Troppau [2]

[750] Troppau (tschech. Opava), Stadt mit eignem Statut, Hauptstadt von Österreichisch-Schlesien, liegt 258 m ü. M. an der Oppa, die unterhalb der Stadt die Mohra aufnimmt, nahe der preußischen Grenze, an den Staatsbahnlinien Schönbrunn-T., Olmütz-Jägerndorf-T., T.-Bennisch und T.-Grätz und der preußischen Staatsbahnlinie T.-Ratibor, hat 4 Vorstädte, mehrere schöne Plätze, 6 Kirchen, darunter die gotische Hauptpfarrkirche, die Jesuitenkirche und eine evangelische Kirche, eine Synagoge, das Rathaus mit 72 m hohem Turm, das Landhaus, das Landesregierungsgebäude, das Stadttheater, schöne Anlagen (an Stelle der alten Wälle), Denkmäler Josephs II., Schillers und des Liederkomponisten Engelsberg, elektrische Straßenbahn und (1900) mit dem Militär (2154 Mann) 26,748 meist deutsche Einwohner (darunter 2604 Tschechen, 598 Polen).

Wappen von Troppau.
Wappen von Troppau.

Die Industrie ist durch eine Zuckerraffinerie, Fabrikation von Tuch, Wirk- und Jutewaren, Hüten, Maschinen, Blechund[750] Drahtwaren, Stärke, Zuckerwaren und Schokolade, Spiritus und Likör, Papier und Papierwaren, Rahmen, pharmazeutischen Produkten, Bierbrauerei, Ringofenziegeleien, Sägewerke, ein Elektrizitätswerk, eine Gasanstalt etc. vertreten. Lebhaft ist auch der Handel. T. ist Sitz der Landesregierung und Landesvertretung, des Landesgerichts, einer Bezirkshauptmannschaft (für die Umgebung), einer Finanzdirektion, einer Handels- und Gewerbekammer und hat ein deutsches und ein tschechisches Obergymnasium, eine Oberrealschule, eine Lehrer- und eine Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Handelsschule, ein Franz Josephs-Museum für Kunst und Gewerbe, ein städtisches historisches Museum, eine Bibliothek (35,500 Bände), eine Landeskranken- und Irrenanstalt, eine Bodenkreditanstalt, Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank und der Österreichischen Kreditanstalt für Handel und Gewerbe und eine Sparkasse. Nördlich grenzt an T. der Vorort Katharein, mit alter Pfarrkirche, Rübenzuckerfabrik und (1900) 7046 deutschen und tschech. Einwohnern. Südlich liegt der Marktflecken Grätz mit Schloß und Park des Fürsten Lichnowski, Pfarrkirche mit dem Denkmal des 1848 bei Frankfurt ermordeten Fürsten Lichnowski (s. d. 2), Papierfabrik, Sägewerk und 288 deutschen und tschech. Einwohnern. T. entwickelte sich als deutsche Ansiedelung in der Nähe der Burg Grätz (Gradec), wird urkundlich zuerst 1185 genannt, 1224 erscheint es bereits als Stadt mit deutschem Recht. Seit der Teilung von 1377 stand T. gegen Grätz einige Zeit zurück, schwang sich aber schon im Beginn des 15. Jahrh. zur Hauptstadt auf. Von 1511–1614 war es königliche, nach dem Übergang des Herzogtums als Lehen der Fürsten von Liechtenstein fürstliche Stadt. Hier ward 20. Okt. bis 30. Dez. 1820 ein durch die neapolitanische Revolution veranlaßter Fürstenkongreß abgehalten, auf dem sich Österreich, Preußen und Rußland zur Aufrechterhaltung des Zustandes von 1815 verpflichteten. Die weitere Ordnung der neapolitanischen Frage wurde dem Kongreß von Laibach (s. d.) überlassen. 1849 wurde T. zur Hauptstadt des Kronlandes Österreichisch-Schlesien erhoben. Vgl. Ens, Geschichte der Stadt T. (Wien 1835); Biermann, Verfassungsgeschichte der Stadt T. bis 1614 (Teschen 1872).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 750-751.
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