Arras [1]

[757] Arras (Atr echt), 1) Bezirk im französischen Departement Pas de Calais; 2) Hauptstadt hier u. des Departements, an der schiffbaren Scarpe, in Sümpfen, Festung 3. Ranges, mit 25,000 Ew.; die Werke nach alter Art mit 10 Bastions angelegt, von Vauban, der hier seine Lunetten zuerst anwendete, verbessert, auch mit Citadelle u. Bastions versehen; wichtig bes. durch seine Lage an 6 Straßen, fest durch die sumpfige Umgebung. A. theilt sich in die Altstadt (Große Stadt) u. Neustadt, beide durch Wall u. Graben geschieden. A. ist Sitz der Departementsbehörden, eines Bischofs u. Handelsgerichts, eines Collège; hat schönen Marktplatz, Taubstummeninstitut, theologisches Seminar, eine Ingenieur-, Zeichen- u. medicinische Schule, ökononomische Gesellschaft, Bibliothek, Naturaliencabinet, Museum u. botanischen Garten, Schauspielhaus, Arsenal, Kasernen, Justiz- u. Präfecturpalast, schöne Kathedrale (mit merkwürdigen Reliquien) u. Rathhaus; Fertigung von Spitzen, Zucker (aus Runkelrüben), Salz, Seife, Stärke, Bier, Porzellan, Töpfer-, Baumwollen- u. Strumpfwaaren, Tapeten (s. u. Arrasgarn). A. ist Geburtsort von Damiens, Robespierre u. Franz Baudouin. – A. war Hauptstadt der Atrebaten u. hieß Nemetocenna od. Nemetacum, später nach dem Volke Airebati. Die Franken unter Chlodio bemächtigten sich ihrer, verloren jedoch dort eine Schlacht an die Römer. St. Vaast (Vedastus) war hier der erste Bischof. Später wurde A. Hauptstadt von Artois, die Altstadt blieb aber den Bischöfen von A. überlassen, die bis auf Kaiser Karl V. hier unumschränkt regierten. Mit Artois kam A. an Burgund u. ward Sitz des Hofs. Hier am 5. Jan. 1420 Bündniß zwischen König Heinrich V. von England u. Herzog Philipp von Burgund; am 22. Sept. 1435 Vertrag zwischen Karl VII. von Frankreich u. Philipp dem Guten von Burgund, s. Frankreich (Gesch.); am 23. Dec. 1482 Friede zwischen Ludwig XI. u. den niederländischen Ständen, in welchem A. mit Artois an Ludwig abgetreten wurde; doch schon 1493 kam es an Kaiser Maximilian zurück u. blieb nun dem Hause Österreich, das es für eine unüberwindliche Festung hielt u. an deren Thore die Worte schrieb: Quand les François prendront Arras, les souris mangeront les rats. 1559 mißlang den Franzosen eine Überrumpelung, Ludwig XIII. nahm es aber 1640 nach langer Belagerung u. ungeachtet eines Entsatzversuchs des Cardinal-Infanten ein u. befahl blos den Buchstaben p in prendront aus der obigen Inschrift zu meißeln. Die Spanier belagerten es 1654 unter Condé, allein Turenne stürmte ihre Linien u. zwang sie, nach einer blutigen Schlacht am 24. Aug., mit großem Verlust abzuziehen; deshalb wurde Turenne hier im Aug. 1841 ein Denkmal gesetzt. Im Pyrenäischen Frieden verblieb A. Frankreich.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 757.
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