Gotthard, St.

[510] St. Gotthard, 1) Gebirgsstock in der Kette der Lepontischen Alpen in der Schweiz, zwischen den Cantonen Uri, Tessin, Bünden u. Wallis, u. zugleich einer der wichtigsten Pässe des ganzen Alpengebirgs. Er steht etwa in der Mitte der Lepontischen Alpen, welche vom Monte Rosa her in der Richtung von NNO. kommen, von hier an aber in östlicher Richtung sich bis zum Splügenpaß erstrecken; auf seiner Westseite entwickelt sich durch den Furca, Galenstock u. das Sustenhorn ein Verbindungsglied zum Titlis in Unterwalden u. zu den Berner Alpen, ebenso am östlichen Ende durch den Sixmadun, Crispalt u.a. eine andere Verbindung mit der Tödikette u. den nordöstlichen Zweigen der Schweizer Alpen zwischen Rhein u. Reuß. Der eigentliche Gebirgsstock wird in einem Umfange von 9 Stunden im N. vom Urseren-Thale, im W. durch die Thalschlucht von Weiten-Wassern, im S. vom Val Bedretto u. dem Canarien-Thale, im O. vom Unter-Alpthale begrenzt. In diesem Umfange befinden sich die Bergspitzen: a) westlich vom Hospiz: Punto di Luzendro (Weiten-Wasserhorn) 9730 Fuß, Fieudo 9490 Fuß, Fibbia 8441 Fuß, Pico Orsino (Urseren-Spitz) 8200 Fuß; b) östlich vom Hospiz: Guspis 8705 Fuß, Prosa 9241 Fuß, Tritthorn 8760 Fuß, Stella 8330 Fuß, Schipsius 8240 Fuß über dem Meere. Die bedeutendsten Gletscher sind der Weiten-Wasser-, Luzendro-, Gams-, St. Anna-, Gorschengletscher, u. die größten Thäler das Urseren-, Weiten-Wasser-, Gotthards- (Rodunt-), Unteralp-, Sella-, Guspis-, Tremola-, Bedretto- u. Canariathal. Am leichtesten zu besteigen sind der Fieudo u. Prosa. Im Umfange des G. liegen im Ganzen 17 Alpenthäler, 8 bedeutende Gletscher, gegen 30 Seen, wie der Luzendro, der Sella, u. die Wasserscheide der Flußgebiete des Rheins, Po u. der Rhone, da hier diese, dann der Vorderrhein, die Reuß u. der Tessin entspringen. Eine Straße über den Gotthardspaß soll schon im Jahre 1319 benutzt worden sein; bis in dieses Jahrhundert war sie zwar auch fahrbar, aber überaus mühsam u. oft unwegsam. Erst als durch den Bau der Straßen über den Splügen u. Bernhardin der Waarenzug über den G. ernstlich bedroht wurde, entschloß man sich zur Anlegung einer neuen Kunststraße, welche 1820 begonnen u. 1832 vollendet wurde; sie führt von Amsteg in Uri in 111/2–12 Stunden über das Gebirge nach Airolo in Tessin u. beginnt eigentlich an der Brücke über die Reuß bei Amsteg; ihre großartigsten Stellen sind der Pfaffensprung, eine prachtvolle Brücke über einen Schlund, über welchen ein Mönch mit einem entführten Mädchen einen glücklichen Sprung gethan haben soll; dann das Dorf Wattingen mit gesprengter Brücke über die Reuß; die Schöllenen, ein wegen der Lawinen gefürchteter Felsenschlund; die neue Teufelsbrücke, ein kühnes Werk von 95 Fuß Höhe über der Reuß, über der berühmten alten Teufelsbrücke erbaut; das Uruerloch, ein in die Felsen des Kirchbergs gesprengter, 180 Fuß langer, 14 Fuß hoher u. 16 Fuß breiter Tunnel (hier 1799 die Gefechte zwischen Russen u. Österreichern u. Franzosen); die Roduntbrücke in einer durch Schneestürme gefährlichen Gegend; dann auf der Paßhöhe (6443 Fuß über dem Meere) das neue Hospiz, nicht weit vom alten, welches schon im 13. Jahrh. als Herberge vorhanden war, dann von Kapuzinern besorgt wurde u., für viele Reisende eine Wohlthat, bis 1777 bestand, wo es von einer Lawine zertrümmert wurde; das neue wird nicht von Mönchen, sondern nur von einem Spitalmeister bewohnt, welcher aber die Reisenden ebenfalls unentgeldlich verpflegt u. nur Geschenke annimmt. Von hier gelangt man durch das Thal Tremola, welches auch durch Lawinen u. Schneestürme unsicher ist, in drei Stunden nach Airolo. Im Sommer ist die Straße durchaus gefahrlos. – Bei den Alten war der G. ein Theil des Adula, s.d. Hier 16. August 1799 Sieg der Franzosen unter Massena über die Österreicher unter Simbschen, s.u. Französischer Revolutionskrieg F); darauf Snwarows Übergang über den G. Am 16. Nov. 1847 Gefecht zwischen den Sonderbunds- u. eidgenössischen Truppen. 2) (Szent-G.), deutscher Marktflecken an der Raab, gegenüber der Mündung der Lafnitz, im Kreise Eisenberg des Verwaltungsgebietes Ödenburg (Ungarn); Postamt, Sitz der Behörde des gleichnamigen Bezirkes, Cistercienserabtei, 1183 von Bela III. gestiftet; 800 Ew. Hier 1664 Sieg der Österreicher u. Franzosen unter Montecuculi u. Coligny über die Türken unter Achmed Kiuperli.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 510.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: