Kriegen (accipere)

Kriegen (accipere).


1. Dat wöl wi wull krîgen, sä Snîder Meinert, he mên aber de Krintstûte. (Süderdithmarschen.)

Das wollen wir schon kriegen, sagte Schneider Meinert, er meinte aber das Korinthenbrot.


2. Dat wöllt wi wol krîgen, säd' de Avcat, da mên' he dat Geld. (Hamburg.) – Hoefer, 29.


3. Fi wed (wir wollen) se wuoal krygen segged de Awekoaten, dan maind se de Dâlers. (Hemer in der Grafschaft Mark.) – Frommann, III, 254, 10.


4. Ich hoh nischt krigt, sagte der Betteljunge, aber mei Bruder hätte bahle was gekrigt. (Oberlausitz.)


5. Ich kriege euch schon, sagte der Uhu, als er die beiden Gimpel um die Ecke pfeifen hörte. Fr. Spielhagen, Hammer und Amboss.


6. Ik har, ik hef un ik kan krîgen, dat sünd dre ferschêdne Dinger. (Süderdithmarschen.)

Ich hatte, ich habe und ich kann bekommen, das sind drei verschiedene Dinge.


7. Jekriejen es jestoele.Firmenich, III, 516, 16.


8. Krieg' sie, krieg' sie, ist der Ratte was Altes.

Man gewöhnt sich an alles, auch an Gefahren, wie die Ratte nicht mehr über obigen Ruf erschrickt. Auch von Leuten, bei denen kein Reden etwas hilft.


9. Kriegen, was Schröter kriegt, aus sieben Dörfern die dünne Scheisse.

In der Mark Brandenburg und Schlesien von jemand, der unbegründete Ansprüche macht oder Hoffnungen hegt.


10. Van de nene1 krigen kans, dan sech2, du wöls nene hewen3, harre der Man taur Frau saght, dä harre sollen 'ne Mâëd4 maien5. (Kierspe in der Grafschaft Mark.) – Frommann, III, 257, 66.

1) Keine.

2) Sage.

3) Wollest keine haben.

4) Magd.

5) Miethen.


11. Van diäm sa'k wuol nicks krigen, dai sall mi wuol im ewigen Liäwen derför lusen maüten. (Iserlohn.) – Woeste, 86, 113.


*12. Vbel gekregen, nicht fern gedregen.Petri, II, 553.


*13. Du kreggst, wat Krus' kreggt.Frischbier, 421, Frischbier2, 2196.

Diese Redensart verdankt ihre Entstehung einem königsberger Käsehändler Namens Krause, der seine Bude auf der Fischbrücke hatte und als reicher Mann gestorben ist. Seine leichte Reizbarkeit, wie auch ein körperliches Gebrechen führten ihn sehr häufig in Streit mit dem Publikum. Eine Fortsetzung der Redensart ist die Frage; »Wat kreg Krus'?« Antwort: »Opp't (auf das) Lett (littauisch = Tombank) gesch ....«


14. Du kreggst, wat Schröter kreggt. (Preuss.-Eylau.) – Frischbier, 422; Frischbier2, 2197.

Prügel, und wurde hinausgeworfen, weil er beim Dreiblattspiel auf Trumpf-As bête wurde.


*15. Du kriegst nit dat, Nikelöschen.Wurzbach III, 109.

Mit dieser Redensart: Du kriegst das nicht, Niklauschen, wobei noch ein Schnippchen geschlagen wird, fertigt man einen Bittenden, den man foppen will, in den Rheinlanden ab. Ueber den Ursprung derselben erzählt man bei Bingen am Rhein folgende Sage: Der Patron aller rheinischen Schiffer ist Sanct-Nikolaus, und es besteht bei ihnen die Sitte, dass, wenn der Führer des Schiffs zur Reise das Ufer verlässt, und das Schiff klar im Fahren ist, er der Mannschaft zuruft: »Betet!« Jeder zieht den Hut ab, betet ein Vaterunser und empfiehlt dem heiligen Nikolaus Leben und Gut. Einst fuhr ein Schiffer ohne Gebet von Bingen ab, und im Loche überraschten ihn heftige Windstösse, die das Schifflein aus dem Fahrwasser brachten. Er rief nun zum heiligen Nikolaus ängstlich um Hülfe und gelobte reiche Opfer. Der Wind legte sich und er kam glücklich durch das Loch. Als er aber die Gefahr vorüber glaubte, schlug er ein Schnippchen und rief: »Du kriegst nit dat, Niklöschen!« Diesem Hohn folgte die Strafe sofort, ein heftiger Windstoss schlug das Schifflein in den Grund. Der Schiffer ertrank; und als seine Leiche bei Sanct-Clemens ans Land geworfen ward, fehlten der rechten Hand die Finger.


*16. Du kriggst êns, dat di de rode Sapp ût d' Mûl geit. (Altmark.) – Danneil, 180.


*17. Du sollst auch einen allein kriegen. (Meiningen.)

Scherzweise zu einem Mädchen, welches einen kleinen Dienst erzeigt hat oder erzeigen soll.


*18. Du sullst alles kriege, wat de Hehner legge, man de Eier nich.Frischbier2, 2198.


[1629] *19. Er kriegt's nicht und sollte er Haar scheissen wie ein Wolff.Simplic., Vogelnest, 316.


*20. Hä kritt och noch nit esu vill, als mer em Aug licke (leiden) kann. (Köln.) – Firmenich I, 475, 190.


*21. He krêg ênen, de kun Sta seggen. (Holst.) – Schütze, IV, 179.

Er bekommt einen tüchtigen Schlag. Die Redensart »Sta seggen« kommt wol von der Schildwache her, die zum Stehen bringt, und wird dann auf derbe kräftige Menschen angewandt.


*22. He krigt dat z' Abends as de Busskaewer1. Schiller, I, 11.

1) Rosskäfer (Scarabaeus stercorarius), Schârnbull u.s.w. Der Grund dieses Vergleichs ist mir dunkel. Latendorf erzählt: »Ich hörte in der grevismühlener Gegend: Wenn de Schârnbull z' Abends flüggt, dann dreggt he Süerborn (Wasser zum Säuern), denn he will denn annern Dag backen, d.h. es wird am folgenden Tage heiss. Aber es heisst auch, dass er z' Morgens flüggt, denn will he brûgen, d.h. es wird regnen«; aber insofern passt der Vergleich nicht, wie angegeben wird, auf jemand der erst abends zu arbeiten anfängt. (Vgl. darüber Schiller a.a.O.)


*23. Ich werde euch kriegen bei Dobberschütz.

Die aus Thüringen eingesandte Redensart soll mit der: Ich will dich fassen bei Lobositz, gleichmässig angewandt werden. Ein Dobberschütz gibt es wol in Deutschland nicht, wenigstens ist ein solches im Huhn'schen Lexikon nicht aufgeführt, dagegen finden sich dort vier Doberschütz, eins in Oberfranken (Baiern), eins in der preussischen Provinz Sachsen und zwei in der Oberlausitz (Königreich Sachsen). Es fragt sich, ist eins davon gemeint, welches, und in welcher Beziehung steht es zu der obigen Redensart.


*24. Ik hoa nich sû vîl krikt as mer am Oge Raum hätte.Frommann, III, 413, 519.


*25. Von dem kröggt de Diewel nich emal e Endke Pöchlicht.Frischbier2, 2200.


*26. Was er davon kriegt, mag er an die Peitsche schmieren.Eiselein, 504.


27. Was ich kriege, ist mein, sagt der Pfaff.

Böhm.: Jak po knĕzi, co kdo popadl, to jeho. (Čelakovský 337.)

Poln.: Jak po księdzu, co kto porwał, to jego. (Čelakovský, 337.)


*28. Krieg ich dich, so tret' ich dich.

Mit Bezug auf einen Menschen, der über die grosse Zehe schreitet.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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