Potemkin

[229] Potemkin (spr. patjóm-), Gregor Alexandrowitsch, Fürst von, Günstling der Kaiserin Katharina II. von Rußland, geb. 27. Sept. 1739 in Tschishowo bei Smolensk als Sohn eines verabschiedeten Majors (vgl. Paganien, am Schluß), gest. 16. Okt. 1791 bei Nikolajew, trat aus einem geistlichen Seminar in das Militär. Er erregte schon in der ersten Zeit von Katharinas Regierung deren Aufmerksamkeit und wurde 11. Dez. 1762 zum Kammerjunker ernannt. Als der Türkenkrieg ausbrach, ging er nach dem Süden, wo er mit großer Auszeichnung focht. Als General zurückgekehrt, ward er von der Kaiserin auch zum Grafen ernannt und 1776 zu ihrem Generaladjutanten und erklärten Günstling erhoben. Bald beherrschte er die sinnliche Frau vollständig. Nichts geschah ohne seine Zustimmung, und sowohl in die innere als in die äußere Politik griff er auf verderbliche Weise ein, indem er das Land aussog, um sich in schamloser Weise zu bereichern, und die Kaiserin in immer neue Kriege und Unternehmungen stürzte. In kurzer Zeitfolge wurde er Minister, Oberbefehlshaber der Armee, Generalgouverneur der südlichen Provinzen und Großadmiral vom Schwarzen Meer. Der Kaiser Joseph II. von Österreich verlieh ihm 1776 die Reichsfürstenwürde. P. war ein gewandter Hofmann, der mit Verschlagenheit die altrussische Brutalität verband, allen edlern sittlichen Ideen aber ganz fremd war; an staatsmännischen Talenten und Kenntnissen fehlte es ihm nicht. Verdienstlich war die Gründung von Cherson, Nikolajew und andern Städten. Für die Besetzung der Krim erhielt er den Beinamen »Tawritscheskij« (Taurier). Als Katharina 1787 dorthin reiste, suchte P. sie durch die Außenseite der rasch aufgebauten Dörfer, Städte und Paläste, durch militärische Manöver der Truppen und Geschwader über das Maß des raschen Aufblühens dieser Provinzen zu täuschen. Als 1787 der zweite Türkenkrieg ausbrach, übernahm P. den Oberbefehl und erhielt nach der Erstürmung von Otschakow (17. Dez. 1788) das große Band des Georgsordens. Trotz mancher Differenzen blieb zwischen P. und Katharina bis zu des erstern Tod ein intimes Verhältnis bestehen. P. starb auf dem Wege von Jassy nach Nikolajew und wurde in Cherson bestattet. Der Großfürst Paul ließ 1798 die Gebeine Potemkins beseitigen, aber Kaiser Alexander I. ließ sie wieder bestatten. Die Stadt Cherson errichtete zu Ehren ihres Gründers P. 1836 dessen Bildsäule von Bronze. Vgl. Saint-Jean (Sekretär des Fürsten), Lebensbeschreibung des G. A. P. des Tauriers (hrsg. von Rothermel, Karlsr. 1888).[229]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 229-230.
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