2. Bleib, bleib, sagte die Magd, als der Bub' sich wieder aus der Kammer schleichen wollte, ich habe ja kein Messer. – Bebel.
3. Bleib da du bist, und überwind, was in dir ist. – Geiler, Nsch., 66; Schulze, 34.
Lat.: Inhabita terram et pasceris in divitiis ejus.
[397] 4. Bleib ein Esel und ein lastbar Thier, bis dir Gott selber hilft herfür!
Eine saubere Moral! Die Eselliebhaber werden sich darüber freuen.
5. Bleib in deiner Haut. – Henisch, 413.
6. Bleib in Geduld; aber nicht zu lange.
Sehr oft ist sie nur Esels- und Schlafmützentugend.
7. Bleibe gern allein, so bleibt dein Herze rein.
»Bleibe nicht allein, denn in der Wüste trat der Satansengel sogar zum Herrn des Himmels!« (Schiller.)
8. Bleibe, wer du bist, so lebst du wohl zu aller Frist.
9. Bleiben lassen ist gut dafür. (Schwäb.) – Körte, 643.
10. Bliw up'm rechten Weg, so schlon di kein Büsch in dei Ogen. (Mecklenburg.)
11. Dabei bleibt's, sagt Spelter Hans. – Lehmann, II, 74, 1.
12. Es kann nicht immer so bleiben.
Lat.: Jucunda rerum vicissitudo. (Aristot.) (Erasm., 638.)
13. Es muss alles bleiben, wie's gewesen, das Kind kackt in die Wiege und der Lehrjunge wäscht die Windeln.
14. Es muss alles bleiben, wie's ist, sagt Hans auf seinem Mist.
Holl.: Alle ding zal blijven, als 't was: 't Bagijntje moet spinnen vlas, en de pater drinken uit het groote glas. (Harrebomée, I, 27.)
15. Es muss alles bleiben, wie's ist, sagte der Vogt, der Ochsenjunge kriegt Prügel und der Amtmann bestiehlt den Herrn.
16. Ich bleibe wie ich bin, sagte Tyll Eulenspiegel.
Engl.: I am always the same as the Queen's speech said to the Lord Chancellor. (Hagen, VI, 103, 11.)
17. Ik kann nich von em blîwen, denn he hätt' et mî andân, secht dat Mäken. – Hagen, 98, 1; Hoefer, 689.
18. Ik will nich blîwe un mîn Herr will mich nich behôle; mî schal mâl ferlange, wa dat aflöpt, sä jener Junge. (Süderdithmarschen.)
Ich will nicht bleiben und mein Herr will mich nicht behalten; es soll mich verlangen, wie das abläuft.
19. Jeder bleibt bei seiner Weise.
20. Lass jedermann bleiben, der er ist, so sagt man nicht, der du bist. – Henisch, 414.
21. Was nicht bleibt, das nicht bekleibt. – Henisch, 270; Seybold, 540.
Lat.: Musco lapis volutus haut obducitur. (Seybold, 323.)
22. Wer bleibt, dem darff man den rock nicht zureissen. – Henisch, 414.
23. Wer bleibt, der bleibt, wer reitet, der reitet. – Henisch, 412.
Lat.: In bello cadentes jacent, superstites discedunt.
24. Wer blyuet, der blyuet. – Tappius, 83b.
Lat.: Saxum volutum non obducitur musco. (Tappius, 83a.)
25. Wer unten bleibt, fällt nicht hoch.
26. Wer well bliewen, der mot schriewen.
Anschreiben, wie Gewerbtreibende und Kaufleute.
27. Wie ich bin, so bleib' ich, und was andere verdriesst, das treib' ich. (Schles.)
Von Leuten, die keine Belehrung annehmen und es darauf anlegen, durch das, wie sie sind und was sie thun, andern Verdruss zu bereiten.
28. Wir bleiben in unserm alten Nest, wie wir immer sind gewest. – Pistor., VII, 51.
29. Wo bleib' ich, sagt Rössler. (Hildesheim.)
30. Wo blîw ik, segt de Kiwit (Kiebitz).
31. Wo bliwe wi, wann de Welt vergeit? Dann krupe wi in den Backoewen. (Westf.)
Spott über unnöthige Befürchtungen oder einfältige Rathschläge.
32. Wo man sein Bleibens hat, soll man sich nicht wegsehnen.
*33. Ann Koahle, du bleibst. (Schles.)
Diese Redensart ist neuern Ursprungs. Eine Gemeinde hatte aus den Probepredigern nicht den Candidaten gewählt, der einigen einflussreichen Persönlichkeiten angenehm war. Die Wahl wurde bemängelt, und es wurde versucht, seitens des Patrons oder eines Kreisbeamten in einer Gemeindeversammlung der Stimmung der Gemeinde eine andere Richtung zu geben. Ein Mitglied der Gemeinde, Namens Kahl, sprach seine Meinung dagegen aus. Der anwesende Patron drohte, ihn hinausbringen zu lassen. Da riefen Stimmen: »Ann Koahle, du [398] bleibst!« (Und Kahl, du bleibst!) Das Wort wurde nochmals im Chor wiederholt und ward sofort nicht blos am Orte selbst, sondern auch in der Umgegend, wo man von dem Vorgange Kenntniss erhielt, sprichwörtlich angewandt, um jemand zum Dableiben zu nöthigen.
*34. Er bleibt bei seinen fünf Augen. – Bücking, 37.
Er lässt sich durch keine Gründe von seiner verkehrten Meinung abbringen.
*35. Er bleibt dabei, wie der Hase beim Hunde. – Simrock, 1134.
Holl.: Hi blijft bi den man als die hase bi den honden. (Fallersleben, 415.)
Lat.: Sic astat socio sicut lepus ipse molosso.
*36. Er bleibt immer bis zum Ite missa est.
37. Bleib du bei dem Deinen, und lass mich bei dem Meinen. – Graf, 529, 353.
38. Blîf, wo de bist; du weist, wat de hier verlaten hest. – Schambach, II, 702.
Mahnung gegen Auswanderung; was die Heimat bietet, weiss man, was man Fremden bieten wird, weiss man in der Regel nicht.
[1012] 39. Man soll bleiben, wo man alt geworden ist.
Die Spanier sagen: Wechsle nicht in alten Tagen deinen Aufenthaltsort; bleibe dort, sei es auf dem Lande oder sei es in der Stadt, wo du alt geworden und gesund geblieben bist. »Hierauf citirte der Papst (Pius IX.) ein spanisches Sprichwort, das er sogleich ins Französische übersetzte: ›Wechsle u.s.w.‹ Er, der Papst, huldige jetzt selber dieser bewährten spanischen Lebensregel.« (Neue Freie Presse, Nr. 4839, Wien, 1878.)
40. Wer nicht in blift, kümmt nich ût. (Seehausen.)
41. Wo b'leef, sä de down Stutendräger, der gussde de Wind um 'n Eck. – Plattd. Klenner, Jever.
42. Wo bleib ich? sagte der Kibitz zu den Krähen, als sie bei plötzlich eingetretenem Frostwetter Töne der Klage und des Unbehagens ausstiessen.
43. Wo er nicht bleiben kann, da rennt davon der Mann. (S. ⇒ Fliehen 2.) (Thüringen.)
Engl.: He fights well, that fleeth well. (Wahl, Jahresbericht, 1879, S. 21, 9.)
It.: Gamba mia non è vergogna, di fuggir quando bisogna.
*44. Bleib' bey den Leuten. – Gruter, I, 8.
*45. Dat blöft bîm Blîwe. (Tolkemit.) – Frischbier, I, 380.
Es bleibt beim Bleiben, d.i. beim Alten, wie es gewesen.
*46. Du kannst bleiben, wo der Pfeffer wächst. – Klix, 16.
*47. Es bliw em net înt (eins). (Siebenbürg.-sächsisch.) – Frommann, V, 176, 182.
*48. He blüft äwer ass Leppen Bollkalf. (Danziger Nehrung.) – Frischbier, I, 381.
*49. Ich kan nit bleiben, vnd wayss nit zu rejsen. – Franck, II, 41.
*50. Wenn's so bleibt, so regnet es nicht. (Braunschweig.)
*51. Wo blîw öck nu, eh 't düster wat. – Frischbier, I, 382.
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