Heu

1. Alt Heu, alt Geld und alt Brot schützt vor vieler Noth.


2. Altes Heu ist schwer anzuzünden, aber noch schwerer zu löschen.


3. Besser Heu als Grummt.


4. Beschissens Hew vnd faules futter, faul Eyer vnd stinckend Butter.Eyering, I, 186.


5. Dai möch viel Haü hewwen, dä jedem 't Mul woll stoppen.Woeste, 70, 126; hochdeutsch bei Reinsberg IV, 85.


6. Das Heu einzufahren ist beschwerlich, aber im Winter es zu raufen leicht und sehr ernährlich.


7. Das Heu langt für die Kühe.

Holl.: Daar is nog hooi voor al de koeijen. (Harrebomée, I, 330.)


8. Es ist jetzt Heu genug herunter.

Lat.: Claudite nunc rivos, sat prata biberunt. (Virgil.) (Binder II, 502.)


9. Es wäre viel zu wenig Heu und Stroh gewachsen, wollte man allen Verleumdern die Mäuler stopfen. (Eifel.)


10. Et äs niche Fäder Hâ esi hi geladen, dat nit nôch en Gafel vôl draf gît.Schuster, 301a.


11. Et es kenn Heu genug gewassen, öm de Lüd de Mond te stoppen. (Meurs.) – Firmenich, I, 404, 237.


12. Fuls Heu, längs Haberstrau. (Solothurn.) – Schild, 106, 65.


13. Häw gehet, Haber und Hexel durcheinander gemenget, trabt, aber Haber läufft.Coler, 349b.


14. Hei up, Kôh dôd. (Ostfries.) – Bueren, 632; Firmenich, I, 19, 23; Frommann, VI, 282, 691; Hauskalender, III.

Dän.: Høet oppe, koen død. (Prov. dan., 304.)

Holl.: Het hooi op, en de koe dood. (Harrebomée, I, 331.)


15. Heu in die Ochsen, Rüben in die Bauern, Wein in die Mönche.Klosterspiegel, 15, 19.


16. Heu und Gras kommt Kühen und Pferden zu Pass.

Holl.: Hooi en gras komt weêr te pas. (Harrebomée, I, 331.)


17. Heu und Stroh machen mich froh, sagt der Bauer.


[626] 18. Heu und Stroh sind gern beisammen, aber sie sind nicht gleich.

Holl.: Dat is een voêr hooi, zei Jorden, en het was een wagen vol stroo. (Harrebomée, I, 330.)


19. Je nasser Heu, je besser es brennt.


20. Jeder macht Heu, so lange die Sonne scheint.


21. Langes Heu ist gut laden.


22. Mache Heu, wenn die Sonne scheint.Sailer, 279; Eiselein, 307; Simrock, 4699; Braun, I, 1354.

Die Wahrheit, dass jedes Geschäft besorgt werden müsse, wenn sich die selten wiederkehrende Gelegenheit dafür bietet, findet sich sprichwörtlich auf die mannichfachste Weise bei allen Völkern ausgesprochen. Trinke dein Bier, ehe es schal wird, sagen die Friesen. Die Kleinrussen: Wenn Meth da ist, muss man löffeln. Die Holländer: Zieh an, während das Fischchen untertaucht. (Reinsberg III, 9.) (S. Eisen 36.)

Engl.: Make hay, while the sun shines. (Gaal, 890.)


23. Machet junges Heu und alts End, wenn ihr viel Milch wend (wollt). (Luzern.)


24. Man braucht viel Heu, um allen Leuten das Maul zu stopfen.

Holl.: Men behoeft veel hooi, om allen man den mond te stoppen. (Harrebomée, I, 331.)


25. Man darf auch nassem Heu nicht trauen; wenn's zu dicht liegt, es brennt.


26. Man kan einen Schober Häw nicht auff einmahl tragen, sondern ein Arm voll nach dem andern.Lehmann, 934, 13.


27. Man muss das alte Heu nicht eher verkaufen, bis man frisches Futter hat.

Dän.: Vee er den som hø sælger, naar viben kommer. (Prov. dan., 304.)


28. Man muss das Heu nicht über den Balken werfen.

Nicht verschwenden.


29. Man muss nicht zu viel Heu auf einmal auf die Gabel nehmen.

Nicht zu viel auf einmal anfangen.


30. Nasses Heu kommt leicht zum Brennen.

Holl.: Nat hooi raakt ligt aan het broeijen. (Harrebomée, I, 331.)


31. Unter einem Fuder Heu erstickt keine Maus.Simrock, 4702 u. 6913.

In Mecklenburg: Unnern Föder Heu is noch kên Mûs stickt. (Schiller, III, 8b.)


32. Viel Heu, wenig Korn.

Ein Jahr, in dem viell Gras wächst, ist ein regenreiches und darum der Getreideernte nachtheiliges.

Frz.: Année en foin fertile, Année, hélas! sterile. (Cahier, 734.)


33. Was man am Heu spart, muss man an der Peitsche zulegen.

Holl.: Wat men aan het hooi bespaart, moet men aan de zweep weder toe geven. (Harrebomée, I, 331.)


34. Was man nicht am Heu hat, das hat man am Stroh.Simrock, 4700; Körte, 2839; Braun, I, 1351.


35. Wendt Heu, spendt Heu. (Ostfries.) – Bueren, 1270.


36. Wenn das Heu dem Pferde folgt, dann will's gefressen sein.

Man soll das Gute nehmen, wo sich's bietet, die günstige Gelegenheit ergreifen. Das Sprichwort wird auch auf heirathsfähige Mädchen angewandt.

Holl.: Als het hooi het paard volgt, dan wil't gegeten zijn. (Harrebomée, I, 330.) – Um das Gegentheil auszudrücken heisst es: Het hooi volgt den hengst niet.


37. Wenn Heu in der Krippe ist, muss das Pferd (der Ochse) fressen.

Holl.: Het hooi is in de kribbe, het paard zal weldra gestald zijn. (Harrebomée, I, 341a.)


38. Wenn Heu und Stroh beisammen sind, so brennt es gern.Sailer, 61; Simrock, 1288; Schulfreund, 87, 101.

Jugend und Liebe sind einander nicht fern.


39. Wenn ihr mir Heu gebt, sagte die Kuh, so geb' ich euch Sahn'; gebt ihr mir Stroh, so geb' ich euch kân' (keine.)


40. Wenn kein Heu mehr in der Raufe ist, schlagen sich die Esel.

Nahrungsmangel bringt Zwist in die Ehe.

Frz.: Quand il n'y a point de foin au ratelier, les ânes se battent. (Cahier, 733; Lendroy, 37; Gaal, 1100.)


41. Wenn man blos Heu füttert, wird das Pferd von keinem Hafer fett.

Holl.: Daar het al hooi is wordt het paard van geene haver vet. (Harrebomée, I, 330.)


[627] 42. Wenn mir das Heu verdirbt, so geräth mir der Kohl, sagte der Bauer, als es ein paar Wochen in der Heuernte regnete.

Holl.: Verrot mijn hooi, zoo wast mijne kool, zei de boer, toen het regende. (Harrebomée, I, 331.)


43. Wenn zu viel Heu übereinander liegt, so brennt es leicht.

Holl.: Te veel hooi over hoop gehaald, doet het broeijen. (Harrebomée, I, 331.)


44. Wer Heu haben kann, lässt das Grummt liegen.

Wo es noch Jungfrauen gibt, tanzt man nicht mit öffentlichen Dirnen.


45. Wer im Hew nicht gappelet, im schnitt nicht zappelet, im lesen nicht früh auffsteht, der sihet wol, wie es im Winter geht.Henisch, 1354, 54; Petri, II, 721; Nass. Schulbl., XIV, 5; Tobler, 209; für Oesterr.-Schlesien: Peter, 447.


46. Wo Heu mangelt, muss Stroh aushelfen.

Holl.: Heb ik niet veel hooi, dan krijg ik toch waat stroo. (Harrebomée, I, 330.)


47. Wo kein Heu ist, fressen die Pferde Grummt.


48. Wo man Heu abladet, sieht man vor Staub die Mücken nicht.


49. Zu seinem (eigenen) Heu kann jeder Stroh sagen.Eiselein, 307; Simrock, 4701.

Mit dem Seinigen kann man nach Belieben verfahren. Die Russen: Wer sein eigen Heu Stroh nennen will, der thue es. (Altmann VI, 422.)


*50. As 't Höi blöit. (Kleve.) – Firmenich, I, 383, 53.

Um zu sagen; niemals, weil das Heu nicht blüht. (S. Nimmerstag.)


*51. Da wird kein Heu dürr. (Schwaben.) – Eiselein, 307; Körte, 2838; Braun, 1355; Nefflen, 455.

Dort, oder unter solchen Umständen gelingt es nicht. Man gibt sich da vergebliche Mühe.


*52. Das Heu auf dem Ofen trocknen.

Aehnlich russisch Altmann VI, 520.


*53. Das Heu zwischen die Hörner legen.


*54. Das ist kein Heu von meiner Wiese.

Holl.: Dat hooi is op mijne weide gegroeid. (Harrebomée, I, 330.)


*55. Dat Hêg öss so got, dat et de Plaschker1 Farr to Möddag êten kann.Frischbier2, 1602.

1) Plaschken, ein Kirchdorf im Kreise Tilsit.


*56. Er hat Heu am Horne.Körte, 2839b; Braun, I, 1353.

Nach einem Polizeigesetz im alten Rom musste jedem Stück Hornvieh, welchem wegen seiner Wildheit nicht zu trauen war, beim Austreiben eine Hand voll Heu um die Hörner gebunden werden, damit Vorübergehende sich fernhalten und vor Gefahr hüten konnten. Also: Hüte dich vor ihm; es ist ein gefährlicher Mensch.

Lat.: Foenum habet in cornu. (Faselius, 93.)


*57. Er hat Heu in den Stiefeln.

Er hat sich besackt, seinen Schmuh, seinen Schnitt dabei gemacht.

Frz.: Il a bien mis du foin dans ses bottes. (Leroux, II, 113.)


*58. Er ist besser als lang Heu zu laden.Grimmelshausen, Vogelnest, II.

Er lässt sich leicht zu etwas überreden, für einen Zweck gebrauchen.


*59. Er nimmt zu viel Heu auf die Gabel.Reinsberg IV, 114.

Holl.: Hij neemt te veel hooi op zijne vork. (Harrebomée, I, 331.)


*60. Er weiss das Heu auf seine Gabel zu bringen.

Holl.: Hij zal dat hooi wel op zijne gaffel krijgen. (Harrebomée, I, 331.)


*61. Es frisst kein Heu.

Man kann es ohne Kosten und Gefahr aufheben, bewahren.


*62. Es geht nichts ins Heu. (Westf.)

Es ist keine Schwangerschaft zu erwarten. (S. Hebamme 11.)


*63. He hett dat Heu um de Foten. (Ostfries.) – Hauskalender, II; Bueren, 525; Eichwald, 555; Frommann, V, 429, 517.


*64. Heu und Stroh im Kopfe haben.

Sehr dumm sein.


*65. Heu von Nachbars Wiese holen.Altmann VI, 516.


*66. Ich hab' Heu genug auf meiner Gabel.

Holl.: Ik heb hooi genoeg op mijne vork. (Harrebomée, I, 331.)


*67. Ich will ihn noch Heu fressen lehren. (S. 55.)

Warum sollte es nicht möglich sein, die Menschen endlich glauben zu machen, dass Heu geschnittener Kopfkohl sei, wenn man es ihnen von ihrer Jugend, an [628] vorsagte und sie zwänge es nachzusagen? Der Franzose Foullon behauptete: »Wenn ich Minister wäre, ich würde die Franzosen Heu essen lehren.« (Gust. von Struve's Revolutionszeitalter, Neuyork 1859, Hft. 1, S. 43.)


*68. Jetzt ist genug Heu unten, auch Oehmd1. (Rottenburg.)

1) D.i. Grummet. – Nun genug von dem, etwas anderes.


*69. Jetzt ist Heu genug herunter. (Nürtingen.)

Genug damit, ich habe es satt.


*70. Sie können ihr Heu Stroh nennen.

Sie nehmen einander nichts übel.


*71. Wî mött nicht in 't Hogg (Heu). (Lippe.)

D.h. nicht so eilig, wie es beim Heuen zuweilen nothwendig ist.


[Zusätze und Ergänzungen]

72. Dat ist schön Heu, söä' de Öäsel, doa fratt' r' Pöäperkôken.Schlingmann, 1108.


73. Hei wat, Stroh un Water satt, sä de Bûr, do sprôk he latin.Kern, 287.

Ein sogenannter lateinisch oder hochdeutsch sprechender Bauer gab dem Stallknecht in Kürze Anweisung zur Viehfütterung: Heu etwas, Stroh und Wasser aber satt.


74. Wer ins Heu geht, braucht nicht blos Rechen, sondern auch eine Gabel.


*75. Er hat Heu auf der Bühne. (Schwaben.)

Besitzt Verstand.


*76. Er hat sein Heu 'rein.Klix, 26.


*77. Er kommt schon wieder in mein Heu.

D.h. ich werde es ihm gelegentlich schon fühlen lassen.


*78. Er sieht ein Fuder Heu für eine Pudelmütze an.Klix, 19.


*79. Mit Heu kommen, wenn das Pferd todt ist.

Engl.: When the horse is starved, you bring him oats.

Frz.: Après la mort le médecin.

It.: Dopo morte non val medicina.

Lat.: Post bellum auxilium.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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