Schwämme

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[122] Schwämme oder Pilze (die) bilden die niedrigste Stufe der Pflanzenwelt, indem sie nichts von dem sonst allen Pflanzen mehr oder weniger eigenthümlichen Gange der Entwickelung und nur im Wachsthum und zum Theil in der innern Structur einige Ähnlichkeit mit den Pflanzen zeigen.

Sie haben weder Blätter noch Blüten, noch Früchte, noch eigentlichen Samen, sondern statt dessen sogenannte Keimkörner mit denen sie sich fortzupflanzen scheinen. Sie erscheinen gleichsam als die ersten Anfänge der Umbildung anorganischer Stoffe zu organischen Geschöpfen in der Natur, und scheinen nicht selten nur aus Luft und Feuchtigkeit sich zu bilden, ja auch wieder in diese Bestandtheile zu zerfließen. Merkwürdig ist, daß die Bestandtheile der Masse der Pilze zwar größtentheils pflanzenartig sind, doch aber auch den thierischen ähnliche Erscheinungen darbieten, namentlich beim Verbrennen einen ähnlichen Geruch entwickeln wie thierische Theile, als Haare, Federn, Horn u. dgl. Unter den Schwämmen stehen wieder am niedrigsten die Staubpilze, welche aus Kügelchen, länglichen, zuweilen sternförmigen Keimkörpern bestehen, aus der Oberhaut verschiedener Pflanzen herausschwitzen und stets einer eignen Hülle entbehren, welche sie zusammenhielte. Von dieser Art ist der Staubbrand auf den Blättern der Pflanzen. Weiter ausgebildet erscheinen schon die Fadenpilze, bei denen außer den Keimkörnern auch schon das häufig gegliederte Fädchen oder Röhrchen beobachtet wird. Man findet sie auf faulem Holze, als Schimmel auf Früchten u.s.w. Sind die Kügelchen allein oder an Fäden hängend, in eignen Behältnissen, Peridien genannt, eingeschlossen, so entstehen Bauchpilze. So enthält der kugelförmige Bovist eine unzählbare Menge an seinen Fäden hängender Staubkörner. Die eigentlichen Schwämme bestehen aus sehr seinen Röhren oder Schläuchen, in denen sich die Keimkörner befinden; die äußerste Schicht wandelt sich bei ihnen in eine das ganze Gewächs einschließende Haut um. Sie wurzeln oft in der Erde, wachsen empor in Gestalt von Knollen, aus denen sich Strünke erheben, die oben ein schirmförmiges oder halbkugelartiges Dach bilden, Hut genannt. Sie haben oft einzelliges, faseriges oder röhrenartiges Gewebe. Man findet sie besonders in schattigen und feuchten Wäldern. Am vollkommensten ausgebildet sind die Kernschwämme, welche geschlossene Behälter zeigen, in denen die Keimkörner liegen. Dieselben bilden den Übergang zu den Flechten (s.d.). – Viele Pilze werden als eine wohlschmeckende Speise genossen, viele aber sind auch sehr giftig, und hiernach pflegt man im gemeinen Leben die Schwämme in eßbare und giftige zu unterscheiden. Es werden viele Merkmale angegeben, durch welche man sogleich erkennen soll, ob ein Pilz giftig sei oder nicht; doch ist keines dieser Kennzeichen untrüglich und ausreichend, und man soll im Allgemeinen keinen Pilz genießen, welchen man nicht schon durch häufige und genaue Anschauung als einen eßbaren kennen gelernt hat. Weiße Zwiebeln oder Silber sollen, mit giftigen Pilzen zusammengekocht, schwärzlich werden; diese Behauptung ist jedoch ungegründet; ebenso wenig zuverlässig ist es, wenn man den zerbrochenen Pilz mit Salz bestreut, wo dann die giftigen Pilze gelb, die unschädlichen schwarz werden sollen. Die giftigen Eigenschaften können den Pilzen zum Theil entzogen werden, wenn man sie mit Wasser begießt, welches mit Salz oder Weinessig vermischt ist; man sollte daher alle Pilze, ehe man sie genießt, in solchem Wasser abspühlen. Man genießt die Pilze gekocht, gebacken, gebraten, getrocknet und eingemacht.

Einer der wohlschmeckendsten und gesuchtesten eßbaren Pilze ist der Champignon. Er ist rein weiß, nicht groß, und ist auf der untern Seite des Hutes mit schmuzig rosenrothen, im Alter mit dunkel chocoladenförmigen Blättchen besetzt, hat einen angenehmen Geruch und einen haselnußartigen Geschmack. Er hat in der Form Ähnlichkeit mit dem hier abgebildeten Wiesenblätterschwamme, der in England gegessen wird, nur daß seine Strünke kürzer und dicker sind. Man ißt den Champignon sowol frisch als getrocknet und in Essig eingemacht. Andere eßbare Pilze sind der Musseron (s.d.); der Kaiserling [122] mit pommeranzenfarbenem oder dunkelgoldgelbem Hute; der Hallimasch mit bis zu 1 F. breitem halbbraungelben Hute, zuweilen mit schwarzbraunen Haaren besetzt, welcher in Östreich viel gegessen wird; der Reisker mit einem gelben Hute, schön rothgelbem Fleische; der wohlschmeckende Pomonaschwamm mit blaßgelbem Hute, meistens derbem Fleische; der Oreadenschwamm mit blaßgelblichem Hute; der nach altem Käse riechende Lauchschwamm mit weißlichem, häutigem Hute; der umstehend abgebildete Tintenschwamm, welchen man in großer Menge auf Düngerhaufen, Schutt u. dgl. findet und der einen weißgrauen, oben mit bräunlichen Schuppen besetzten, glockenförmigen, wenig fleischigen Hut hat, nur kurze Zeit dauert und dann in einen schwarzen Schleim zerfließt; der dottergelbe Röthling; der bekannte Steinpilz mit dickem braunen Hute, dessen Unterseite dicht mit blaßgelben Röhrchen (statt der Blätter) besetzt ist; der hier abgebildete Schuppenpilz, ein großer Baumschwamm mit gelblichem, mit braunen Schuppen bedecktem Hute, welcher mit dem dicken, kurzen und braunschwarzen Strunke verwachsen ist; die verschiedenen Hirschschwämme; die Morcheln (s.d.) und die ihnen nahe verwandten Lorcheln; die Trüffeln (s.d.); der mit Unrecht für giftig gehaltene Bovist und verschiedene andere.

Unter den giftigen Schwämmen ist besonders auszuzeichnen der Fliegenpilz (s.d.); der Speiteufel oder giftige Täubling mit verschieden buntgefärbtem Hute; der hier abgebildete zartgefaltete und der schmierige Blätterschwamm; der gelbe Schwefelkopf; der braune Ekelschwamm; der Thränenschwamm, welcher oft mehre Fuß breit wird, ungestielt, rostgelb und am Rande weiß ist, an feuchtem Holze vorkommt, an dem schimmeligen Rande fortwährend tröpfelt und eine schädliche Ausdünstung verbreitet; der sehr giftige Satanspilz mit dickem, derbem, blaßgelbem Hute, am Ende dunkelziegelrothen Röhrchen, dunkelrothem Strunk; der dem Steinpilz ähnliche Hexenpilz, der aber am Strunk und an den Röhrchen roth ist, auch nicht wie der Steinpilz aufgebrochen weiß bleibt, sondern wie der Satanspilz blau anläuft u.a. – Aus dem Baumschwamme bereitet man den Feuerschwamm (s.d.); ein ganz verschiedenes Naturproduct als die Pilze ist aber der Badeschwamm (s.d.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 122-123.
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