Lloyd [3]

[450] Lloyd, ist in neuerer Zeit der Name für mehrere große Handels- u. Verkehrsanstalten geworden. Derselbe entlehnt sich von dem weltberühmten a) Lloyd's Kaffeehaus, einer Restauration im Börsengebäude in London, welche von einem Irländer, Namens Lloyd, begründet, in die Hände einer Gesellschaft gelangte u. schon zu Anfang des 18. Jahrh. der Versammlungsort der Kaufleute, Versicherer u. Versicherungsmäkler war. Es wurden hier nur Geschäfte abgemacht u. höchst wenig genossen. Es hat Correspondenten u. Agenten in allen Handelsplätzen der Erde, deren Berichte offen ausliegen; die genauesten Listen über Ankunft u. Abgang von Schiffen in allen Theilen der Erde werden daselbst gehalten; auch wird eine Klassisication aller englischen Schiffe zum Behuf der Versicherung fortwährend geführt, nach der man sich in allen englischen Häfen innerhalb u. außerhalb Europa's richtet. Die Berichte der Agenten u. Correspondenten werden sofort angeschlagen, od. sofern sie wichtig sind, in der Loyd's list veröffentlicht. Letzteres Blatt erschien anfangs wöchentlich, wird aber seit 1800 täglich ausgegeben. Schon seit längerer Zeit sind die Zimmer u. Räume des Etablissements getheilt; nur einige derselben sind dem Publikum geöffnet u. dienen ihrer ursprünglichen Bestimmung, als Kaffeehaus; zu den andern haben nur die Abonnenten Zutritt. Durch die Feuersbrunst, welche am 10. Jan. 1838 die Börse vernichtete, wurden auch die Räumlichkeiten von Lloyd's Kaffeehaus betroffen, jedoch hat letzteres in dem 28. Oct. 1844 eröffneten neuen Börsengebäudeseinen Platz wieder erhalten. Unter den ähnlichen Instituten in andern Ländern, denen das englische zum Vorbild diente u. die auch den Namen L. annahmen, ist das bedeutendste b) der L. Austriăce od. der Österreichische L. (I. R. Privilegiato L. [450] Austriaco), welcher in Triest seinen Sitz hat u. gegenwärtig aus drei großen Abtheilungen besteht. Die erste derselben umfaßt 29 Versicherungskammern, welche alle Branchen des Assecuranzwesens in ihren Bereich ziehen. Diese Abtheilung bildet den Stamm des ganzen Instituts, welches 1833 auf Vorschlag u. durch Karl Ludwig von Bruck (s.d.), damals Secretär der Aziende Assecuratrice, ins Leben gerufen wurde. Die gemeinsamen Interessen der Triester Seeversicherungskammern waren bis dahin nur sehr mangelhaft von einer Commission vertreten gewesen, ging aber jetzt an einen umfassenden Verein über, der sich aus den Vertretern der Versicherungskammern u. aus Kaufleuten bildete, Agenten u. Correspondenten an fremden Plätzen erwählte, Register über die Schiffe führte, bes. aber dem gesammten Versicherungswesen seine Aufmerksamkeit zuwenden sollte. Die umlaufenden Berichte u. aufgesammelten Notizen wurden zuerst nur den Theilnehmern des Vereins in einem Lesesaale, bald aber auch, soweit sie dazu geeignet schienen, dem größern Publikum durch eine Zeitung, Giornale del Lloyd Austriaco (seit 1834), dessen italienischer Ausgabe bereits 1836 auch eine deutsche folgte (im März 1854 suspendirt u. im December 1854 unterdrückt), zugänglich gemacht. Das Bedürfniß einer schnellern u. regelmäßigen Verbindung mit den Häfen der Ionischen Inseln, Griechenlands u. der Türkei führte zur Begründung der zweiten Abtheilung des Österreichischen L., der Dampfschifffahrtsgesellschaft des Österreichischen L., zu welcher Bruck mit K. Regensdorff den Plan entworfen hatte, der auch unter Mitwirkung des Hauses Rothschild zur Ausführung kam; der erste Präsident des Directoriums war Franz Theodor von Reyer, der Chef des Hauses Reyer u. Schlick in Triest; die erste Generalversammlung der Actionnäre wurde am 9. April 1837 gehalten; am 16. Mai desselben Jahrs legte das erste in London erbaute Dampfschiff die erste Fahrt nach Constantinopel zurück. Seitdem gab die Gesellschaft ihrer Wirksamkeit eine immer weitere Ausdehnung, indem sie nach u. nach die verschiedenen Hafenplätze des Adriatischen Meeres, die wichtigsten Punkte der Levante, seit 1849 auch Ägypten u. seit 1856 auch die Westlüste des Schwarzen Meeres u. die untere Donau bis aufwärts nach Galacz u. Ibraila in das Bereich ihrer Fahrten zog. Durch Verträge wurden ihr von der österreichischen Regierung der Postdienst auf allen diesen Linien übertragen; auch gewährten ihr Verträge mit der englischen Peninsular and Oriental Compagny, der französischen Gesellschaft der Messageries nationales, (1852) mit der österreichischen Regierung über die Dampfschifffahrt auf dem Po u. (1856) mit der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft nicht unbedeutende Vortheile u. Erleichterungen. Das Gründungscapital von 11/2 Mill. Gulden war indessen auf 3 Mill. Gulden erhöht u. eine Anleihe im Maximalbetrag von 4 Mill. abgeschlossen worden. Für die zahlreichen Dampfer der Gesellschaft (58 im Jahre 1856) wurde in Triest seit 1853 ein eigenes großartiges Arsenal mit Dock errichtet. Die dritte Abtheilung, die Literarisch-artistische Abtheilung des Österreichischen L., wurde als solche erst 1849 begründet; dieselbe umfaßt die großen Lesesäle im neuen Börsengebäude (Tergesteum) in Triest; eine Buchdruckerei, Ateliers für Holzschnitt, Stahl- u. Kupferstich. Im Verlage dieser Section werden mehrere Zeitungen u. Zeitschriften (Pesther L. seit 1854; Hausbuch des Österreichischen L. etc.), sowie andere Bücher (wie z.B. die illustrirten Reisebücher; Busch's Handbuch für Reisende im Orient etc.) herausgegeben. Jede der drei Abtheilungen des Österreichischen L. wird nach besondern Statuten u. von einem eigenen Vorstande geleitet; die gemeinsamen Angelegenheiten werden durch die Centraldelegation besorgt, welche aus zwei Mitgliedern jedes einzelnen Vorstandes besteht. Das Gedeihen des österreichischen Instituts gab Veranlassung zur Begründung c) des Norddeutschen L. in Bremen (1856), der fortwährend in Ausdehnung begriffen ist. Er unterhält regelmäßige Dampfschifffahrten zwischen Bremen u. Neu York, Bremen u. London u. Hull; besorgt die Passagierfahrten auf der Unterweser (zwischen Bremen, Bremerhafen u. Oldenburg), sowie auf der Oberweser (zwischen Bremen u. Münden), wozu während der Badesaison noch eine solche zwischen Bremen u. Norderney kommt. Infolge einer Vereinigung mit einer niederländischen Schifffahrtsgesellschaft (in Rotterdam) ist seit 1860 Liverpool in das Bereich des Norddeutschen L. gezogen. d) Ein Sicilianischer L. (L. siciliano) wurde im August 1853 zu Palermo begründet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 450-451.
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