Demidow

[628] Demidow, reiches russ. Geschlecht, dessen Stammvater Nikita D., geb. um 1665, ursprünglich Hammerschmied zu Tula, während des schwedischen Krieges Peter d. Gr. Kanonen und Gewehre lieferte. Unter seiner Leitung legte 1699 die russische Regierung zu Newjansk im Distrikt Jekaterinenburg die erste Eisengießerei in Sibirien an, die D. mit so viel Geschick verwaltete, daß der Kaiser ihm 1702 die Eisengießerei schenkte. Durch einen Zufall entdeckte D. 1725 in Sibirien die Minen von Kolyba, deren Ausbeute den unermeßlichen Reichtum seiner Familie begründete. Außer Nikita D. sind besonders hervorzuheben: 1) Paul Grigorjewitsch, geb. 1738, gest. 1821, gelehrter und freigebiger Förderer der Naturwissenschaften, Gründer des botanischen Gartens zu Moskau.

2) Nikolai Nikititsch, Graf, geb. 1773 in Petersburg, gest. 1828, verwaltete seine großen Bergwerke in ausgezeichneter Weise und berief zahlreiche deutsche Beamte und Bergleute dahin. 1812 errichtete er auf eiane Kosten ein Regiment und führte dasselbe. Nach dem Frieden lebte er in Paris und Florenz und verwendete sein Vermögen zu wohltätigen Zwecken und zur Förderung der Kunst.

3) Paul, Sohn des vorigen, geb. 17. Aug. 1798 in Petersburg, gest. 5. April 1840 in Mainz, machte die Feldzüge 1812–14 mit, war 1831–34 Gouverneur von Kursk. Er stiftete mit einem Teil seines Reichtums wohltätige Anstalten. Der Petersburger Akademie der Wissenschaften wies er bedeutende Fonds zu, woraus diese seit 1831 jährlich die Demidowschen Preise für die besten russischen Werke verteilt.

4) Anatolij, Fürst, Bruder des vorigen, geb. 1813 in Moskau, gest. 29. April 1870 in Paris, rief in Petersburg und andern Städten Rußlands die großartigsten Wohltätigkeitsanstalten ins Dasein und gründete bei dem ersten Auftreten der Cholera in Petersburg ein Hospital, wo er selbst die Kranken pflegte. Kunst und Wissenschaft suchte er nach allen Seiten hin zu fördern, weshalb er auch Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften wurde. 1837–40 veranstaltete er eine wissenschaftliche Expedition namhafter Naturforscher und Ingenieure nach Südrußland, die dort unter anderm Steinkohlenlager entdeckten. Die Ergebnisse dieser Expedition stellte er zusammen in dem Prachtwerk »Voyage dans la Russie méridionale et la Crimée, par la Hongrie, la Valachie et la Moldavie, exécuté en 1837« (Par. 1839–49, 4 Bde.; 2. Ausg. 1854; deutsch von Neigebaur, Bresl. 1854, 2 Bde.), dem ein »Album de voyage« (Par. 1849,100 Blätter) folgte; ein Auszug aus jenem Reisewerk ist »La Crimée« (1855; deutsch, Bresl. 1855). Auch ein »Album pittoresque et archeologique de la Toscane« (1871) hat man von D. Außerdem erschienen von ihm: »Lettres sur l'empire de Russie« (Par. 1840); »Observations météorologiques etc. à Nyjne-Tagielsk« (das. 1839ff.) etc. D. vermählte sich 1. Nov. 1840 in Florenz mit der Prinzessin Mathilde Bonaparte (s. Bonaparte 4 c), einer Tochter des Königs Jérôme, von der er sich 1845 wieder trennte. Er war hierauf russischer Geschäftsträger zu Florenz, wo er zugunsten des regierenden Hauses wie des päpstlichen Stuhles 1849 umsichtig tätig war. Beim Ausbruch des Krimkriegs schenkte er dem russischen Staatsschatz 1 Mill. Silberrubel und ward dafür zum Wirklichen Staatsrat ernannt. Vom Großherzog von Toskana war er schon früher zum Fürsten von San Donato ernannt worden. Seine hervorragende Gemäldegalerie wurde durch Versteigerung überallhin zerstreut.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 628.
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