Brescia [2]

[393] Brescia (lat. Brixia), Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz (s. oben), liegt anmutig in der lombardischen Ebene, 139 m ü. M., auf einer Vorhöhe der Alpen, an der Eisenbahn von Venedig nach Mailand, mit Zweigbahnen nach Cremona, Parma und Iseo und ist nächst Mailand die wichtigste und reichste Stadt der Lombardei. Sie bildet ein Viereck, dessen Wälle und Bastionen in Promenaden umgewandelt sind, und enthält gerade, z. T. mit Arkaden versehene Straßen und zahlreiche öffentliche Brunnen, die durch einen Aquädukt vom nahen Mompiano gespeist werden. An der Nordseite liegt auf einem die Stadt beherrschenden Felsen das alte Kastell. Bemerkenswerte Kirchen, meist mit schönen Altarbildern von Moretto, sind: der neue Dom (1604–1825) mit schöner Kuppel, im Innern einfach; daneben der alte Dom, ein Rundbau aus dem 7. Jahrh., mit Krypte; die alte Afrakirche; die Kirche Madonna dei Miracoli (von 1480), ein reichgeschmückter Renaissancebau; die kleine Kirche San Clemente mit dem Grabmal Morettos; die Kirchen San Nazaro e Celso, Madonna delle Grazie, San Giovanni u. a. Hervorragende Bauwerke sind außerdem: das Rathaus, ein schöner Renaissancebau von 1499–1775, dem gegenüber der Uhrturm und vor letzterm das Denkmal der 1849 gefallenen Brescianer steht; dann der Broletto, aus dem 12. Jahrh. (ehedem Sitz der freistädtischen Behörden). Wertvolle Sammlungen sind das Museum römischer Altertümer in einem 1820 entdeckten antiken Tempel von 72 n. Chr., das eine berühmte bronzene Viktoria enthält, ferner das 1882 errichtete Museum für altchristliche und mittelalterliche Kunst. Gemäldegalerien befinden sich in den durch Vermächtnis an die Stadt übergegangenen Palästen Tosio und Martinengo. Schöne Grabdenkmäler enthält der in der Weise antiker Begräbnisstätten angelegte Campo santo. Die Zahl der Einwohner beträgt (1901) ca. 50,000, mit dem Gemeindegebiet 70,614. In industrieller Hinsicht ist B. berühmt durch seine Eisen- und Stahlwaren-, besonders Waffenfabriken (darunter eine staatliche), wovon die Stadt von alters her den Namen »Armata« führt. Außerdem gibt es hier Fabriken für Maschinen, Zündhölzer, Leder, Wagen, Fächer, Wirkwaren, Rohseide und mehrere Buchdruckereien. Die vorzüglichsten Gegenstände des Handels sind die Erzeugnisse des Gewerbfleißes, sodann Wein, Getreide, Käse und Kolonialwaren. B. ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Appellhofs und eines Handelsgerichts; es hat ein großes Krankenhaus (1447 gegründet), ein Irrenhaus, zwei Taubstummeninstitute, ein Seminar, ein Lyzeum, 2 Gymnasien, ein technisches Institut und eine technische Schule, eine Ackerbauschule, eine Zeichenschule, ein Athenäum, eine öffentliche, 40,000 Bände starke Bibliothek (vom Kardinal Quirini 1750 gegründet) mit kostbaren Handschriften. Die Stadt ist Geburtsort Arnolds von B. (dem hier 1882 ein Denkmal errichtet wurde), der Maler Moretto und Romanino u. a.

B. war als Brixia eine Stadt der Cenomanen und wurde später römisches Munizipium. Im Mittelalter stand die Stadt unter ostgotischer, dann unter langobardischer und schließlich unter fränkischer und deutscher Herrschaft. 1238 hielt sie eine Belagerung durch Friedrich II. aus. 1258 fiel sie in die Gewalt des Ezzelino da Romano. 1311 wurde die Stadt nach mehrmonatiger Belagerung vom Kaiser Heinrich VII. erobert und grausam bestraft. Doch erlangte sie ihre Selbständigkeit wieder, ward aber 1337 den Visconti von Mailand untertan, unterwarf sich 1426 den Venezianern und verblieb diesen mit kurzen Unterbrechungen, bis sie 1797 der Cisalpinischen Republik einverleibt wurde. 1814 kam B. in den Besitz Österreichs. 1848 nötigten die Brescianer im März die österreichische Garnison zur Kapitulation. Nach der Schlacht von Custoza teilte B. das Schicksal der übrigen lombardischen Städte. Als im März 1849 der Krieg wieder ausbrach, war B. die einzige größere Stadt der Lombardei, die sich gegen Österreich erhob. Da sie sich nach der Schlacht bei Novara nicht ergeben wollte, wurde sie 30. März von Haynau angegriffen und zugleich von der in österreichischen Händen gebliebenen Zitadelle aus beschossen. Die Bewohner, auch die Frauen, verteidigten sich bis zum Mittag des 1. April; Haynau (die »Hyäne von B.«) gewährte ihnen zwar Schonung des Lebens und Eigentums, legte ihnen aber eine Kontribution von 6 Mill. Lire auf und bestrafte selbst Frauen mit körperlicher Züchtigung. Vgl. Odorici, Storie Bresciane (Brescia 1853–65, 11 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 393.
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