Abt

[58] Abt (v. gr. Abbas, fr. Abbé, ital. Abbate), 1) früher jeder alte, fromme Mönch; 2) seit dem 5. Jahrh. Vorsteher eines Klosters; 3) jetzt in der kathol. Kirche der Vorsteher einer Abtei, dem die Aufsicht über ein Kloster, über Ordensregeln, Klostergüter, die Abnahme der Gelübde, zuweilen auch die Ertheilung der Tonsur, der Klosterpfründen u. die Bestrafung mancher Verbrecher etc. zusteht. Er folgt im Range nach dem Bischof, hat Stimmrecht auf den Synoden u. wird entweder von den Gliedern der Abtei od., vermöge Patronatsrechts, vom Landesherrn[58] gewählt u. von dem Bischof od., in eximirten Klostern, von dem Papst selbst bestätigt. Bei der Weihe des A-s (Benedictio) werden ihm, nach Verordnung des Papstes Clemens VIII., Regel, Stab, Ring, Mütze u. Handschuhe überreicht. Doch hießen nicht bei allen Orden die Klostervorsteher Ä-e, sondern bei einigen Majores (bei den Camalduleusern) od. Priores (z.B. bei den Karthäusern) od. Guardiane (bei den Franziskanern). Manche Klöster hatten nur Coabbates od. Proabbates, so die Benedictiner nach der Reform, indem sie unter dem A. von Clugny standen. Seit Karl d. Gr. erhielten auch Weltliche, Offiziere etc. Abteien zu Lehn (Laienäbte, Abtgrafen, Abbates comites), welche oft selbst an der Spitze ihres Kriegscontingentes zu Feld zogen u. die Klöster durch regulirte Unteräbte od. Prioren verwalten ließen. Die die Klosterpfründen genießenden Weltgeistlichen, ohne die Ordensregel zu beobachten, heißen Säcularäbte, ihre Stellvertreter in den Klöstern Regularäbte. So haben die Commendaturäbte (Abbés commendataires), sonst bes. in Frankreich, ohne einem geistlichen Orden zugethan zu sein, blos die Tonsur, genießen aber alle Rechte u. Einkünfte der Ä-e. In Deutschland gab es bis zur Säcularisation 1803 10 gefürstete Ä-e mit Sitz u. Stimme im Fürstenrathe auf den Reichstagen, z.B. in Fulda, Kempten, St. Emmeran in Augsburg. Andre Arten von Ä-en: Abbas exemptus, der nicht unter einem Bischof steht; Abbas infulatus (A. mitratus), der die Insul hat, auch bischöfl. Titel führt; bischöfl. Gewalt mit eigner Diöces haben nur wenige infulirte Ä-e, z.B. der zu Fulda u. Corvey; Cardinaläbte, welche die Aufsicht über alle andern A-e hatten; Erz-A. in Ungarn der A. von St. Martini, u. Abbas abbatum der A. von Clugny u. von Monte Casino. In griech. Klöstern heißen die Vorsteher Higumenen od. Mandriten, der Obervorsteher Archimandrit; in Nonnenklöstern heißt die Vorsteherin Äbtissin (s.d.). Auch einige protestant. Klosterschulen behielten noch Ä-e, wie sonst Bergen bei Magdeburg, Riddagshausen bei Wolfenbüttel, Marienthal bet Helmstädt u. a. 4) Im Mittelalter Vorsteher weltlicher Genossenschaften, so bei den Genuesern Abbatedelpopolo (A. des Volks), eine vornehme obrigkeitliche Person; zu Mailand der Vorsteher der Kaufmanns- u. Handwerksinnungen, in Frankreich der der Barbiere; auch der Vorsteher religiöser u. lustiger Brüderschaften hieß A., so Abbas cornadorum, fatuorum, Narrenabt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 58-59.
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