Fürth

[224] Fürth, 1) unmittelbare Stadt im bayr. Regbez. Mittelfranken, am Zusammenfluß der Rednitz (Regnitz) und Pegnitz, in fruchtbarer Gegend unweit des Ludwigkanals, nordwestlich von Nürnberg, 300 m ü. M. Von kirchlichen Gebäuden hat die Stadt vier evang. Kirchen (darunter die alte gotische St. Michaeliskirche), eine kathol. Kirche u. eine Synagoge.

Wappen von Fürth.
Wappen von Fürth.

Von andern Bauwerken ist besonders das nach dem Vorbilde des Palazzo Vecchio in Florenz erbaute Rathaus mit 55m hohem Turme bemerkenswert. An Denkmälern besitzt die Stadt ein schönes Kriegerdenkmal und einen Monumentalbrunnen. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1900) mit der Garnison (1 Inf. – Bat. Nr. 21, 1 Feldart.-Reg. Nr. 21, 1 Eskadron Chevaulegers Nr. 1 und 1 Trainbat. Nr. 3) auf 54,820 Seelen, davon 18,470 Katholiken und 3017 Juden. F. ist eine wichtige Fabrikstadt und bildet mit Nürnberg gleichsam Einen Industrieort. Bedeutend ist die Fabrikation von Spiegelgläsern (1500 Arbeiter) und Spiegelrahmen (1600 Arbeiter), Bronzefarben und Rauschgold, Bleistiften, Galanteriewaren, Brillen und andern optischen Waren, Spazierstöcken und Blechspielwaren aller Art. Ebenso bedeutend sind die Blattmetall-, Feingold- und Silberschlägereien, Möbel-, Drechslerwaren- und Wagendeckenfabrikation wie die Herstellung von Chromolithographien, Luxuspapier und Bilderbüchern. Außerdem besitzt F. zwei große Zichorienfabriken und größere Maschinenfabriken für Brauereieinrichtungen, Jalousiefabrikation, Gerbereien, Filzschuhfabriken, große Bierbrauereien etc. Der Handel, unterstützt durch ein Bezirksgremium, durch eine Reichsbanknebenstelle, eine Filiale der Bayrischen Notenbank und andre Bankinstitute, erstreckt sich nach allen Ländern Europas und vielen überseeischen Staaten. Ausgeführt werden hauptsächlich Bronzefarben, Blattmetall, Spiel-, Galanterie- und Manufakturwaren, Buntpapier, Reklameartikel, optische Waren, Spiegelglas etc. Außer mit seinen Industrieerzeugnissen treibt F. noch einen ausgedehnten Handel mit Eisen und andern Metallen, Hopfen, Wolle, Kolonial- und Strumpfwirkwaren, Tuch, Kohlen etc. Zur Kirchweih (Michaelis) findet alljährlich eine elftägige, stark besuchte Messe statt. Den Verkehr in der Stadt und mit Nürnberg vermittelt eine elektrische Bahn. Für den Eisenbahnverkehr ist F. Knotenpunkt der Staatsbahnlinien München-Hof und Passau-Würzburg, der Eisenbahn Nürnberg-F. und der Eisenbahn F.-Kadolzburg. An Bildungsanstalten und ähnlichen Instituten besitzt die Stadt ein Gymnasium, 2 Realschulen (eine israelitische), eine Fachschule für Holzindustrie, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Stadtbibliothek, ein israelitisches Waisenhaus, ein Mädchenwaisenhaus, ein Sanatorium für weibliche Lungenkranke, Diakonissenanstalt etc. Von Behörden haben dort ihren Sitz: ein Bezirksamt, ein Landgericht, ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt und das Kommando der 5. Feldartilleriebrigade. Die städtischen Behörden zählen 21 Magistratsmitglieder und 42 Stadtverordnete. 3 km westlich von F. liegt die alte Fest e, eine ehemalige, 1388 im Städtekrieg zerstörte Burg, die im Dreißigjährigen Kriege Kern des Wallensteinschen Lagers bei F.-Nürnberg war, mit einem Turm, von dem man eine herrliche Rundsicht hat. Zum Landgerichtsbezirk F. gehören die 8 Amtsgerichte: Erlangen, F., Herzogenaurach, Kadolzburg, Markterlbach, Neustadt a. A., Scheinfeld und Windsheim. F. verdankt seine Entstehung einer Kapelle, die Karl d. Gr. zu Ehren des heil. Martin erbauen ließ. Später kam die Vogtei F. an die Burggrafen von Nürnberg und wurde von Konrad III. 1314 dem Bistum Bamberg hinterlassen. Im Dreißigjährigen Kriege schlug Wallenstein 16. Juli 1632 bei F. das befestigte Lager auf, das Gustav Adolf 3. Sept. vergeblich zu erstürmen versuchte; 1634 wurde F. von den Kroaten niedergebrannt. Kaum wieder erbaut, brannte es 1680 noch einmal ab. Es kam 1792 unter preußische und 1806 unter bayrische Herrschaft; 1818 erhielt es Stadtrecht. Vgl. Fronmüller, Chronik der Stadt F. (2. Ausg., Fürth 1887); Morgenstern, Die Fürther Metallschlägerei (Tübing. 1890); Lotter, Großindustrie und Großhandel von Nürnberg-F. und Umgebung (Nürnb. 1894); Wüstendörfer, Wanderungen durch F. (Fürth 1898). – 2) Flecken in der hess. Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim, im Odenwald und an der preußisch-hess. Staatsbahnlinie Weinheim-F., hat eine kath. Kirche, Amtsgericht und (1900) 1454 Einw.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 224.
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