Churschid Pascha

[131] Churschid Pascha, 1) türkischer Pascha; war 1821 Seraskier der Armee gegen Ali Pascha von Janina, belagerte denselben 1821 u. 22. zu Janina, eroberte diese Festung im Februar durch Verrath u. ließ Ali Pascha hinrichten. Er unternahm hierauf Züge durch die Thermopylen u. gegen Morea, die jedoch, nachdem er schon mehrmals geschlagen worden war, völlig auf der Landenge von Korinth mißlangen; er st. in der Gegend von Larissa im Nov. 1822; 2) Graf Richard Guyon, geb. 1815 in England, trat 1830 in die österreichische Armee ein, nahm jedoch nach wenigen Jahren den Abschied u. kaufte sich in Ungarn an. Er bewirthschaftete sein Gut selbst u. gehörte zu denen, welche die nationalökonomischen Pläne Pulsky's u. die politischen Zwecke Kossuth's zu fördern bemüht waren. Als 1848 die Ungarn zu den Waffen griffen, erhielt Graf Guyon als ehemaliger Offizier den Befehl über ein Honvedbataillon, an dessen Spitze er zunächst an dem Zuge zum Entsatze von Wien theilnahm u. sich in dem Treffen bei Schwechat auszeichnete; dann mit dem Commando einer größeren Abtheilung betraut, focht er mit Erfolg an der Tarcza gegen den Grafen Schlick u. vertheidigte am 18. Dec. 1848 Tyrnau gegen den General Simunich. Während des Vorgehens der Ungarn von Debreczyn gegen Pesth wurde er zum Commandanten der von den Österreichern eng eingeschlossenen Festung Komorn ernannt, gelangte nach einer Reihe der abenteuerlichsten Vorfälle endlich durch die Belagerer hindurch in das Innere der Festung u. hielt dieselbe bis zum Entsatze durch die magyarische Armee. Bei dem zweiten Einrücken der Österreicher in Ungarn unter Haynau wurde er von Görgey mit der Bildung einer Reserve beauftragt u. so von der activen Armee entfernt. Erst bei den letzten Kämpfen der Revolution erschien er wieder auf dem Kampfplatze. Nach der Waffenstreckung bei Vilagos 1849 ging er auf türkisches Gebiet über u. trat unter dem Namen Churschid Pascha intürkische Dienste. Er wurde nach Asien gesendet u. führte in Damaskus den Oberbefehl; hier unterdrückte er 1850 einen Aufstand im Keime u. dämpfte den Aufruhr in Aleppo. Bei Ausbruch des orientalischen Krieges gegen Rußland wurde er zur Armee nach Anatolien gesendet, doch vermochte er daselbst als Generalstabschef so wenig an der ungünstigen Lage der türkischen Truppen zu ändern, daß er von der Regierung abberufen wurde; er begab sich nach Constantinopel, wo er im Oct. 1856 starb, nachdem er schon früher wieder zum Christenthum zurückgetreten war. Seine beiden Söhne dienen in der französischen Armee.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 131.
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