Alliance Israélite universelle

[347] Alliance Israélite universelle, ein 1860 zu Paris gegründeter, über die ganze Erde ausgedehnter Verein, dessen aus 63 Mitgliedern (25 in Paris selbst wohnhaft) bestehendes Zentralkomitee seinen Sitz in Paris hat, und der es sich zur Aufgabe stellt: 1) überall für die Gleichstellung und den moralischen Fortschritt der Juden zu wirken; 2) denjenigen, die in ihrer Eigenschaft als Juden leiden, eine wirksame Hilfe angedeihen zu lassen; 3) jeder Schrift seine Unterstützung zu gewähren, die geeignet ist, diese Resultate herbeizuführen. Der erste Präsident der A. war Königswarter, dann folgten Ad. Crémieux 1863 bis 1866 und 1868–80, dazwischen Professor Salomon Munk und 1880–98 S. H. Goldschmidt. Gegenwärtig steht N. Leven an der Spitze. Die A. zählte Ende 1891: 31,000 Mitglieder, wovon etwa ein Drittel auf Deutschland kommt, besitzt ein Grundkapital von ungefähr 700,000 Frank, verwaltet für die Erhaltung von israelitischen Schulen in der Türkei einen Fonds von 10 Mill. Fr., gestiftet von Baron und Baronin v. Hirsch, und bezieht an jährlichen Beiträgen und Geschenken ca. 170,000 Fr. Sie wirkt durch Interventionen bei den Regierungen oder deren Vertretern, durch Gründung und Unterhaltung von Schulen in den Ländern, wo es an solchen fehlt, durch Unterbringung von Zöglingen derselben bei Handwerksmeistern, durch Unterstützung behufs Herausgabe von jüdischen wissenschaftlichen Werken etc. Außer vielen von der A. gegründeten Schulen im Orient (in der Türkei, Ägypten, Marokko, Persien, Bulgarien, Tunis und anderswo 106 Schulen mit 29,500 Schülern) besitzt sie noch drei Ackerbauschulen in Jafa bei Jerusalem (zur Aufnahme von 200 Zöglingen bestimmt, gegenwärtig von 174 besucht), in Djedeïda bei Tunis mit 160 Zöglingen und in Or Jehuda bei Smyrna mit 60 Zöglingen, ferner Handwerkerschulen. Die Hauptkomitees der A. in Deutschland sind zu Köln, Breslau, Posen, Mannheim, Nürnberg, Dürkheim. In Köln werden die deutschen Monats- und Semesterberichte gedruckt und verschickt. In den Zeiten der Vertreibungen und Ausweisungen der Juden aus Rußland (1881/82 und später) hat die A. eine umfangreiche Hilfstätigkeit entfaltet. 1900 bis 1901 hat sie große Summen in Rumänien für Volksküchen und Auswanderung verwendet. – Vereine mit ähnlichen Zielen sind die Anglo-Jewish Association und der Board of Deputies in London, die Israelitische Allianz in Wien, der Board of Delegates in New York und der Hilfsverein der deutschen Juden, die aber, mit Ausnahme der Anglo-Jewish Association, ihre Wirksamkeit mehr den Interessen des eignen Landes zuwenden.[347]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 347-348.
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