Reggio [1]

[929] Reggio (spr. Redscho), 1) ehemals Herzogthum, zum Herzogthum Modena gehörig, bestehend aus dem ehemaligen Herzogthum R., einem Theile des Herzogthums Modena, dem Fürstenthum Correggio u. der Grafschaft Novellara; zwischen dem Lenzo u. der Secchia; 36,9 QM., 166,700 Ew; 2) Hauptstadt darin, am Tessonekanäle u. rechts am Crostolo; hat einige Befestigung (Mauern u. Wälle u. eine schlechte Citadelle), breite, theilweise mit Arkaden versehene Straßen, Kathedrale, 48 Pfarr- u. Klosterkirchen, Bischof, Jesuitercollegium, Seminar, Bibliothek, Lyceum, Schulanstalt mit der Naturaliensammlung Spalanzani's, Seiden- u. Hanfweberei, Verfertigung von Drechslerwaren, Handel mit Wein, Seide, Hanf, Hornvieh, Käse; jährliche Messe im März; 18,800 Ew. Geburtsort von Ariost u. Spalanzani; war früher Hauptstadt des Departements Crostolo im Königreich Italien u. gab dem französischen Marschall Oudinot den Titel eines Herzogs von R.–R. hieß bei den Römern Reginum Lepidi (Regium Lepidum, Forum Lepidi), es war eine Gründung der Bojer; da der Consul M. Ämilius Lepidus eine Straße dahin anlegte, wurde die Stadt sehr blühend. 409 n.Chr. wurde es von Alarich zerstört u. 450 das Bisthum errichtet. Im Mittelalter war R. freie Stadt, ergab sich aber zu Ende an Obbizzo von Este, Markgrafen von Ferrara. 1326 wurde R. dem Papst unterthan, war aber immer sehr schwierig u. ließ zwei päpstliche Statthalter hinrichten. Später unterwarf Johann, König von Böhmen, R. dem Deutschen Reiche. R. wechselte hierauf den Besitzer mehrmals, bis es 1409 wieder an das Haus Este kam, bei welchem es nun, die Zeit von 1796–1814 ausgenommen, wo es ein Theil der Cisalpinischen Republik u. des Königreichs Italien war, immer blieb. 1706 eroberten die Franzosen das feste Schloß. Vgl. Azzari, Comp. della storia della città di R., Reggio 1623. 3) (R. di Calabria) Hauptstadt der neapolitanischen Provinz Calabria ulteriore I., an der Meerenge von Messina, nach dem Erdbeben von 1783, welches die Stadt fast ganz zerstörte, neuerdings schön aufgebaut; Hafen, Fort, Kathedrale, 18 Kirchen, Erzbisthumssitz, Ökonomische Gesellschaft, öffentliche Bibliothek, Findelhaus, Handelstribunal; fertigt Waaren aus dem Barte der Steckmuschel, wohlriechende u. stärkende Gewässer, Fischerei, Seiden-, Öl- u. Weinbau; 22,000 Ew. Man findet hier Ruinen eines Isistempel u. Bauten aus der Normannenzeit – R. hieß zur Römerzeit Regium Julium od. Rhegium u. war 744 v. Chr. von Chalkidensern aus Euböa u. Messeniern unter Antimnestos aus Messana gegründet u. seit der Anlegung des Hafens am Scylläischen Vorgebirg sehr blühend geworden. Von hier fuhr man nach Sicilien über (vgl. Rhegina Columna). In der Nähe gab es Sauerwasser, welches man im Alterthum als Arznei u. Essig brauchte. Als der Tyrann Dionysius I. die Tochter eines vornehmen Bürgers zur Gemahlin begehrte u. die Stadt ihm die Tochter des Scharfrichters angeboten hatte, belagerte Dionysius die Stadt, eroberte sie nach 11 Monaten u. plünderte sie (388 v. Chr.). 279 v. Chr. wurde R. von Campanern besetzt u. geplündert u. viele Männer getödtet; nachher litt sie sehr durch ein Erdbeben u. im Bürgerkrieg zwischen Marius u. Sulla; Augustus bevölkerte sie mit Mannschaft seiner Flotte 1543 plünderte sie Heireddin Barbarossa. Gleiches geschah ihr von andern türkischen Seeräubern 1552 u. 1594. 1807 hier Landung des Prinzen von Hessen-Philippsthal mit 6000 Mann. 31. August 1847 Aufstand der Calabresen unter Andrea u. Domenico Romeo; am 1. Septbr. capitulirte die Garnison u. 3. Septbr. stellten königliche Truppen die Ruhe her. Im März 1848 neuer Aufstand gegen die Regierung. Am 19. Aug. 1860 landeten die Garibaldianer in der Nähe von R. u. schlugen unter Bixio am 21. Aug. die königlichen Truppen, worauf am 23. Aug. Fort u. Stadt an sie übergeben wurden. Vgl. Morisani, Inscriptiones rheginae, Neapel 1770.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 929.
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