Mohammed

[162] Mohammed, der Stifter der nach ihm benannten mohammedanischen Religion, zu der sich jetzt über 120 Mill. Menschen bekennen, geb. 569 oder 571 in der seit uralter Zeit als Mittelpunkt des Götzendienstes der heidnischen Araber heilig geachteten Stadt Mekka, gehörte zu dem dort mächtigen arab. Stamme Koreisch und war ein Sprößling der als Wächter der schon den Heiden zum Heiligthume dienenden Kaaba (s. Mekka) berühmten Familie Haschem. M.'s wenig bemittelter Vater starb frühzeitig und es nahmen sich daher mehre Verwandte nacheinander des verwaisten Knaben an, den namentlich sein Oheim, Abu Taleb, zum Kaufmann erzog, sich von ihm auf seinen Geschäftsreisen, unter Anderm auch nach Syrien, begleiten ließ und ihn endlich in den Dienst einer reichen Witwe, mit Namen Khadijah, brachte, welche sich nach einiger Zeit mit ihm verheirathete. Obgleich sie 15 Jahre älter als M. war, überließ er sich doch bis an ihren Tod (619) keineswegs den sinnlichen Neigungen, die ihn später oft beherrschten, auch war sie die Erste, welche er zu seiner neuen Lehre bekehrte, nachdem er in seinem 40. Lebensjahre als Verkündiger derselben auftrat, wozu er durch eine Erscheinung des Engels Gabriel berufen zu sein vorgab. Neigung zum Nachdenken über religiöse Dinge scheint ihm von Jugend auf eigen gewesen und durch auf seinen Reisen in Syrien angeknüpfte Bekanntschaft mit christlichen Mönchen, sowie durch Einsicht in die h Schriften der Juden und Christen befördert worden [162] zu sein; ja vielleicht war es zuerst blos der dadurch angeregte Unmuth über die in der Kaaba aufgestellten Götzenbilder, welcher ihn bewog, der Reformator des Glaubens seines Volks zu werden und die von Abraham gelehrte Verehrung eines Gottes herzustellen, für dessen Propheten er sich ausgab. »Einer ist Gott und M. sein Prophet« wurde daher als kurzer Inbegriff seiner Lehre der Wahlspruch von M.'s Anhängern, deren er aber unter den in viele Stämme getheilten Arabern, von denen manche sich auch zur mosaischen und zur christlichen Lehre hielten, anfänglich nur sehr wenige gewann. Mit der Zunahme derselben mehrte sich aber, besonders in Mekka selbst, der Widerspruch, und um sein Leben zu sichern, mußte sich M. mehrmals verbergen und im I. 622 sogar vor seinen wider ihn verbündeten Feinden nach Medina (s.d.) fliehen, welche Begebenheit unter dem Namen Hegira (s.d.) bekannt und der Anfang der mohammed. Zeitrechnung geworden ist. In Medina fand M. eine ehrenvolle Aufnahme, es sammelten sich dort seine Anhänger um ihn, er nahm die Priester- und Fürstenwürde an, vermählte sich mit Aischa, der Tochter Abubekr's, eines angesehenen Bürgers von Mekka, und erklärte jetzt seinen Entschluß, die neue Lehre mit dem Schwerte auszubreiten. Von nun an war offene Fehde zwischen M.'s Anhängern und den ihm abgeneigten Stämmen, besonders den Koreischiten, und erst nach einem wechselreichen Kampfe von achtjähriger Dauer gelang es ihm, sich Mekkas zu bemächtigen und seine Hauptgegner theils zu unterwerfen, theils zu bekehren. Die Götzenbilder der Kaaba wurden hierauf vernichtet, der schwarze Stein aber durch M.'s andächtige Berührung zum Heiligthume der Mohammedaner geweiht. Mehre andere noch widerstrebende Stämme wurden nun vertilgt, unterworfen oder bekehrt und M. machte sich allmälig zum Gebieter von beinahe ganz Arabien, unternahm auch einen Kriegszug gegen das griech. Kaiserthum, der sich aber auf einen Einfall in Syrien beschränkte. Die letzte wichtige Handlung M.'s war seine im zehnten Jahre der Hegira unternommene große Wallfahrt nach Mekka, an der weit über 100,000 seiner Anhänger Theil genommen haben sollen; bald nach der Rückkehr von derselben starb er zu Medina im 63. Jahre und hinterließ eine Tochter Fatime, das einzige ihn überlebende seiner Kinder, deren ihm nur die erste Frau und keine von den ungefähr 20 Weibern geboren hatte, mit denen er sich später noch verheirathete. Dem Sarge M.'s schreibt der mohammed. Volksglaube Wunderwerke zu und läßt ihn zu Medina in der Luft schweben; seine Gebeine befinden sich jedoch in einer vergitterten Kapelle, wo eine Urne sein Grabmal vorstellt.

M.'s Lehre, welche vorzugsweise die des Islam, d.h. der Ergebung, genannt wurde, hatte er theils mündlich, theils durch einzelne, bei gelegentlichen Veranlassungen entstandene kleine Abhandlungen in dichterischer Sprache verbreitet und seine beredten Angriffe auf die Vielgötterei verschafften ihr zunächst bei den Arabern Eingang. Übrigens sagte er selbst, sie sei nur die alte, von Abraham, dem gemeinschaftlichen Stammvater der Araber und Hebräer, schon verbreitete. Moses, David und Jesus erkannte er nicht minder als göttliche Gesandte an, behauptete aber, die von ihnen gelehrte Wahrheit sei durch ihre Anhänger entstellt, wie denn von den Mohammedanern die Christen wegen der Lehre von der Dreieinigkeit der Abgötterei beschuldigt werden und er daher gesandt worden, sie wiederherzustellen; im Übrigen gab er sich blos für einen Menschen wie Andere auch, der keine Wunder verrichten könne, und was ihm von letztern zugeschrieben wird, sind erst bei spätern arab. Schriftstellern ausgebildete Sagen. Die von M. vorgeschriebenen Religionsgebräuche waren einfach, aber zum Theil beschwerlich, indem jeder Gläubige des Tages fünf Mal beten und auch deshalb des Nachts von seinem Lager sich erheben, sowie mehrfache Abwaschungen vornehmen soll, wobei er sich in Ermangelung von Wasser des Sandes bedienen kann. Die von Jedem wenigstens einmal vorzunehmende Wallfahrt nach Mekka muß unter lästigen Gebräuchen vollzogen, während des Ramadan oder Fastenmonats täglich, so lange die Sonne am Himmel steht, gefastet, der Zehnte von den besten Gütern gegeben werden, wie denn überhaupt durch Werke der Barmherzigkeit ein hohes Verdienst erworben wird. Die Quelle der fanatischen Gleichgültigkeit der Anhänger M.'s wider Tod und drohende Gefahren und daher ihres wilden, kriegerischen Muthes, ist der Glaube an unbedingte göttliche Vorausbestimmung der Zeit des Lebens und des Todes aller Menschen; was aber das Dasein nach dem Tode anlangt, so werden dem treuen Verehrer Allah's (s.d.) im Paradiese alle nur erdenkliche Sinnengenüsse verheißen. Ein wesentlicher Theil der mohammed. Religion ist auch die Beschneidung, die aber erst im 8.–10. Jahre und mit besondern Festlichkeiten vorgenommen wird; die Vielweiberei war dagegen schon bei den heidnischen Arabern hergebracht und ist also nicht erst durch M. eingeführt worden. Zu seinem Nachfolger wurde nicht der Gemahl seiner Tochter, sondern der Vater seiner Witwe Aischa, Abubekr, gewählt (s. Khalifen), und zu seiner Zeit erst sammelte man M.'s größere Vorträge zum Gesetzbuche der Mohammedaner oder Koran (s.d.); eine spätere zweite Sammlung von kürzern Aussprüchen desselben, Nachrichten über sein Leben u.s.w. heißt die Sunna oder der Hadith, d.i. Überlieferung. Die Bekenner der mohammed. Religion werden überhaupt Mohammedaner oder Moslemim, d.h. Gläubige, genannt, woraus sich der gleichbedeutende Ausdruck Muselmänner gebildet hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 162-163.
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