Assyrien [3]

[846] Assyrien (Gesch.). Die Assyrii gehörten zu dem syrischen Volksstamme u. wurden auch als Leukosyri unterschieden; sie werden in dem A. T. als ein reiches, mächtiges, stolzes, übermüthiges Volk geschildert, dessen Sitten denen der Perser ähnlich waren, das aber in Cultur den benachbarten Babyloniern nachstand. Ihre Geschichte reicht bis in die frühste Sagenzeit hinaus. Assur, Sems Sohn (nach Ein. 2640 v. Chr.), soll die Altassyrische Monarchie gegründet haben. Nach And. hieß das Land Assur, u. der Gründer dieses Reichs war Nimrod (s.d.) ein gewaltiger Jäger. 4 bis 500 Jahre nach ihm regierte Ninos. Dieser verband sich mit Ariäos, König der Araber, unterjochte die Babylonier, Armenier u. Meder u. hatte binnen[846] 17 Jahren alles Land zwischen dem Nil, Oxos, Indos u. Tanais erobert, wodurch er Stifter der großen Assyrischen Monarchie ward. Er baute Ninive (s.d.), unternahm einen Zug nach Baktrien, besiegte dessen König Oxyartes u. eroberte Baktra. Doch bald nachher starb Ninos, u. an der Stelle seines minderjährigen Sohnes Ninyas regierte seine Gemahlin Semiramis (s.d.), die sich als Mann kleidete. Sie baute die Medische Mauer, legte Babylon u. andere Städte am Euphrat u. Tigris an, verschönerte Ekbatana u. eroberte Lydien u. Indien großentheils; in einem Feldzuge gegen die Indier wurde sie verwundet u. genöthigt, sich zurückzuziehen. Nachdem Ninyas mündig geworden war, verschwand sie u. Ninyas setzte sich selbst auf den Thron. Er war weichlich u. unthätig u. führte ein orientalisches Haremleben; alle Jahre wechselte er die zahlreiche Leibwache, um Meuterei zu verhüten. So hielten es auch seine Nachfolger, unter ihnen: Analios (Aralios), Armamerles in der letzten Hälfte des 20. Jahrh., Baleus I. in der 1. Hälfte des 19. Jahrh., der sich durch Eroberungen in Indien auszeichnete, Baleus II. in der Mitte des 18. Jahrh., Teutäos u. A. Im 9. Jahrh. v. Chr. zerfiel das Assyrische Reich in 2 Theile, Babylonien u. A. Dieß geschah unter dem weichlichen Sardanapal (Konkoleros), Sohn des Anakintarates (Anabassar). Nämlich Arbakes, Statthalter Sardanapals in Medien, machte mit Belesys, einem Priester in Babylon, eine Verschwörung gegen den König; sie belagerten Ninive, wurden jedoch zurückgedrängt u. dreimal geschlagen. Aber durch eine baktrische Armee verstärkt besiegten sie den Feldherrn Sardanapals, Salämenes; Sardanapal selbst zog sich nach Ninive zurück. 3 Jahre wurde die Belagerung ausgehalten, da aber der ausgetretene Tigris die Mauern zerstörte, verbrannte sich Sardanapal mit seinen Weibern u. Schätzen auf einem Scheiterhaufen. Seine Kinder u. einen Theil seiner Schätze hatte er vorher zu Kottas, Statthalter von Paphlagonien, gesendet. Mit ihm endigte (825, nach And. 805 od. 888) die Assyrische Monarchie. Während Belesys die Statthalterschaft über Babylonien erhielt, regierte Arbakes selbst noch 28 Jahre in Ninive u. gründete das Neuassyrische Reich. Dieses erwarb bald wieder die Hoheit über die babylonischen Könige; König Phul machte um 769 v. Chr. einen Einfall in Judäa, wo damals Menahem regierte; Einige glauben, er sei der König, unter welchem Jonas nach Ninive kam. Sein Nachfolger war nach Nachrichten der Bibel Tiglat Pilesar (Tilgath Pilneser, Thilgamus). Diesen rief Ahas, König von Juda, gegen die Könige Pekah von Israel u. Rezin von Syrien zu Hülfe; Tiglat Pilesar kam, eroberte Syrien, Galiläa u. das Land im O. des Jordan u. verpflanzte die Galiläer nach A. Darauf aber zog er auch gen Juda u. entriß den Judäern ihren ganzen Handel nach Osten, indem er Elath u. Edom besetzte. Nach ihm regierte Salmanassar; er fiel 731–722 v. Chr. ins Reich Israel ein, machte sich dasselbe zinsbar u. führte den König Hosea mit seinen Unterthanen nach Medien. Nachher zog er den Gaditern gegen Tyros zu Hülfe; es fielen an ihn auch mehrere den Tyrern zinsbare Seestädte in Phönicien ab, aber in einer Schlacht von den Tyrern geschlagen, kehrte er nach Hause zurück. Salmanassar starb um 714, sein Sohn u. Nachfolger war Sanberib. Unter Hiskia hatten die Juden das Joch der Assyrer abgeworfen, Sanherib zog gegen sie u. eroberte fast alle judäische Städte, aber Jerusalem konnte er nicht nehmen; dann machte er einen Feldzug gegen Ägypten. Während seiner Abwesenheit hatten sich mehrere Oberasiaten, namentlich Meder unter Dejokes, empört; als er sich gegen sie rüstete, erwürgten ihn 2 seiner Söhne, Adrammelech u. Scharezer, zu Ninive im Tempel; sein 3. Sohn, Assarhaddon, folgte ihm u. hob das gesunkene Reich wieder etwas; er vereinigte 680 v. Chr. wieder Babylonien mit A., verpflanzte neue Colonien in die von Salmanasser eroberten palästinensischen Gegenden, versetzte dagegen den Rest der noch in Palästina wohnenden 10 Stämme Israels an den Euphrat, führte den jüdischen König Manasse gefangen nach Babylon, setzte ihn aber nach 2 Jahren wieder ein u. herrschte 35–40 Jahre. Saosduchin od. Nabuchodonosor, sein Nachfolger, 668 (678) bis 648 v. Chr., besiegte 656 den Mederkönig Phraortes (Arphachsad) u. eroberte Ekbatana. Darnach sandte er seinen Feldherrn, Holofernes gegen Jerusalem, welcher dort, selbst getödtet wurde u. dessen Heer eine große Niederlage erlitt. Dies war der Grund zu dem Falle A-s; gegen das Ende seiner Regierung empörten sich die Meder u. Babylonier. Sein Nachfolger war Sarak od. Chynaladan, die Empörung der Meder wurde unter ihm gefährlicher, doch gelang es dem Kyaxares, wegen eines gleichzeitigen Feldzugs gegen die Skythen, nicht, dem Sarak Medien ganz zu entreißen. Zuletzt aber verbanden sich sein Feldherr u. Statthal. er von Babylonien, Nabopolassar, u. Astyages, Sohn des Kyaxares, gegen ihn, belagerten u. eroberten Ninive u. entsetzten den Sarak des Reichs. der sich auf einem Scheiterhaufen selbst verbrannte, um 606 v. Chr. Mit ihm endigte das Babylonisch-assyrische Reich, A. kam an Medien u. Babylonien an die Chaldäer. Vgl. Vaux, Ninive (deutsch von Zenker, Lpz.); Rawlinson, Outlines of Assyrian History, im Jahresbericht der Londoner Asiatischen Gesellschaft, 1852; v. Gumpach, Abriß der Babylonisch-assyrischen Geschichte, Mannh. 1854.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 846-847.
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