Kreideformation

[786] Kreideformation (Quadergebirge), Gebirgsformation der secundären Periode, ist eine neptunische Bildung u. liegt zwischen der Juraformation u. dem Braunkohlengebirge; sie besteht, wie alle geschichteten Gesteine, aus kalkigen, sandigen u. thonigen Lagen. Nach ihrem petrographischen Charakter u. ihrer Lagerung unterscheidet man von oben nach unten zu folgende Abtheilungen der K.: a) Obere Kreide (oberer Quader, Upper Chalk der Engländer), die oberste Region der K., zu ihr gehört der Kreidetuff (Tuffkreide) von Mastricht, ein gelblicher, grauer, bald zerreiblicher, bald sehr fester Kalkstein, ferner die eigentliche Weiße Kreide von schneeweißer, röthlicher u. gelblicher Farbe mit vielen Feuersteinbildungen u. zahlreichen Versteinerungen, welche namentlich auf der Insel Rügen, in England, Dänemark, Holland u. Frankreich sehr verbreitet ist. In den unteren Schichten der oberen Kreide finden sich glaukonitische Mergel, welche bald sandig werden u. dann Grünsand heißen, bald mehr eine kalkige Beschaffenheit annehmen u. in die sogenannte Glaukonische u. Chloridische Kreide übergehen; nach oben hin gehen sie entweder in einen lichtgelben od. gräulichen Mergel (Kreidemergel, Mergelige Kreide) über, wie in Westfalen, Frankreich u. Skandinavien od. in einen Sandstein (Oberer Quadersandstein), u. wo diesem das Bindemittel gefehlt hat, in den Oberen Quadersand. Für die obere weiße Kreide ist das Vorkommen von Feuersteinbildungen sehr bezeichnend. Sie bilden entweder zusammenhängende Schichten u. Platten od. nur knollige Ausscheidungen, od. treten als Versteinerungsmaterial verschiedener Meeresgeschöpfe, bes. der Echiniten, auf u. sind jedenfalls dadurch entstanden, daß Kieselerde in gallertartigem Zustand in das Gestein eingedrungen u. hier erhärtet ist. Ehrenberg schreibt die Bildung des Feuersteins ausschließlich den die Kreide erfüllenden kieseligen u. kalkigen Thierversteinerungen zu. b) Untere Kreide (Plänerkalk, oberer Pläner u. mittlerer Quadermergel), ein gelblich grauer, mergeliger Kalkstein mitunebenem bis erdigem Bruch u. plattenförmiger Absonderung; eignet sich gut als Baustein u. liefert gebrannt einen guten Mörtel. In Deutschland verbreitet er sich von Schlesien durch Sachsen, dem nördlichen Abhang des Harzes, durch Hannover u. Westfalen u. kann dann weiter bis an die holländische Grenze verfolgt werden, wo er zuletzt in die untere weiße Kreide übergeht. c) Unterer Quader (unterer Pläner), eine im Allgemeinen mergelige Bildung, enthält theils Quadersandstein, welcher in seinen unteren Schichten oft glaukonitisch wird u. zuweilen Schichten von grauem Schieferthon einschließt, theils tritt er als Unterer Plänerkalk auf, welcher in den höheren Schichten mergelig wird u. daher Plänermergel, bei größerem Thongehalt Plänerthon genannt wird, nach oben hin aber in den sogenannten Plänersandstein[786] übergeht, zu welchem die feinkörnigen Pirnaer Sandsteine gehören. Dieser Sandstein unterscheidet sich von dem darunterliegenden Quadersandstein durch einen größeren Thongehalt u. ungleichmäßige Beschaffenheit, indem er häufig von ockerigen Flecken durchzogen wird, oft geflammt erscheint u. kalkreiche Knollen einschließt. In England tritt er als Oberer Grünsand (Upper greensand) auf. d) Gault (Galt), ein blaugrauer, mergeliger Thon (Blue mergel), erscheint vorzugsweise in England, in Deutschland scheint ein Theil der sogenannten Flammenmergel dieser Abtheilung zu entsprechen. e) Hils (Neokom), ein durch Glaukenit grünlich gefärbter Sandstein, welcher in England als Unterer Grünsand (Lower greensand) bezeichnet wird, tritt in Deutschland theils als eine thonige Bildung (Hilsthon) mit Eisens, einlagern auf, theils als Conglomerat (Hilsconglomerat), welches zuweilen sehr eisenreich ist, theils endlich als Sandstein (Hilssandstein, Neokomsandstein), welcher von dem normalen Quadersandstein nur durch seine Lagerung u. Versteinerungen unterschieden werden kann. Die K. ist reich an fossilen Überresten vorweltlicher Thiere, namentlich Meeresgeschöpfe. Säugethierknochen findet man in dieser Formation noch nicht, wohl aber hie u. da, doch nur sparsam, Gebeine von Vögeln. Von Fischen sind die Haifischzähne zu erwähnen, von denen namentlich Corax heterodon Agass., Oxyrhina Mantelli Ag. u. Otodus appendiculatus Ag. häufig sind, auch finden sich Koprolithen u. Schuppen von Kreis- u. Kammschuppern. In manchen Schichten sind Überreste von Sauriern häufig; bemerkenswerth ist Mosasaurus, bekannt als das große Thier von Mastrichr, ferner Iguanodon, ein Thier von bedeutender Länge, u. Ichthyosaurus. Sehr entwickelt zeigen sich in der K. die Conchylien u. die Echiniten, Belemniten finden sich in großer Menge. Für die obere Kreide sind bezeichnend die Scheren von Callianassa antiqua Otto, Serpula filiformis Sow., unter den Schnecken findet man namentlich Turriteita nerinea Röm u. Rostel larla vespertilio Goldf; von Muscheln ist bes. die Gattung Phalotomya, Panopaea u. Pecten reich vertreten; bezeichnend für diese Abtheilung ist ferner Inoceramus Lamareki Sow., (Ostrea frons Park. u. O. vesicularis Lam). u. Arten der Gattung Terebratula; von den Seeigeln sind Ananchytes ovatus Lam. u. Galerites vulgaris Lam die gewöhnlichsten. In der unteren Kreide erscheinen außer mehreren Haifischzähnen Überreste von Fischen, namentlich die lerchenzapfenförmigen Koprolithen von dem Eckschupper Macropoma Mantelli Ag.; für die untere Kreide sind bes. Arten der Gattungen Hamites, Scaphites, Turrilites u. Baculites bezeichnend. Die Ammoniten erscheinen in der Kreide zum letztenmal u. am häufigsten im Plänerkalk; von Schnecken ist die Gattung Pleurotomaria, von Muscheln Spondylus, Inoceramus u. Terebratula reich vertreten; auch finden sich mehre Seeschwämme aus der Gattung Scyphia. Zu den häufigsten Versteinerungen im unteren Quader gehören: Ostrea diluviana Lin., O. carinata Lam., O. haliotoidea Sow., O. (Exogyra) columba Lam.; Pecten aequicostatus Lam., P. notabilis Münst., P. elongatus Lam.; Inoceramus streatus Sow. u. I. mytiloides Sow., Ammonites Rhotomargensis Sow.; Nautilus elegans Sow., Scyphia infundibuliformis Goldf, Spongia Saxonica Gein. Im Bezug auf das topographische Auftreten der K. hat L. v. Buch gezeigt, daß dieselbe nördlich u. südlich vom Äquator nirgends über den sechzigsten Breitengrad hinaus vorzukommen scheint.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 786-787.
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