Ypern

[475] Ypern, 1) Arrondissement in der belgischen Provinz Westflandern, 107,394 Ew.; 2) Hauptstadt hier, an einem Kanale u. der Yperle u. an der Zweigbahn Courtray-Poperinghe; zwei Friedensgerichte, Handelskammer, Börse, königliches Collegium, Hospitäler, Kathedrale, vier Kirchen, stattliches Gebäude der Tuchhallen mit Belfried u. reichem Bilderschmuck, jetzt Rathhaus, Fabriken in Spitzen, wollnen u. baumwollnen Waaren, Bleichen, Färbereien, Salz, Leder, Seife, Handel; 17,190 Ew. Geburtsort von Cornelius Jansen. – Y. war im Mittelalter nur ein Schloß, welches die Normänner 800 n.Chr. zerstörten. Von Balduin II. von Flandern wieder befestigt, wurde es unter dessen Nachfolgern zur Stadt, welche 1128 u. 1213 die Franzosen eroberten. 1325 wurden bei einer Empörung der Bürger, bes. der sehr zahlreichen Weber, gegen Ludwig von Nevers die alten Wälle niedergerissen u. die Vorstädte zur Stadt gezogen. Auch in der nachfolgenden Zeit waren die Weber Anstifter unruhiger Bewegungen. 1373 u. 1383 schlug die Stadt schwere Angriffe der Genter u. der mit denselben verbündeten Engländer ab. Philipp von Burgund befestigte Y. sehr u. bemühte sich den Arbeitern in den Vorstädten andere Aufenthaltsorte zu geben. Diese waren großentheils Weber, bes. Tuchweber, u. hierdurch verlor Y., welches bis dahin die erste Gewerbstadt in Flandern mit 200,000 Ew. gewesen war, diesen Gewerbszweig fast ganz. 1577 nahm Y. die Protestantische Confession an. 1584 wurde es von Alexander Farnese für Philipp II., 1648 von den Franzosen unter dem Prinzen von Condé u. 1649 von Erzherzog Leopold für die Spanier erobert. 1658 belagerte u. nahm es Turenne, u. Y. kam erst durch den Pyrenäischen Frieden wieder an Spanien. Doch schon 1678 griff Ludwig XIV. Y. an u. nahm es, behielt es auch bis zum Nimweger Frieden. Er verstärkte die Werke, so daß der Platz einer der wichtigsten in den Niederlanden wurde. 1715 ward Y. durch den Barrieretractat zu einem der Barriereplätze erklärt u. hatte bis 1744, wo es von Ludwig XV. erobert wurde, holländische Besatzung. Mit den anderen Barriereplätzen ließ Joseph II. Y. 1781 schleifen u. am 17. Juni 1794 fiel es nach kurzer Belagerung durch Pichegrü den Franzosen in die Hände. Y. blieb nun offener Platz, nach dem Frieden von 1815 wurde aber die Befestigung wieder aufgenommen u. mit den französischen Contributionsgeldern hergestellt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 475.
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