Aumale [2]

[127] Aumale (spr. omál'), 1) Claude I. de Lorraine, Graf von, fünfter Sohn des Herzogs René II. von Lothringen, der durch seine Heirat mit Jeanne d'Harcourt 1471 die Grafschaft A. erworben hatte, erbte diese, ward aber 1527 von König Franz I. zum Herzog von Guise (s. Guise 1) erhoben.

2) Claude II. de Lorraine, Herzog von, dritter Sohn des vorigen, geb. 1523, gest. 14. März 1573, ward 1547 zum Herzog von A. erhoben, 1550 Gouverneur von Burgund und zeichnete sich in den Kriegen König Heinrichs II. aus. Als Gegner Colignys, dem er den Tod seines Bruders, des Herzogs von Guise, schuld gab, verfolgte er die Hugenotten und war einer der Hauptanstifter der Bluthochzeit. Er fiel bei der Belagerung von La Rochelle.

3) Charles de Lorraine, Herzog von, Sohn des vorigen, geb. 1556, gest. 1631, ward als eifriger Verfechter der Ligue 1589 zum Kommandanten von Paris ernannt. Bei Senlis durch den Herzog von Longueville geschlagen, ging er, als der König in Frankreich anerkannt worden war, zu den Spaniern über. Er wurde vom Parlament zum Tode verurteilt und 1595 im Bilde gevierteilt; er starb in Brüssel.[127] Mit ihm erloschen die alten Herzöge von A. aus dem lothringischen Hause.

4) Heinrich Eugen Philipp Ludwig von Orléans, Herzog von, vierter Sohn des Königs Ludwig Philipp von Frankreich, geb. 16. Jan. 1822 in Paris, gest. 7. Mai 1897 in Zucco bei Palermo, trat mit 17 Jahren in die Armee und begleitete 1840 seinen Bruder, den Herzog von Orléans, als Ordonnanzoffizier nach Algerien, wo er nach mehreren Kriegszügen zum Generalmajor befördert wurde. Eine seiner glänzendsten Waffentaten war die Wegnahme der Smala Abd el Kaders (16. Mai 1843). Dafür zum Generalleutnant und Oberbefehlshaber der Provinz Konstantine ernannt, leitete er 1844 die Expedition nach Biskra. Am 25. Nov. 1844 vermählte er sich mit der Tochter des Prinzen Leopold von Salerno, Marie Karoline Auguste von Bourbon (geb. 26. April 1822). Am 27. Sept. 1847 wurde er an Bugeauds Stelle Generalgouverneur von Algerien. Auf die Kunde vom Ausbruch der Februarrevolution übergab er sein Amt dem General Cavaignac und schiffte sich nach England ein, wo er seinen Wohnsitz zu Claremont und Twickenham bei London nahm und sich namentlich durch kriegswissenschaftliche und historische Artikel literarisch bekannt machte. Infolge einer vom Prinzen Napoleon im Senat gehaltenen, für die Orléans beleidigenden Rede gab A. im April 1861 die »Lettre sur l'histoire de France« heraus, worin er den Prinzen und Napoleon III. einer empfindlichen Kritik unterzog. Aumales Hauptwerk: »Histoire des Princes de Condé, pendant les XVI. et XVII. siècles« (Par. 1869–95, 7 Bde.), konnte erst nach vielen Hindernissen und einem langen Prozeß zur Veröffentlichung gelangen. Ferner veröffentlichte er »Les institutions militaires de la France« (Brüssel 1867). Auch hielt man A. für den Verfasser der in Frankreich verbotenen Flugschrift »Qu'a-t-on fait de la France?« (Anfang 1868). Nach Ausbruch des deutsch-französischen Krieges bot der Herzog erst der kaiserlichen, dann der provisorischen Regierung vergeblich seine Dienste an. Dagegen ward er 8. Febr. 1871 in die Nationalversammlung gewählt, in der er sich dem rechten Zentrum anschloß, und in die Akademie aufgenommen. An den politischen Geschäften nahm er nur geringen Anteil und lebte zumeist auf seinem Schloß Chantilly, nördlich von Paris, das ihm mit ungeheurem Vermögen aus der Erbschaft des letzten Condé (s. d.) zugefallen war. Nachdem er 1873 dem Kriegsgericht über Bazaine präsidiert und dabei großen chauvinistischen Eifer gezeigt hatte, ließ er sich zum Kommandeur des 8. Korps in Besançon ernennen, ward 1879 Generalinspektor der Armee, aber 1886 von der Armeeliste gestrichen und 13. Juli aus Frankreich ausgewiesen; er begab sich nach Brüssel. Von hier aus veröffentlichte er sein Testament von 1884, worin er Schloß Chantilly mit seinen reichen Kunstschätzen dem Institut de France vermachte. Deswegen und weil er sich entschieden gegen die Unterstützung Boulangers durch die Orleanistische Partei ausgesprochen hatte, erhielt A. im März 1889 die Erlaubnis, nach Frankreich zurückzukehren. Hier schrieb er noch: »Les zouaves et les chasseurs à pied« (1896). Seine Gemahlin starb 7. Dez. 1867 in Twickenham. Von seinen beiden Söhnen: Louis Philippe Marie Léopold d'Orléans, Prinz von Condé, geb. 15. Nov. 1845 in Paris, und François Louis Marie Philippe d'Orléans, Herzog von Guise, geb. 5. Jan. 1854 in Twickenham, starb der erstere 24. Mai 1866 am Typhus auf einer Reise nach Australien in Sydney, der jüngere 25. Juli 1872 in Dreux. Vgl. Grand in, Le duc d'A., le prince, le soldat, l'historien (Par. 1897); Picot, Leduc d'A. (das. 1898); E. Daudet, Leduc d'A. (das. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 127-128.
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