Siegwart-Müller

[65] Siegwart-Müller, Constantin, geb. 1891 zu Lodrino im Schweizercanton Tessin, studirte in Solothurn u. Würzburg Philosophie u. in Heidelberg Jurisprudenz, ließ sich 1827 als Advocat in Altdorf u. 1833 in Luzern nieder; an letzterem Orte wurde er 1834 zweiter Staatsschreiber, schloß sich den Radicalen an u. wirkte in deren Sinne, wurde 1837 in den Großen Rathgewählt u. Erster Staatsschreiber; er nahm 1839 für die Volkserhebung gegen die Berufung von David Strauß als Professor der Theologie nach Zürich Partei u. vertheidigte 1840 im Großen Rathe von Luzern das Recht des Volkes zur Verfassungsänderung. Der Angriff gegen das Christenthum, welcher sich durch die Straußsche Berufung beurkundete, machte ihn auch in religiöser Beziehung mehr u. mehr von seinen radicalen Freunden abwendig u. er schloß sich immer mehr an die Partei des Rathsherrn Leu von Ebersol an, u. Beide bildeten den Ruswyler Verein, welcher 1840 die Revision der Verfassungen durch einen unmittelbar von dem Volke gewählten Verfassungsrath begehrte, welchem Begehren der Große Rath nicht zu widerstehen wagte, doch verlor S.-M. in Folge davon seine Staatsschreiberstelle. Wegen eines Artikels in der Bundeszeitung im Jan. 1841 gerichtlich verfolgt, floh er nach Altdorf u. kehrte erst nach der Einführung der neuen Verfassung am 1. Mai 1841 zurück, wurde nun Mitglied des Großen u. des Regierungsrathes u. stand als Mitglied des Erziehungsrathes dem Volksschulwesen vor. In der Jesuitenangelegenheit suchte er Anfangs zu vermitteln, entschied sich aber zuletzt für die Berufung der Jesuiten. Als im Dec. 1844 die Freischaarenzüge sich bildeten, trug er nebst Leu am. meisten zur Erhebung des Volkes bei. Zum Schultheiß des Cantons Luzern erhoben, war er zugleich Bundespräsident der Eidgenossenschaft. Von der Ansicht geleitet, die Eidgenossenschaft müsse durch Vereinigung der Katholiken befestigt werden, gründete er am 31. Jan. 1842 in Luzern einen katholischen Verein für die gesammte Schweiz. In Folge des für die sieben Cantone unglücklichen Ausganges des Sonderbundkrieges (s. Schweiz S. 657) mußte er ins Ausland flüchten, sein Vermögen wurde sequestrirt u. gegen ihn selbst eine Klage auf Landesverrath eingeleitet. Er lebte dann in Strasburg, kehrte aber im Juli 1857 mit seiner Familie nach Altdorf zurück.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 65.
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