Lübeck

Lübeck
Lübeck

[771] Lübeck, eine der vier freien Städte des deutschen Bundes und vormals Haupt der Hanse (s.d.), ist 1144 vom Grafen Adolf II. von Holstein-Schaumburg an die Stelle der verwüsteten Stadt Bucu erbaut worden.

Die alterthümliche Stadt liegt einige Meilen von der Ostsee auf einer Anhöhe zwischen der Trave und Wackenitz und zählt 26,000 Einw. Die ehemaligen Wälle sind in Spaziergänge umgewandelt worden. Auf dem hier abgebildeten Marktplatze steht das geschichtlich merkwürdige Rathhaus, welches aus zwei langen Flügeln besteht und auf seiner Thürschwelle die Bildnisse der Kurfürsten zeigt. Das Erdgeschoß enthält einen mit Gemälden von Torelli geschmückten Saal. Einen der Flügel bildet das ehemalige Gewandhaus, seit 1672 Versammlungsort der Kaufleute. Ein anderes merkwürdiges öffentliches Gebäude ist das Haus der Schiffergesellschaft. Herrliche Schnitzwerke enthält ein Privathaus, das Fredenhagen'sche. [771] Ein Zimmer enthält 36,000 Figuren. Unter den Kirchen zeichnet sich die Marienkirche aus. Sie enthält gleichfalls schöne Schnitzwerke, einen marmornen Altar, eine astronomische Uhr; einen Todtentanz u.s.w. Ausgezeichnete Gemälde finden sich auch in dem Dome, in der Petrikirche und der nicht mehr zum Gottesdienste benutzten Katharinenkirche. Von Bildungsanstalten sind hier ein Gymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Navigationsschule, eine technische Schule; unter mehren Vereinen zeichnet sich die patriotische Gesellschaft zur Beförderung gemeinschaftlicher Thätigkeit aus. Bedeutend ist noch immer der Handel von L, indem namentlich in Wein, Leder, Flachs und Getreide Geschäfte gemacht werden. Die Fabrikation bezieht sich auf Zucker, Stärke, Leim, Taback, Leder, Kattun, Tuch und Treffen. In den Hafen der Stadt, Travemünde, laufen jährlich an 900 Schiffe ein, die Stadt selbst besitzt 72 Schiffe und seit einigen Jahren steht L. mit mehren Häfen der Ostsee und besonders auch mit Petersburg durch Dampfschiffe in regelmäßiger Verbindung. – Das ganze in zehn Parcellen getheilte Gebiet der freien Stadt umfaßt 63/4 ! M. mit 21,000 Einw. Dazu gehören das Amt Bergedorf und die Vierlande, welche L. mit Hamburg gemeinschaftlich besitzt. Die Mehrzahl der Einwohner sind Protestanten; Juden dürfen nur in dem Dorfe Moisling wohnen. Travemünde am Einfluß der Trave in die Ostsee ist ein Städtchen mit 1100 Einw., einem Hafen und Seebade. – Am mächtigsten war L. zur Zeit der Blüte der Hanse; damals beherrschte es mit seinen Flotten das baltische Meer und hatte großen politischen Einfluß auf die nordischen Reiche. Nachdem sich 1806 das deutsche Reich aufgelöst hatte, blieb L. selbständig, bis es 1810 dem franz. Reiche einverleibt wurde. Es nahm dann thätigen Antheil an der Erhebung Deutschlands, fiel zwar 1813 noch einmal in die Hände der Franzosen, wurde aber nach der Schlacht bei Leipzig frei. Der Receß von 1669 liegt der seitdem wieder eingeführten demokratischen Verfassung zu Grunde. Der Senat, [772] welcher ans 4 Bürgermeistern und 16 Rathsherren besteht, ist die Vollziehungs- und Verwaltungsbehörde. Die Bürgerschaft ist in 12 Collegien getheilt, von denen bei bürgerlichen Berathschlagungen ein jedes eine Stimme hat, aber nur die sieben obersten rathsfähig sind. Die Staatseinkünfte betragen ungefähr 480,000 Fl. Rhein., die Schulden 3 Mill. Gulden. Als Mitglied des deutschen Bundes hat L. mit den drei übrigen freien Städten Antheil an der 17. Stimme und in der vollen Versammlung hat es eine eigne Stimme. Es stellt 407 M. Bundescontingent und zahlt 500 Gulden zur Bundeskanzlei. – Das ehemalige Fürstenthum Lübeck macht seit 1802 einen Bestandtheil des Großherzogthums Oldenburg (s.d.) aus und umfaßt 8 ! M. mit 19,800 Einw. Früher war es ein protestantisches Bisthum, dessen Bischof zu den Reichsfürsten gehörte und zu Eutin residirte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 771-773.
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