Corpus delicti

[476] Corpus delicti oder Thatbestand heißt im Criminalrechte das wirkliche Vorhandensein, der Inbegriff aller thatsächlichen Merkmale eines begangenen Verbrechens, deren Ermittelung vorangehen muß, wenn eine gesetzliche Strafe eintreten soll. Wer es begangen? ist dann die zweite, und welche Strafe bestimmen die Gesetze dafür? die dritte Frage, welche sich der Richter zu beantworten hat. Die Ermittelung des Thatbestandes ist häufig mit großen Schwierigkeiten verbunden und die Lehre vom Thatbestande und dessen Herstellung gehört zu den wichtigsten des Criminalrechts. Der Thatbestand ist verschieden nach Verschiedenheit des gesetzlichen Begriffs der Verbrechen; allein gewöhnlich gehört zum Thatbestande ein bestimmter gesetzwidriger Erfolg der Handlung, oft aber auch gewisse, in dem Gemüthe des Verbrechers liegende Gründe der rechtswidrigen Handlung, welche entweder in einer bestimmten Absicht, z.B. beim Diebstahl in der, sich zu bereichern, oder in einer besondern Beschaffenheit der Willensbestimmung bestehen, wie z.B. zum Begriff des Mordes Überlegung gehört; stets sind aber zum Thatbestande bestimmte äußere Merkmale der Handlung erfoderlich. Im beschränkten Sinne wird der Ausdruck Corpus delicti auch für den Gegenstand, an welchem das Verbrechen begangen worden, oder für die Werkzeuge, mit welchen es verübt wurde, angewendet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 476.
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