechenanstalt, eine Lotsenstation, ein Seebad etc. und ist Sitz einer königlichen Regierung, eines Amtsgerichts, einer Forstinspektion, eines Stadtkonsistoriums, eines geistlichen Ministeriums, eines Hauptzollamtes und eines Seemannsamtes. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 48 Stadtverordnete. – S. wurde 1234 von Wizlaw I., Fürsten von Rügen, als deutsche Stadt gegründet und ward bald eins der bedeutendsten Mitglieder der Hansa.

Lageplan von Stralsund.
Lageplan von Stralsund.

Obwohl den Herzogen von Pommern untertan, behauptete die Stadt eine fast reichsfreie Stellung. 1429 belagerten es die Dänen, erlitten aber auf der kleinen vor der Stadt gelegenen Insel Strela eine Niederlage, von der diese den Namen Dänholm erhielt. 1628 schloß S. ein Bündnis mit Gustav Adolf von Schweden und wurde von Wallenstein vom 23. Mai bis 4. Aug. belagert. der mit einem Verlust von 12,000 Mann unverrichteter Sache abzog. Im Westfälischen Frieden 1648 an Schweden abgetreten, mußte sich S. 15. Okt. 1678 nach heftigem Bombardement dem Großen Kurfürsten ergeben, kam aber 1679 an Schweden zurück. Im Nordischen Kriege 1715 von den vereinigten Preußen, Sachsen und Dänen belagert und 23. Dez. von den kapitulierenden Schweden geräumt, kam es 1720 doch an letztere zurück. Im Juli 1807 nahmen die Franzosen S. durch Kapitulation und schleiften die Festungswerke. Am 31. Mai 1809 wurde die von Schills Freischar besetzte Stadt von Dänen, Holländern und Oldenburgern erstürmt, wobei Schill fiel. Durch den Kieler Frieden vom 14. Jan. 1814 kam S. nebst ganz Schwedisch-Pommern an Dänemark und von diesem durch Vertrag vom 4. Juni 1815 an Preußen. Vgl. Mohnike und Zober, Stralsundische Chroniken (Strals. 1833–34, 2 Bde.); Kruse, Geschichte der Stralsunder Stadtverfassung (bis 1595, das. 1848); Fock, Wallenstein und der Große Kurfürst vor S. (Bd. 6 der »Rügenschpommerschen Geschichten«, Leipz. 1872); Francke, Aus Stralsunds Franzosenzeit (Stral s. 1870); Baier, Stralsundische Geschichten (das. 1902); E. v. Haselberg, Baudenkmäler des Regierungsbezirks S. (Stett. 1881–1902, Heft 1–5). – Der Regierungsbezirk S. (s. Karte »Pommern«) umfaßt 4010 qkm (72,83 QM.) mit (1905) 220,449 Einw., darunter 211,543 Evangelische, 8366 Katholiken und 267 Juden (55 auf 1 qkm), und besteht aus den fünf Kreisen:

Tabelle

Über die beiden Reichstagswahlkreise des Regierungsbezirks S. s. Karte »Reichstagswahlen«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 91-92.
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