Johann Friedrich I.

[504] Johann Friedrich I., genannt der Großmüthige, berühmt durch seine Verdienste um die hart bedrängte evangelische Kirche, geb. 1503, war der letzte Kurfürst von Sachsen aus der Ernestinischen Linie. Nach dem Tode seines Vaters, des Kurfürsten Johann des Beständigen, übernahm er 1532 in seinem und seines unmündigen Bruders Johann Ernst Namen, die Regierung der väterlichen Lande und wurde 1535 zu Wien feierlich mit der Kurwürde belehnt. I. war Mitglied des schmalkaldischen Bundes und half als solches den Herzog Heinrich von Braunschweig vertreiben, welcher ein Feind der protestantischen Fürsten war, Mordbrenner in ihr Land geschickt hatte und die protestantischen Städte drückte. Die Einführung der Kirchenreformation im Domstifte zu Naumburg und die Türkensteuer in Wurzen erregten einen Zwist zwischen dem Kurfürsten und seinem Vetter, dem nachher so berühmt gewordenen Moritz (s.d.), damals Herzog von Sachsen; Kriegsheere rückten 1542 von beiden Seiten aus, aber der Friede wurde, noch ehe es zu einem Treffen kam, durch den Landgrafen von Hessen vermittelt und die feindlichen Krieger aßen friedlich zusammen ihre Osterfladen in Wurzen, daher spöttlich dieser Feldzug der Fladenkrieg genannt wurde. Ernstlich aber wurde der 1546 ausgebrochene schmalkaldische Krieg. Lange zögerte der Kurfürst, ehe er entscheidende Schritte der Verbündeten zuließ, um seine Pflicht gegen den Kaiser nicht zu verletzen und die Waffen nur zur Vertheidigung brauchen zu dürfen. Nachdem er aber mit dem Landgrafen von Hessen vom Kaiser für einen Rebellen, Meineidigen und Hochverräther und in die Acht erklärt worden war, ließ er seine Truppen mit denen der Bundesgenossen ins Feld rücken. Während aber der Kurfürst auf diese Weise außerhalb seines Landes war, fiel in dieses Herzog Moritz von Sachsen ein, welchen, sowie den König Ferdinand von Böhmen, Kaiser Karl V. mit Vollziehung der Acht beauftragt hatte. Um nicht den Böhmen in die Hände zu fallen, ergab sich das ganze Kurfürstenthum mit Ausnahme von Wittenberg, Eisenach und Gotha dem Herzog Moritz. Im Dec. 1546 kehrte der Kurfürst in sein Land zurück, nahm dasselbe dem Feinde wieder ab und eroberte auch einen Theil von den Besitzungen Moritz's, nachdem er den diesem zu Hülfe kommenden Markgraf Albrecht von Brandenburg in Rochlitz überfallen und gefangen genommen hatte. Bald war dem Herzog Moritz all sein Land, bis auf Dresden, Leipzig, Pirna und Zwickau, entrissen. Nachdem Kaiser Karl den schmalkaldischen Bund in Süddeutschland vernichtet hatte, verband er sich mit dem [504] Könige von Böhmen und Herzog Moritz und zog nun gegen den Kurfürsten. Dieser brach die Elbbrücke bei Meißen ab und suchte Wittenberg zu erreichen; aber bei Mühlberg (1547) ging der Kaiser mit seinem Heere durch die Elbe, es kam zum Treffen, in welchem das Heer des Kurfürsten völlig geschlagen und er selbst verwundet und gefangen genommen wurde. Der Kaiser ließ über den Kurfürsten das Todesurtheil fällen, wurde jedoch durch Verwendung des Kurfürsten Joachim von Brandenburg zu mildern Maßregeln gestimmt. I. mußte für sich und seine Nachkommen auf die kurfürstl. Würde Verzicht leisten, welche auf Herzog Moritz überging, und sollte so lange in Gefangenschaft bleiben, als es dem Kaiser gefallen würde. In Halle demüthigte sich hierauf auch der Landgraf von Hessen vor dem Kaiser, dieser aber hielt auch ihn gefangen, obschon sich Moritz von Sachsen gegen den Landgrafen für seine Freiheit verbürgt hatte. Moritz, erzürnt über das Verfahren des Kaisers, fiel nun 1552 mit einer bedeutenden Heeresmacht in Schwaben ein und der Kaiser sah sich zur Flucht und zur Freigebung I.'s genöthigt. Dieser ging nach Thüringen zurück und wurde mit ungemessener Freude empfangen. Er machte in der Folge noch mancherlei Versuche, die verlorene Kurwürde wieder zu erlangen, welche jedoch scheiterten. Die evangelische Kirche, an welcher er nach wie vor mit herzlicher Frömmigkeit hing, erfreute sich seines Schutzes bis an seinen 1554 erfolgten Tod.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 504-505.
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