Berlichingen

[227] Berlichingen (Götz oder Gottfr. von), mit der eisernen Hand, geb. um 1482 auf der Burg Jaxthausen im jetzigen Königreiche Würtemberg, ein tapferer, heldenkühner Ritter, ausgezeichnet durch Treue in Erfüllung gegebener Versprechungen, aber zugleich auch ein Verfechter des damals erlöschenden mittelalterlichen Faustrechts, der eine Wegelagerung gegen reisende Kaufleute nicht für unerlaubter halten mochte, als die Jagd auf Thiere des Waldes. Nur kurze Zeit litt ihn seine Neigung zum Waffenhandwerk in der Schule zu Hall am Kocher und schon 1495 begleitete er einen Verwandten zum Reichstage nach Worms, wo der allgemeine Landfriede eingeführt wurde. B. trat dann in die Dienste des Markgrafen Friedrich von Brandenburg, unter dem er im kais. Heere an den Zügen nach Burgund, Lothringen und Brabant und 1499 gegen die Schweiz Theil nahm. Die Ritterwürde erhielt er 1500, focht 1502 unter Markgraf Kasimir von Brandenburg gegen Nürnberg, 1504 im landshuter Successionskriege auf der Seite Herzog Albrecht's von Baiern und verlor bei der Belagerung von Landshut durch einen Schuß die rechte Hand, welche er mittels einer sehr künstlich gearbeiteten eisernen ersetzte. Dieser Verlust hinderte den kriegslustigen B. nicht, mit Rittern und Städten viele Fehden siegreich auszufechten, wodurch er aber den Landfrieden dermaßen störte, daß endlich vom Kaiser die Acht über ihn ausgesprochen wurde. Durch Schadenersatz und Angelobung, sich künftig ruhig zu verhalten, wurde er derselben bald enthoben, war aber auch ebenso bald wieder in den Waffen, stand seinem Freunde Franz von Sickingen gegen Worms und andere Städte und 1519 dem Herzog Ulrich von Würtemberg gegen den allen fehdelustigen Rittern verhaßten schwäb. Bund bei. Mangel an Lebensmitteln und Munition zwang ihn, die tapfer vertheidigte Stadt Möckmühl gegen ausbedungenen freien Abzug zu übergeben, allein man nahm ihn trotzdem verrätherischerweise gefangen, lieferte ihn der Stadt Heilbronn aus und erst nach 31/2 Jahren erhielt er gegen 2000 Gulden Lösegeld die Freiheit wieder. Ruhig lebte er auf seiner 1516 erkauften Burg Hornberg am Neckar, als der Bauernkrieg ausbrach und er wider Willen genöthigt wurde, auf vier Wochen Hauptanführer der Empörer zu werden. Er war es aber nur dem Namen nach, hielt sich fern von Gewaltthaten und kehrte nach Ablauf der Frist auf seine Burg zurück. Als er deshalb nach hergestellter Ruhe im Vertrauen auf die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände vor dem Gerichte des schwäb. Bundes in Augsburg erschien, wurde er eingekerkert und erst nach zwei Jahren freigelassen, nachdem er Urfehde geschworen, d.h. versprochen hatte, kein Pferd mehr zu besteigen, keine Nacht außer seiner Burg zuzubringen, sein Gebiet nicht zu überschreiten, sich wegen seiner Haft nicht zu rächen und für Verletzung einer dieser Punkte 25,000 Gulden zu bezahlen. Elf Jahre ertrug er diesen Burgbann, bis Kaiser Karl V. ihn löste, worauf der alte Held sich noch mehrmals im Feldlager in Ungarn und Frankreich zeigte, bevor er 1562 auf seiner Burg starb und in der Familiengruft im Kloster Schönthal bestattet wurde. Seine selbstverfaßte und mehrmals gedruckte Lebensbeschreibung ist ein interessanter Spiegel jener Zeit und veranlaßte Göthe zu seinem berühmten Schauspiele.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 227.
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