Gröningen [1]

[662] Gröningen, 1) (Gröningerland), Provinz der Niederlande, zwischen der Nordsee, Ostfriesland u. den niederländ. Provinzen Friesland u. Drenthe, 413/5 QM. flaches, durch Dämme geschütztes Land, theils fruchtbar, theils morastig (Bourtanger Moor), theils sandig; bewässert vom Douart, der Ems, Fivel, Westwolder Aa, Hunse u.a. F., mehreren Binnenseen (Schilt-, Zuidlarener-Meer u.a.), u. Kanälen (Winschoter Treckvaert, Damster Diep); 207,318 Ew., meist Reformirte; sie treiben wenig Ackerbau, viel Viehzucht (beste Ochsen), Kartoffelbau; fertigen Strümpfe (sehr gesucht); G. sendet vier Deputirte zu den Generalstaaten; Provinzialstaaten 36 Mitglieder. 2) Hauptstadt darin, mit 17 Bastions befestigte, jedoch sehr verfallene Festung (neuerdings erneuert), am Hunse u. Aa; Friedens- u. Handelsgericht, 18 Brücken (Bootering Hoog), Stadthaus, Universität (gestiftet 1615), mit Bibliothek u. Botanischem Garten, St. Martinskirche, Naturalien- u. Antiquitätensammlung, Juridische u. Chemische Gesellschaft, Taubstummeninstitut, Zeichen- u. Schifffahrtsakademie, Börse, Hafen, Papierfabrik u. 35,670 Einw. (wovon 6000 Katholiken). – 857 kommt G. als Dorf vor; 1166 war es Stadt u. wurde vom Grafen von Holland belagert. Gröningerland gehörte Anfangs zu Friesland u. theilte die Schicksale dieses Landes. Von dem 10. Jahrh. an wurde es durch kaiserliche Vögte, seit dem 11. Jahrh. durch Burggrafen regiert; dazu war G. reichsfrei u. hatte gleich den übrigen Friesen eigne Statuten. Als der Bischof von Utrecht auf die Oberherrschaft über G. Anspruch machte, vertheidigte sich die Stadt G. nebst ihrer Umgebung im 12. u. 13. Jahrh. tapfer u. verbreitete ihre Gewalt über Friesland, während sich die Ommellande dem Bischof unterwarfen. Kaiser Maximilian I. verlieh zwar Herzog Albrecht von Sachsen die Oberherrschaft über G. u. Friesland als Erblehn, allein nur mit Mühe konnte Albrecht diese Provinzen im Zaume halten. 1493 unterwarf sich G. dem Bischof von Utrecht, ergab sich jedoch, als Erzherzog Philipp es 1495 für Herzog Georg von Sachsen erobern wollte, dem Grafen Edgard von Ostfriesland, allein Kaiser Maximilian erklärte G. in die Acht, u. Herzog Georg belagerte es 1514. Um sich zu retten, unterwarf sich die Stadt 1538[662] dem Herzog Karl von Geldern, welcher sie auch später vom Kaiser Karl V. in Lehn erhielt. 1559 errichtete Papst Paul IV. dort einen bischöflichen Sitz; 1568 belagerte es Ludwig von Nassau für die aufgestandenen niederländischen Provinzen vergebens, doch fiel es 1579 in ihre Hände, wurde aber von den Spaniern bald wieder genommen, 1594 vom Grafen Moritz von Nassau erobert u. dauernd mit der niederländischen Republik vereinigt. 1799 wurde es Theil der batavischen Departements Ems u. Over-Yssel, 1810 des französischen Departements Westems u. gehörte seit 1815 zum Königreich der Niederlande. Vgl. Lorgion, Geschiedkundige beschrijving der stad Groningen, 13. Aufl. Grön. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 662-663.
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