Lucas van Leiden

[764] Lucas van Leiden, eigentlich Lucas Jacobsz, von den Italienern Luca d'Olanda genannt, holländ. Maler, Kupferstecher und Zeichner für den Holzschnitt, geb. 1494 in Leiden, gest. daselbst 1533, hatte anfangs seinen Vater Huigh Jacobsz zum Lehrer und erregte schon in seinem zwölften Jahre durch eine Darstellung der Legende vom heil. Hubertus mit Wasserfarben auf Leinwand Aufsehen. Ein Blatt, den Mönch Sergius darstellend, den Mohammed in seiner Trunkenheit ermordete, das L. in seinem 14. Jahre stach, ist mit großer Gewandtheit des Stichels ausgeführt. 1509 erschienen von ihm neun Stiche in Form runder Medaillons, mit Szenen aus der Lebensgeschichte Christi; 1510 ein Stich, auf dem eine nackte Frau einen Hund von Insekten befreit, und der zu seinen seltensten Blättern gehört. Nach dem Tode seines Vaters genoß L. noch den Unterricht des Malers Cornelis Engelbrechtsen. 1510 erschien sein Ecce homo, und schnell folgte jetzt ein Kunstwerk dem andern. Seine größte Komposition ist der Kalvarienberg (1517), der wegen des Reichtums an Figuren (80) als sein Meisterwerk gilt. L. arbeitete mit einer leidenschaftlichen Emsigkeit, doch trübte ein Hang zur Schwermut sein Leben. 1521 traf Dürer mit ihm in Antwerpen zusammen, in dessen Malergilde L. 1522 eingeschrieben wurde. 1527 bereiste er Belgien in Gemeinschaft mit Jan Mabuse und trat mit großem Luxus auf. Diese Reise zog ihm jedoch eine Krankheit zu, die ihn nicht mehr verließ. Seine letzten sechs Lebensjahre brachte er auf dem Krankenbett zu, vermochte jedoch auch in liegender Stellung zu zeichnen oder in Kupfer zu stechen. Auch malte er in dieser Zeit (1531) noch sein letztes Gemälde in Öl: den Heiland, einem Blinden das Gesicht wieder verleihend (Eremitage in Petersburg). Unter L.' Schöpfungen nimmt das Genrebild, das er zuerst mit Bewußtsein behandelte, eine hervorragende Stelle ein. Auch seine religiösen Bilder sind durchaus von einem genreartigen Wesen durchdrungen. Die Richtungen des damaligen Lebens, besonders des niederländischen Volkslebens, das scharf Verständige und das Phantastische sind in L.' Werken zu einem Ganzen verschmolzen. Die Technik in seinen Gemälden ist sein und sorgfältig. In seinen letzten Bildern, z. B. dem Triptychon mit dem Jüngsten Gericht in der Mitte und Hölle und Fegfeuer auf den Flügeln, im Stadthaus zu Leiden, erkennt man ein Bestreben, sich den Italienern zu nähern. Seine Kupferstiche und Holzschnitte (über 200) zeugen von außerordentlicher Leichtigkeit und doch großer Sorgfalt in Handhabung des Grabstichels; er stand darin unter dem Einfluß Dürers. An Feinheit des Gefühls und Mannigfaltigkeit der Erfindung steht er hinter diesem zurück, übertrifft ihn aber in malerischer Behandlung und Reichtum der Komposition. Hauptblätter sind außer den genannten: die Auferweckung des Lazarus (1508), die Versuchung des heil. Antonius (1509), die Anbetung der Könige (1513), Esther vor Ahasver (1518), Maria Magdalena (1519), Kaiser Maximilian (1520) und die Genrebilder: der Zahnarzt, der Chirurg und der Eulenspiegel. Von Gemälden sind ihm außer den genannten mit Sicherheit folgende zuzuschreiben: eine Schachpartie (in Wiltonhouse, bezeichnet), eine ähnliche Darstellung, der heil. Hieronymus in Bußübung und eine Madonna mit dem Kind und Engeln (im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin), Moses, das Wasser aus dem Felsen schlagend (1527, im Germanischen Museum zu Nürnberg), und die Anbetung der Könige (in Buckingham Palace zu London). Vgl. A. Rosenberg in Dohmes »Kunst und Künstler«, Bd. 1; Evrard, L. de Leyde et Albert Dürer (Brüssel 1883); Volbehr, L., Verzeichnis seiner Kupferstiche etc. (Hamb. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 764.
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