Montalembert

[86] Montalembert spr. mongtalangbǟr), 1) Marc René, Marquis de, franz. Ingenieur, geb. 16. Juli 1714 in Angoulême, gest. 29. März 1800 in Paris, wohnte von 1736–41 verschiedenen Feldzügen in Italien, Flandern und Deutschland (Belagerungen von Kehl und Philippsburg) bei, schrieb während der folgenden Friedensjahre zahlreiche Abhandlungen für die Akademie, deren Mitglied er 1747 wurde. Auch legte er aus[86] eignen Mitteln Munitionsgießereien in Périgord und Angoumois an, aus denen er die französische Flotte mit eisernen Kanonen und Geschossen versorgte. Während des Siebenjährigen Krieges war er zwei Jahre französischer Kommissar bei den russischen und schwedischen Truppen, leitete die Befestigung von Anklam und die Verstärkung von Stralsund, wurde später nach den Inseln Aix und Oléron gesandt und befestigte die letztere nach dem von ihm erfundenen System (s. Festung, S. 475). Er ist Erfinder der niedrigen Rahmenlasseten. Trotz seines alten Adels war er ein entschiedener Anhänger der Revolution. Sein Hauptwerk: »La fortification perpendiculaire« (Par. 1776), wurde mehrfach heftig angegriffen, und M. antwortete mit dem Werk: »L'art défensif supérieur á l'offensif« (1796, 11 Bde.; teilweise deutsch von Hoyer, Berl. 1820, 4 Bde.).

2) Charles Forbes de Tryon, Graf von, franz. Publizist und Staatsmann, Sohn des französischen Gesandten in Stockholm, Grafen Marc René Anne Marie von M., geb. 29. Mai 1810 in London, wo sein V.ster im Exil lebte, gest. 13. März 1870 in Paris. Er war zuerst Mitarbeiter Lamennais' (s. d.), von dem er sich erst nach den »Worten eines Gläubigen« trennte. Seit 1831 Pair von Frankreich, gab er 1843 durch eine Broschüre über »Die Pflichten der Katholiken« das Signal zum Ausbruch des Kampfes um die Unterrichtsfreiheit, verteidigte 1845 den Jesuitenorden und gründete 1847 den »Ausschuß für Religionsfreiheit«. Auch für die Katholiken in Polen, Syrien, Griechenland und der Schweiz erhob sich seine beredte Stimme. Am 28. Febr. 1848 erklärte er sich für die Republik Frankreich, nahm in der Nationalversammlung auf der äußersten Rechten Platz und ward nach dem Staatsstreich auch in den Gesetzgebenden Körper gewählt. Seit 1852 Mitglied der Akademie, wurde M. einer der Begründer derjenigen Partei, die gleichgültig gegen politische Prinzipien, mit den Mitteln der modernen Freiheit in Presse und Vereins organisation einzig und allein für die Rechte und die Macht der katholischen Kirche kämpft. Mit um so größerm Schmerz erfüllte es ihn, daß diese Partei, durch die von ihm verteidigten Jesuiten verleitet, sich selbst mit Proklamation der päpstlichen Unfehlbarkeit einen »tödlichen Schlag« versetzte. Vergeblich protestierte er gegen die Pläne der Jesuiten und das Dogma in einem Briefe vom 7. März 1870. Unter seinen Schriften nennen wir: »Histoire de sainte Élisabeth de Hongrie« (Par. 1833, 22. Aufl. 1903; auch illustrierte Ausg., Tours, 5. Aufl. 1903; deutsch von Städtler, zuletzt Einsiedeln 1888); »Des intérêts catholiques an XIX. siècle« (1852; deutsch von Reiching, Tübing. 1853); »Les moines d'Occident, depuis saint Benoît jusqu'à saint Bernard« (1860–67, 5 Bde.; 5. Aufl. 1874–77, 7 Bde.; deutsch von Brandes u. Müller, Regensb. 1860–78, 7 Bde.; Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl. 1880–85); »Le père Lacordaire« (2. Aufl. 1862; deutsch, Münster 1862); »Le Pape et la Pologne« (1864). Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1861–68 in 9 Bänden, dazu seine »Discours« (2. Aufl. 1892, 3 Bde.) und sein Briefwechsel mit Texier (1899) und Léon Cornudet (1905). Vgl. Fridolin Hoffmann, M., der französische O'Connell (Mannh. 1876); Foisset, Le comte de M. (Par. 1877); Lecanuet, M. d'après ses papiers et sa correspondance (das. 1895–1901, 3 Bde.; Bd. 1 u. 2 in 3. Aufl.); de Meaux, Montalembert (das. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 86-87.
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