Molé [1]

[362] Molé (spr. Molch), 1) Edouard, geb. 1550 in Paris; Präsident à mortier im Pariser Parlament, welche Würde beinahe erblich in der Familie wurde. Er war in die Harlayschen Streitigkeiten verwickelt, leistete auch der Ligue nur gezwungen den Eid u. unterhandelte den ganzen Übertritt Heinrichs IV. zur Katholischen Kirche; er st. 1614. 2) Mathieu, geb. 1584, wurde 1641 durch Richelieu erster Präsident des Parlaments von Paris, zeichnete sich in der Periode der Fronde durch Festigkeit, Rechtsliebe u. Popularität aus u. st. 1656 als [362] Großsiegelbewahrer von Frankreich. 3) Edouard François Matthieu, geb. 1760, wurde 1788 Präsident des Parlaments, emigrirte 1789, kehrte später nach Frankreich zurück u. wurde 20. April 1794 guillotinirt. 4) Mathieu Louis, Comte de M., Sohn des Vor., geb. 24. Jan. 1781 in Paris, verlebte seine erste Jugend als Verbannter in der Schweiz u. England, kam aber 1796 nach Frankreich zurück, wurde 1806 Requetenmeister, 1807 Präfect des Departements Côte d'or, 1808 Staatsrath, 1810 Generaldirector der Chausseen u. Brücken, 1813 interimistisch Justizminister u. Oberrichter von Frankreich, trat 1814 ins Privatleben zurück, schlug während der Hundert Tage drei verschiedene ihm angebotene Ministerportefeuilles aus, trat aber doch in den Staatsrath, wo er sich jedoch weigerte, die Declaration gegen die Bourbonen zu unterzeichnen; er wurde 1815 Pair von Frankreich u. Generaldirector der Chausseen u. Brücken, vereinigte sich mit den Doctrinärs u. wurde 1817 Marineminister, trat 1818 mit Richelieu aus, bekämpfte in der Pairskammer das Ministerium Martignac u. schloß sich 1830 der Julirevolution an. Er war der erste Minister des Auswärtigen der Juliregierung u. nützte der neuen Dynastie in den drei Monaten, wo er Minister war, viel. 1836 war er wieder Minister, 1838 u. 1839 abermals, nahm aber am 9. März 1839 mit den übrigen Ministern seine Entlassung u. wurde 1840 Mitglied der Akademie. In der Februarrevolution war er ohne besonderen Antheil am politischen Leben. Als neu von der Gironde gewähltes Mitglied der am 28. Mai 1849 eröffneten Nationalversammlung wurde er im ersten Bureau Präsident u. während der Vertagung der Gesetzgebenden Versammlung Mitglied des Fünfundzwanziger Ausschusses. 1850 wurde er Präsident des Vereins für das Wohl der arbeitenden Klasse u. gehörte zu den sogenannten Burggrafen. Als geheimer Urheber des Quästorenantrags stimmte er am 17. Nov. für denselben, wurde in den aus 15 Mitgliedern bestehenden Wahlgesetzausschuß gewählt u. hier Präsident, protestirte am 3. Dec. 1851 mit gegen den Staatsstreich Ludwig Napoleons, zog sich dann ins Privatleben zurück, nahm im Nov. 1853 in Frohsdorf Theil an den Conferenzen über die Fusionn. st. 25. Nov. 1855 auf seinem Landsitze Champlâtreux bei Paris. Er schr.: Essais de morale et de politique, Par. 1806; Eloge de Math. Molé, ebd. 1809; auch begann unter seiner Mitwirkung noch die von Champollion-Figeac im Auftrag der Gesellschaft für die Geschichte Frankreichs besorgte Herausgabe der Mémoires von M. 2).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 362-363.
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