Cotta [1]

[312] Cotta, berühmte deutsche Buchhändlerfamilie: 1) Johann Friedrich, Freiherr C. von Cottendorf, einer der bedeutendsten Buchhändler Deutschlands, geb. 27. April 1764 in Stuttgart, gest. 29. Dez. 1832, Großneffe des ausgezeichneten Theologen Johannes Friedrich C. (geb. 1701), der 1779 als Kanzler der Universität Tübingen starb, war selbst zum Studium der Theologie bestimmt, wandte sich dann aber der Rechtswissenschaft zu und praktizierte eine Zeitlang in Tübingen als Hofgerichtsadvokat. Auf Wunsch der Familie übernahm er 1787 die Leitung der ursprünglich Brunnschen Buchhandlung ir Tübingen, die, bereits 1659 vom Stammvater der Familie, dem aus Sachsen eingewanderten Johann Georg C. (geb. 1631, gest. 1692), erworben und, unter der Firma »Johann Georg Cottasche Buchhandlung« fortgeführt, von ihrer frühern Bedeutung viel eingebüßt hatte. C. brachte das Geschäft bald wieder in Aufschwung. Schon 1793 entwarf er den Plan zur Herausgabe der »Allgemeinen Zeitung« (s.d.), die seit 1798 in Stuttgart erschien. Mit Schiller gründete er 1795 die »Horen« und kam dadurch auch mit Goethe und Herder in Verkehr. Von größern periodischen Werken begann er außer den schon genannten: 1795 die »Politischen Annalen« und die »Jahrbücher der Baukunde«, 1798 den »Almanach für Damen« und andre Taschenbücher, 1799 die große Karte von Schwaben von Amman und Bohnenberger und 1807 das »Morgenblatt«. 1810 verlegte er seinen Wohnsitz nach Stuttgart, kaufte die Herrschaft Plettenberg und mehrere andre Güter, wurde 1811 württembergischer Landstand und vertrat als solcher mit Bertuch die Sache der deutschen Buchhändler in betreff des Nachdrucks und des Zensurdrucks auf dem Wiener Kongreß (1815). Seit 1820 ritterschaftlicher Abgeordneter des Schwarzwaldkreises, wurde er 1821 Mitglied des permanenten ständischen Ausschusses und 1824 Vizepräsident der Zweiten Kammer. Für sein buchhändlerisches Geschäft war er auch in dieser Zeit ausgebreiteter Wirksamkeit unermüdlich tätig; von Zeitschriften entstanden damals das »Polytechnische Journal« von Dingler, die »Württembergischen Jahrbücher« von Memminger, die »Hertha«, das »Ausland«, das »Inland« etc. Die berühmtesten Schriftsteller Deutschlands rechneten es sich zur Ehre, ihre Werke in Cottas Verlag erscheinen zu lassen; junge Talente unterstützte er freigebig, wie z. B. den Grafen Platen. 1824 errichtete er zu Augsburg die ersten mit Dampf betriebenen Schnellpressen in Bayern, und 1827 gründete er die Literarisch-artistische Anstatt[312] zu München (Verlags- und Sortimentsgeschäft; 1870 in den Besitz von Th. Riedel daselbst übergegangen). 1825 führte er die Dampfschiffahrt auf dem Bodensee ein, die er 1826 auf dem ganzen Rhein mit den betreffenden Regierungen regulierte, und vereinbarte 1828 für Bayern und Württemberg den Anschluß an den preußischen Zollverband. Schon früher war der alte Reichsadel seiner Familie unter dem Namen eines »Freiherrn C. von Cottendorf« von Bayern und Württemberg anerkannt und bestätigt und C. zum preußischen Geheimen Hofrat, bayrischen Kammerherrn und Geheimrat ernannt worden. Seinen Briefwechsel mit Schiller gab Vollmer heraus (Stuttg. 1876). Seine Biographie schrieb A. Schäffle (Bd. 18 von Bettelheims »Geisteshelden«, Berl. 1895).

2) Johann Georg, Freiherr C. von Cottendorf, Sohn des vorigen, geb. 19. Juli 1796, gest. 1. Febr. 1863, studierte die Rechte, ward 1821 königlich bayrischer Kammerherr und bekleidete danach mehrere Ämter im württembergischen Staatsdienst, mußte aber nach des Vaters Tode die Geschäftsleitung der Cottaschen Buchhandlung übernehmen. Unter seiner Ägide sind mehrere großartige Unternehmungen begonnen worden, wieder Ankauf der G. I. Göschenschen Buchhandlung in Leipzig (1839; ging 1868 in den Besitz von Ferd. Weibert über), der Vogelschen Verlagsbuchhandlung in München (1845), die Bibelanstalten in Stuttgart und München (1845; später in Besitz von F. A. Brockhaus in Leipzig übergegangen), die »Deutsche Vierteljahrsschrift« (seit 1838), das »Wochenblatt für Land- und Hauswirtschaft, Gewerbe und Handel« (seit 1864), die »Technologische Enzyklopädie«, die zeitgemäßen Ausgaben deutscher Klassiker, namentlich von Goethe und Schiller, A. v. Humboldts »Kosmos« und eine große Anzahl andrer bedeutender und hervorragender wissenschaftlicher und dichterischer Werke von Zeitgenossen. Sein ältester Sohn, Freiherr Georg Astolf von C., geb. 30. Jan. 1833, württembergischer Kammerherr, erbte die Herrschaft Plettenberg und das Rittergut Hipfelhof, wo er 20. Mai 1876 starb. Dessen jüngerer Bruder, Karl von C., geb. 6. Jan. 1835, gest. 18. Sept. 1888, war bis 1876 gemeinsam mit Herm. Albert v. Reischach (geb. 1836) bis zu dessen Tode (5. April 1876), seitdem allein Leiter des Geschäfts. Die Cottasche Buchhandlung, die bis dahin sämtlichen Mitgliedern der Familie gemeinschaftlich gehörte, ging 1. Jan. 1889 mit dem Verlag und der Druckerei der »Allgemeinen Zeitung«, die 1882 von Augsburg nach München verlegt worden war, unter der Firma »I. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger« durch Kauf in den Besitz der Gebrüder Adolf und Paul Kröner (s.d.) in Stuttgart über, die 1891 den Sohn von Adolf Kröner, Alfred, und Wilh. Spemann in Stuttgart als weitere Teilhaber aufnahmen. Nachdem diese (W. Spemann 1897, Alfred Kröner 1898) als Teilhaber wieder ausgetreten waren, wurde 23. Jan. 1899 das Geschäft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 312-313.
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