Daumer

[543] Daumer, Georg Friedrich, Dichter und philosoph. Schriftsteller, geb. 5. März 1800 in Nürnberg, gest. 13. Dez. 1875 in Würzburg, eine begabte, aber exzentrische und schwankende Natur, warf sich anfangs als Student der Theologie zu Erlangen dem Pietismus in die Arme, verfiel aber bald dem Zweifel und widmete sich, von Schelling angeregt, der Philosophie. Nach Erledigung seiner Studien in Leipzig wurde er 1822 Lehrer am Gymnasium seiner Vaterstadt, geriet aber wegen seiner freisinnigen Anschauungen mit dem Direktor der Anstalt in Konflikt und legte 1830 seine Stellung nieder. Den philosophischen Schriften: »Die Urgeschichte des Menschengeistes« (Berl. 1827) und »Andeutungen eines Systems spekulativer Philosophie« (Nürnb. 1831) ließ er jetzt, außer kleinern unter dem Namen Amadeus Ottokar veröffentlichten Arbeiten, eine Reihe antichristlicher Werke folgen: »Philosophie, Religion und Altertum« (das. 1833), »Züge zu einer neuen Philosophie der Religion und Religionsgeschichte« (das. 1835), »Der Feuer- und Molochdienst der Hebräer« (Braunschw. 1842) und »Die Geheimnisse des christlichen Altertums« (Hamb. 1847, 2 Bde.), in denen er zu beweisen suchte, daß die Hebräer in der ältesten Zeit und auch die Christen in den ersten Jahrhunderten Menschen geopfert hätten. Er näherte sich den Anschauungen des Mohammedanismus, für den er durch seine ansprechenden Gedichtsammlungen »Mahomet« (Hamb. 1848) und die »Liederblüten des Hafis« (das. 1846–51,2 Sammlungen) Stimmung zu machen versuchte; es sind dies seine erfreulichsten Leistungen. An die Stelle des Christentums wollte er jetzt eine »Religion der Liebe und des Friedens« setzen, die er in dem Werk »Religion des neuen Weltalters« (Hamb. 1856, 3 Bde.) zu konstruieren suchte. Endlich aber vollzog sich in den 1850er Jahren eine abermalige Wandelung seines Innern: er trat, seit einigen Jahren in Frankfurt wohnend, 1858 in Mainz zur katholischen Kirche über und wurde ein Vorkämpfer der ultramontanen Ideen. Aus dieser Periode stammen: »Meine Konversion« (Mainz 1859); »Aus der Mansarde« (das. 1860–62,6 Hefte); »Das Christentum und sein Urheber« (das. 1864); »Christina Mirabilis und Joseph von Copertino als Vorläufer einer neuen künftigen Menschengattung« (Paderb. 1864); »Aphorismen über Tod und Unsterblichkeit« (Leipz. 1865); »Das Geisterreich in Glauben, Vorstellung, Sage und Wirklichkeit« (das. 1867, 2 Bde.); »Das Wunder, seine Bedeutung, Wahrheit und Notwendigkeit« (gegen Frohschammer, Strauß u. a., Regensb. 1874). Als Dichter hat sich D. fernerhin bekannt gemacht durch »Bettina« (Nürnb. 1837), eine metrische Umschreibung einzelner Stellen aus dem »Briefwechsel Goethes mit einem Kind«, durch die unter dem Pseudonym Eusebius Emmeran veröffentlichte »Glorie der heiligen Jungfrau Maria« (das. 1841), das weltpoetische Liederbuch »Polydora« (Frankf. 1855, 2 Bde.), die »Marianischen Legenden und Gedichte« (Münst. 1859) und das Legenden- und Novellensträußchen »Schöne Seelen« (Mainz 1862) Auch verfaßte er eine Reihe von Mitteilungen über Kaspar Hauser, der in seinem Hause lebte (Nürnb. 1832, Frankf. 1859 u. Regensb. 1873).[543]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 543-544.
Lizenz:
Faksimiles:
543 | 544
Kategorien: