Manuzĭo

[847] Manuzĭo (Manucci, Manuzzi, Manutius), gelehrte Buchdruckerfamilie. Merkwürdig sind: 1) Aldus Pius M. Romanus (M. der Ältere), geb. 1446 in Bassano, wo er, sowie in Ferrara u. Rom, studirte; wurde Erzieher des Fürsten Albert Pius von Carpi, ging 1482 nach Mirandola, lernte Später in Verona Griechisch, legte 1488 in Venedig eine Druckerei an u. wurde 6. Febr. 1516 ermordet. M. führte statt der Mönchsschrift die Antiqua ein, erfand die italienische Cursivschrift, ließ 9 Arten griechischer, 10 Arten lateinischer u. 13 Arten hebräischer Schrift fertigen, verbesserte die Interpunction, strebte nach Schönheit u. Correctheit u. umgab sich zu diesem Zweck mit einer Gesellschaft von Gelehrten. Sein Stempelschneider war Francesco aus Bologna. Er war der erste Drucker, welcher einige Abdrücke aus besseres, feineres od. stärkeres Papier. (zuerst bei der Epistolae gr.), bei anderen einige auf Großpapier (in der Ausgabe des Philostratos), bei anderen einige auf blaues Papier (z.B. beim Quintilian) besorgte. Zuerst druckte er Laskaris' Grammatik u. Musäos' Gedicht (von Hero u. Leander) 1494, an welche mehrere griechische u. römische Klassiker sich anschlossen. Man nennt diese Ausgaben Aldinen; viele derselben sind erste Ausgaben (Editiones principes) griechischer u. römischer Klassiker, od. enthalten aus Manuscripten berichtigte kritische Texte neuerer italien. Klassiker (Petrarca's, Dante's, Boccaccio's); alle zeichnen sich durch correcten Druck aus, doch verdienen die lateinischen u. italienischen den Vorzug vor der griechischen. Die Octavausgaben haben keine Holzschnitte, welche überhaupt selten in den Aldinen vorkommen, u. nur die Hypnerotomachia Poliphili (1499) zeichnet sich dadurch aus; von außerordentlicher Schönheit sind die Pergamentdrucke. Sonst sammelte man die Aldinen eifrigst (Aldomanie) u. es wurden deshalb in Lyon u. Florenz seit 1502 Nachdrucke veranstaltet; in neuester Zeit hat sich jedoch die Vorliebe für die Aldinen bedeutend verloren. Am seltensten sind die Horae b. Mariae virginis (1497), der Virgil (1501), die Rhetores graeci u. die Druckwerke vor 1497. Die vollständigsten Sammlungen besitzen der Großherzog von Toscana u. der Buchhändler Renouard in Paris; vgl. Renouard, Annales de l'imprimerie des Aldes, 3. A. Par. 1834. Ein Verzeichniß aller echten Aldinen findet sich im Anhange zum 1. Bande von Eberts Bibliographischem Lexikon. Vgl. Hain, Repertorium bibliographicum, Stuttg. u. Tüb. 1826 ff., 4 Bde. Er selbst schr. Anmerkungen u. Prolegomenen zu vielen Autoren, dann Institutiones grammaticae graec., 1515; Dictionarium graec., 1497, Fol., n. A. Basel 1519; Institutiones gr. lat., 1501 u. 1508; Introd. ad ling. hebr., zuerst mit Laskaris Grammatik 1501, dann öfter. 2) Paulus, dritter Sohn des Vor., geb. 1512 in Venedig; nachdem er die Aufsicht über den Druck der Kirchenväter in der apostolischen Druckerei in Rom geführt hatte, auch bei der Venetianischen Bibliothek gebraucht worden war, übernahm er 1540 seines Vaters Druckerei, welcher eine Zeit lang dessen Schwiegervater Andreas Asulanus vorgestanden hatte, ging später nach Rom u. starb dort 1573; er machte sich bes. um die römischen Klassiker verdient (bes Ciceros) u. schr. Praefationes et epistolae, 1558 u. ö. 3) Aldus (M. der Jüngere), Sohn des Vor., geb. 1547, lehrte die Alten Sprachen in Venedig, Bologna, Pisa u. Rom, schr. Anmerkungen zu vielen lateinischen Autoren (Eutropius, Sallustius, Vellejus Paterculus, Horatius) u. Abhandlungen über römische Alterthümer u. st. 1597 in Rom. Aus Armuth verkaufte er die von seinen Vorfahren mit erstaunlichen Kosten zusammengebrachte Bibliothek. Diese Manuzische Bibliothek, 80,000 Bände stark, wurde eine Zierde[847] der Stadt Pisa. Mit ihm hörte die Druckerei auf; sie hatte 908 Drucke (Aldinen) geliefert; ihr Druckerzeichen ist ein von einem Delphin umschlungener Anker mit der Beischrift: Sudavit et alsit.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 847-848.
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