Zentralgenossenschaftskasse

[894] Zentralgenossenschaftskasse, preußische, mit dem Sitz in Berlin, eine zur Förderung des genossenschaftlichen Personalkredits 31. Juli 1895 gegründete und 1. Okt. d. J. eröffnete staatliche Anstalt. Sie ist eine juristische Person, bildet einen eignen Fiskus und steht nur unter Aussicht des Finanzministers, der auch die Geschäftsanweisungen erläßt. Die Leitung und Verwaltung führt ein kollegialisch eingerichtetes Direktorium, dem ein Beirat von im Genossenschaftsleben stehenden Personen beigegeben ist. Die Beamten haben Rechte und Pflichten der unmittelbaren Staatsbeamten. Der Etat der Z. ist dem Landtag jährlich vorzulegen. Hauptzweck der Z. ist die Gewährung von Darlehen an Vereinigungen und Verbandskassen von eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie an bestimmte landschaftliche (ritterschaftliche) Darlehnskassen und die gleichnamigen Provinzialinstitute. Des weitern soll die Z. den Geldausgleich der Genossenschaften übernehmen, Kapitalmangel der einen Stelle durch Zuführung von an andrer Stelle verfügbaren Beständen ausgleichen und zeitweilig vorhandene Überschüsse nutzbringend unterbringen. Sie darf also zur Erreichung ihres Hauptzweckes Gelder im Depositen- und Scheckverkehr und Spareinlagen annehmen, Kassenbestände im Wechsel-, Lombard- und Effektengeschäft nutzbar machen, Wechselgeschäfte treiben, Darlehen aufnehmen und Effekten kaufen und verkaufen. Der Staat stellte ihr ursprünglich ein Betriebskapital von 5 Mill. Mk. zur Verfügung, das aber durch Gesetz vom 8. Juni 1896 auf 20 Mill. Mk., durch Gesetz vom 20. April 1898 auf 50 Mill. Mk. erhöht wurde. Die erwähnten Vereinigungen und Verbände können sich durch Einlagen beteiligen. Der Reingewinn der Z. soll nach der Novelle von 1896 zunächst alljährlich zu einem Fünftel zur Bildung eines Reservefonds, der Rest zur Verzinsung der Einlagen bis zu 3 Proz. dienen, darüber hinaus aber wieder dem Reservefonds zugeführt werden. Der Kreditverkehr mit den Verbandskassen und den Zentral- und Hauptgenossenschaften (s. Zentralgenossenschaft) ist von Jahr zu Jahr in überraschender Weise gewachsen. Er gestaltete sich auch unter Fortlassung der Kredite auf Grund von besonderer Sicherheit, Lombard etc., wie folgt:

Tabelle

Der gesamte Geldumsatz betrug 1901: 5862, 1902: 8180, 1903: 8675, 1904: 9835, 1905: 12,278 Mk., der Geschäftsgewinn in denselben Jahren 4,78,4,83,4,71. 4,39 und 3,80 Proz. des Grundkapitals. Die Geschäftstätigkeit der Z. hat also in kurzer Zeit einen beträchtlichen Umfang erreicht. Bemerkt zu werden verdient, daß die Z. auch um die Organisation des Genossenschaftswesens überhaupt und insbes. um die Reform der Verbandskassen sich bemüht hat. Präsident der Z. war bis 1900 Freiherr v. Huene und ist zurzeit Karl Heiligenstadt; auch ist mit ihr eine besondere Statistische Abteilung verbunden, deren Leiter A. Petersilie ist. Vgl. die »Geschäftsberichte der preußischen Z.«; Heiligenstadt, Die preußische Z. (Jena 1897); H. Böttger in Schmollers »Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft«, Bd. 20 (Leipz. 1896); A. Petersilie im »Wörterbuch der Volkswirtschaft« (2. Aufl., Jena 1907); »Die preußische Z. 1895–1905« (Festschrift, Berl. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 894.
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