Nádasdy [2]

[369] Nádasdy (spr. nādaschdj), altes ungarisches Adelsgeschlecht, das seit 1625 die Grafenwürde hat. Es ist im Besitz des großen Majorats Fogaras und blühte in zwei Linien, von denen die jüngere 2. Aug. 1860 mit dem Grafen Thomas von N., österreichischem Feldmarschalleutnant, im Mannesstamm erlosch. Das Haupt der ältern ist gegenwärtig Graf Franz von N., geb. 28. Juni 1842. Sein Großoheim, Graf Michael von N., geb. 6. Sept. 1775, gest. 18. März 1854, war eine Zeitlang österreichischer Staats- und Konferenzminister. Ein Sohn des letztern, Graf Franz Seraphin von N., geb. 1. April 1801, gest. 1. Nov. 1883 in Wien, Anhänger des Bachschen Zentralismus', war von 1857–60 Justizminister, dann Präsident des Reichsrats, endlich 7. Nov. 1861–65 Hofkanzler für Siebenbürgen und österreichischer Minister und bewirkte, daß die Siebenbürger Sachsen den Wiener Reichstag beschickten. Andre Sprößlinge des Geschlechts sind:

1) Thomas, Palatin von Ungarn, geb. 1498, gest. 2. Juni 1562 in Ofen, verschaffte sich in Bologna und Rom eine höhere Bildung, ward dann König Ludwigs II. Geheimschreiber und Gesandter, wirkte nach dessen Tode für Ferdinands von Österreich Wahl zum König und ward als Kommandant von Ofen 1529 nach hartnäckiger Verteidigung von den Türken gefangen genommen. Auf Verwendung Ludovico Grittis bei Zápolya mit dem Tode verschont, hing er fortan diesem an und erhielt zum Lohn Herrschaft Fogaras und Huszt als »Erbherr«. Später (1533) wandte er sich wieder Ferdinand zu, ward zunächst Banus, dann 1559 Palatin. Als Anhänger der Reformation hat er gleichfalls hervorragende Bedeutung; er begründete in Uj-Sziget eine protestantische Schule und Druckerei, wozu Melanchthon den Anstoß gegeben hatte. Auch ließ er die Bibelübersetzung Silvesters auf seine Kosten drucken. Seine KorrespondenzCsaládi Levelezés«) gaben Árpád Károlyi und Jos. Szalay heraus (Budap. 1882).

2) Franz (III.), Urenkel des vorigen, Enkel des Generals Franz N. (1555–1603) und der Prinzessin Elisabeth Báthori (s. d.), der 1611 wegen ihrer grausamen Mädchenschlächtereien der Prozeß gemacht wurde, Sohn des Grafen Paul N. und der Gräfin Judith von Révay, Günstling des Kaisers Leopold I., war ein hochgebildeter Mann und Besitzer einer kostbaren Bibliothek; er wirkte als oberster Richter, wurde aber dann als Teilhaber an einer Verschwörung des ungarischen Adels zur Aufrechthaltung seiner Rechte und Freiheiten auf Leopolds I. Befehl 30. April 1671 in Wien enthauptet. Er gab das Werk des Grafen Petrus Révay: »De monarchia et S. corona regni Hungariae«, in neuer vermehrter Auflage heraus (Frankf. 1659). Ihm selbst werden zugeschrieben: »Mausoleum regni apostolici hungarici regum et primorum ducum« (lat. u. deutsch, Nürnb. 1664); »Cynosura juristarum« (Pottendorf 1658). Vgl. Vértesy, F. N. als Schriftsteller (Budap. 1904). In seinem Nachlaß fand sich ein »Elmélkedések« (d.h. Gedanken) betiteltes Werk vor, das erst 1705 auf Befehl Franz II. Rákóczis gedruckt wurde.

3) Franz (V.) Leopold, Graf von, Enkel des vorigen, geb. 30. Sept. 1708 zu Radkersburg in Steiermark, gest. 22. März 1783 in Karlstadt, machte schon als Oberst eines Husarenregiments von 1734 bis 1739 die Feldzüge in Italien, in Ungarn und am Rhein, sodann als Reitergeneral den Österreichischen Erbfolgekrieg mit, entriß im November 1741 den Franzosen und Bayern Neuhaus in Böhmen, schlug 1743 bei Braunau die Bayern und leitete 1744 den meisterhaften Übergang des Heeres des Prinzen Karl von Lothringen über den Rhein, worauf er sich der Linien von Lauterburg und Weißenburg bemächtigte. Im Mai 1745 verlor er zwar das Gefecht gegen Winterfeldt bei Hirschberg, deckte aber später mit vieler Umsicht[369] den Rückzug Karls von Lothringen und nahm während der Schlacht bei Soor (30. Sept. 1745) das preußische Lager. Nach Abschluß des Dresdener Friedens kam N. zur Armee nach Italien, bei der er ebenfalls mit Auszeichnung focht. 1754 ernannte ihn Maria Theresia zum General der Kavallerie und Kommandanten von Ofen und 1756 zum Bau von Kroatien. 1757 führte N. die kroatischen Truppen dem Heere Dauns zu, focht mit Auszeichnung bei Kolin, schlug Winterfeldt 7. Sept. bei Moys und nahm Schweidnitz (12. Nov.). In der Schlacht bei Leuthen (5. Dez. 1757) war N. der erste, der das Manöver Friedrichs II. durchschaute, blieb aber zu lange ohne Unterstützung, um der Schlacht eine andre Wendung geben zu können. Er kehrte hierauf nach Kroatien zurück, wo er starb.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 369-370.
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