Jellinek

[221] Jellinek, 1) Adolf, jüd. Gelehrter, geb. 26. Juni 1821 zu Drslawitz bei Ungarisch-Brod in Mähren, gest. 28. Dez. 1893 in Wien, widmete sich in Prag und seit 1842 in Leipzig orientalischen, talmudischen und philosophischen Studien und ward 1845 Prediger der israelitischen Gemeinde in Leipzig, 1856 in Wien, woselbst er in der Folge auch als Präsident des Bet-ha-Midrasch, einer Lehranstalt für talmudische Wissenschaft, wirkte. Er zählte zu den bedeutendsten israelitischen Gelehrten und Kanzelrednern der Gegenwart. Außer Predigten veröffentlichte er: »Sefat Chachamim, oder Erklärung der in den Talmuden etc. vorkommenden persischen und arabischen Wörter« (Leipz. 1846, Nachtrag 1847); eine Einleitung zu Bachjas »Chobot-ha-Lebabot« (das. 1846); Ausgaben der religiösen Gedichte Salomo Ibn Gabirols, des Wörterbuchs »Maarich« von Menachem Losano (das. 1853); eine Sammlung älterer Midraschim: »Betha-Midrasch« (Bd. 1–4, das. 1853–57; Bd. 5 u. 6, Wien 1873–77); »Der jüdische Stamm. Studien und Skizzen« (Wien 1869); »Der jüdische Stamm in nichtjüdischen Sprichwörtern« (das. 1881–85, 3 Tle.), bibliographische Einzelschriften und zahlreiche andre Monographien sowie außer der Übersetzung von Francks Werk über die Kabbala (das. 1844): »Beiträge zur Geschichte der Kabbala« (das. 1851–52,2 Hefte), »Moses ben Schem-Tob de Leon etc.« (das. 1851) und eine »Auswahl kabbalistischer Mystik« (das. 1852). Vgl. »Lichtstrahlen aus den Reden Jellineks« (hrsg. von Kurrein, Wien 1891).

2) Hermann, Bruder des vorigen, geb. 22. Jan. 1823 in Drslawitz, gest. 23. Nov. 1848 in Wien, widmete sich zuerst theologischen Studien, dann aber der Philosophie. 1847 wegen Beteiligung an politischen und kirchlichen Parteikämpfen aus Leipzig und später auch aus Berlin ausgewiesen, kam er beim Ausbruch der Märzrevolution nach Wien. Obwohl er sich an den Kämpfen nicht unmittelbar beteiligt hatte, wurde er nach Niederwerfung des Aufstandes wegen seiner publizistischen Tätigkeit in Zeitungen als Volksaufwiegler 5. Nov. verhaftet und mit Becher standrechtlich erschossen. Von seinen Schriften sind zu nennen: »Die religiösen Zustände der Gegenwart oder Kritik der Religion der Liebe« (Zerbst 1847), »Uriel Acostas Leben und Lehre« (das. 1847), »Kritische Geschichte der Wiener Revolution vom 13. März bis zum konstituierenden Reichstag« (Wien 1848) und »Kritischphilosophische Schriften« (Leipz. 1849).

3) Georg, Publizist, Sohn von J. 1), geb. 16. Juni 1851 in Leipzig, studierte in Wien, Heidelberg und Leipzig, betrieb während dieser Zeit neben juristischen auch philosophische, nationalökonomische und literarhistorische Studien, trat 1874 in den österreichischen Verwaltungsdienst, den er aber nach einiger Zeit wieder verließ, um ganz wissenschaftlichen Arbeiten zu leben. Er habilitierte sich 1879 in der Wiener Juristenfakultät und wurde 1883 in derselben zum Professor des Staatsrechts ernannt, nahm jedoch im September 1889 seine Entlassung und folgte bald darauf einem Ruf an die Universität Basel, von wo er Ende 1890 nach Heidelberg berufen wurde. Seine Hauptschriften sind: »Die sozial-ethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe« (Wien 1878); »Die rechtliche Natur der Staatenverträge« (das. 1880); »Die Lehre von den Staatenverbindungen« (das. 1882); »Österreich-Ungarn und Rumänien in der Donaufrage« (das. 1884); »Ein Verfassungsgerichtshof für Österreich« (das. 1885); »Gesetz und Verordnung« (Freiburg i. Br. 1887); »System der subjektiven öffentlichen Rechte« (das. 1892); »Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte« (Leipz. 1895,2. erweiterte Auflage 1904); »Das Recht der Minoritäten« (Wien 1898); »Das Recht des modernen Staates« (Berl. 1900, Bd. 1) u. a. Er gibt seit 1902 zusammen mit Piloty das von Marquardsen begründete »Handbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart« und mit Gerhard Anschütz (früher mit Georg Meyer) »Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen« (Leipz. 1895 ff.) heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 221.
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