Sieben (Zahlwort)

Sieben (Zahlwort).


1. Alle sieben für einen und einer für alle sieben. Eiselein, 567; Auerbacher, Die sieben Schwaben (München 1832).


2. Bei sieben ist's Gelag, bei neunen wird's zur Schmach.


3. Sibe ês e Galgezâl. (Meiningen.) – Frommann, II, 410, 85.


4. Siebe' is e Scheeker (hebräisch Lüge).Tendlau, 959.

Die Zahl sieben wird in der Bibel wie in talmudischen Schriften sehr oft wie unser tausend als runde Zahl gebraucht für sehr viel, z.B. er hat sieben Greuel im Herzen. Das Sprichwort nennt sie daher eine Lüge, d.h. hier in dem Sinne von Uebertreibung, Hyperbel. Oft wird sieben auch als böse Zahl aufgefasst. (Vgl. Wuttke, Deutscher Aberglaube.) Nach den Rabbinern ist sie eine bei Gott sehr beliebte Zahl; sieben Himmel, im siebenten, im Araboth, thront die Gottheit. (Psalm 86, 5.) Sieben Benennungen der Erde, unter ihrem siebenten Namen, unter thebel (Psalm 96, 13) waltet die Gerechtigkeit Gottes über sie; sieben Geschlechter bis zu Henoch, der mit Gott gewandelt; sieben Stammväter bis zu Moses. Sonst ist eigentlich siebzehn bei den Juden die gute Zahl, sie sagen: Siebzehn is ke-Minjen tow, d.i. die Buchstabenzahl des Worts siebzehn beträgt so viel wie die des Wortes gut (tow). Deshalb wird die Zahl siebzehn im Gegensatz zur sieben als eine glückliche betrachtet.


5. Siebe(n) ist a heilige Zahl. (Ulm.)


6. Siebe ist scho' übertriebe. (Oberaargau.) – Schweiz, I, 72, 18.

Bei einem Spiel mit Würfeln.


7. Sieben auf Einen Streich, sagte der Schneider, da hatte er sieben Fliegen zu Tod geschlagen.

Aufschneidend, grosssprechend, seine Tapferkeit rühmend. »Als man genaw darnach fragt vnd wissen wolt, wie das wäre zugangen, antwortet er: es wären sieben fliegen oder mücken gewesen, die er mit eim ledern lappen in einem schlag danieder gelegt.«

Mhd.: Er kan wol siniu sibeniu. (Schlegel.) (Zingerle, 139.)


8. Sieben ist weniger als fünf.

Als Clemens VII. in Rom vom Kaiser Karl V. belagert wurde, behauptete der Volkswitz, dass sieben diesmal weniger als fünf sein werde und die Ereignisse gaben ihm recht. Pasquino drückte dies durch folgende Verse aus: Clement septième le saint homme, ayant esté pris avec Rome par l'armée de Charles quint – alors sept estoit moins que cinq. In ähnlicher Weise könnte man mit Bezug auf die jetzigen Kämpfe zwischen Staat und Kirche sagen: Eins (I) ist mehr als neun (IX). (Vgl. Wurzbach III, 83.)


9. Sieben warten nicht auf einen.


10. Sieben wollt' ich lieber beieinander sehen, als einen Schneider an einer Hose nähen; einen Spieler, der alle Spiele wohl kann und dreissig Jahr hat gespielt und keinen Fluch hat gethan, und ein Wirth, dem alle Tag Gäst zukommen und kein Gast nie hat übernommen, und ein Kaufmann, der allzeit wahr seit, und ein Schneider, der alle Fleck wiedergeit, und ein Weber, den man hielt für ein'n alten, der nie kein Garn hat behalten, und ein Müller, der zu seinen Tagen ist kommen und nie die Metz' zu voll hat genommen, und ein Jud', der hat ein'n grauen Bart, der nie keim Christen feind ward.Schaltjahr, II, 575.

11. Sieben zum Lorei, neun zum Geschrei.

Zahlenspiel, um zu bezeichnen, dass man zu einer Gasterei nicht zu viel Personen laden müsse, wenn es nicht lärmend und ungestüm zugehen solle. Es bestanden vor alters Gesetze, die eine gemässigte Anzahl von Personen und einen mässigen Kostenaufwand vorschrieben.

Span.: Siete hermanos en un consejo, de lo tuerto hacen derecho. (Bohn I, 257.)


12. Siewen es 'ne Snaise vull. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 78, 318.


13. Söwen es en volle Galleg (Galgen). (Meurs.) – Firmenich, I, 406, 367.

Holl.: Zeven is eene galg vol. (Harrebomée, II, 499b.)


14. 'T is drêmal söven, 't is buten sien Verstand. (Ostfries.)


[552] 15. Wer sagt: grad sieben, der leugt gern.Petri, II, 750.


16. Wer sieben vor vngrad kan zehlen, der schneit die port am dünsten ort.Lehmann, 40, 66.


17. Wer von sieben sagt, lügt gern.Pistor., I, 83; Eisenhart, 611; Meisner, 20; Eiselein, 567; Simrock, 9519.

Nämlich von den sieben Reinigungszeugen. »Als men von söven secht, so liegt men gern.« (Schauspiel des Herzogs H.J. von Braunschweig im Volksblatt des lit. Vereins, 3b.) Wenn bei unsern Vorfahren jemand eines Verbrechens angeklagt war, so konnte er seine Unschuld durch einen Reinigungseid darthun. Er musste aber auch einige Personen mitbringen, die ebenfalls seine Unschuld eidlich betheuerten. Der Mitschwörer waren zwei bis drei, gewöhnlich sechs bis sieben. Da nun ein schlechter Mensch leicht eine erforderliche Anzahl Personen seines Gelichters fand, die mit ihm schwuren, so gab dies zu obigem Sprichwort Veranlassung, um zu sagen, dass Personen, die gleich darauf pochen, sieben Mitschwörer zu bringen, sehr weit von Wahrheit und Unschuld entfernt sind. (S. Sibbeste.)


18. Wie män is zö sieben, aso is män zü siebzig. (Warschau.)

D.h. Jahren. Das Grundwesen zum Siebziger soll im Siebener gegeben sein. Auch was man in der Jugend nicht lernt, das lernt man im Alter schwerlich.


19. Wo sieben die Hand recken, da ist ein Insiegel.Graf, 459, 555.

Der Eid von sieben Männern wirkte wie eine Urkunde und zwar wie eine jüngere, also stärkere. »Waer die Seuene de Hande reiket, dat is ein Insiegel.« (Niesert, 38, 1; Grimm, Weisth., III, 146, 1.)


20. Wo sieben essen, da isst auch noch einer. Simrock, 9520.


*21. Es ist eine böse Sieben. (S. Bitte 16.) – Simrock, 9516; Körte, 5543a; Frischbier2, 3494; Wurzbach II, 320; Braun, I, 4097; Dove, 1003.

Von bösen Eheweibern, wie von Personen überhaupt, die eine böse Gemüthsart haben. Viele der Alten hielten die Zahl für eine unglückliche. Die Frage, ob dabei an das Siemann-Weib, das den Mann beherrscht, oder an die sieben Zeugen des ältern Gerichtsverfahrens zu denken sei, wird von Frommann (III, 357) aufgeworfen. Köhler (214) bemerkt: Die ursprüngliche Form der Redensart ist wol: Sie ist eine von den bösen Sieben, nicht wie man jetzt oft hört: eine böse Sieben. Rachel's erste Satire heisst: Das poetische Frauenzimmer oder böse Sieben, und darin werden sieben verschiedene böse Frauencharaktere geschildert. In der Ausgabe der Rachel'schen Satiren (137), die als Druckort Freyburg im Hopfensack nennt, findet sich ein Gedicht mit der Ueberschrift: Probe einer bösen Sieben. – Korgehl (Der unschuldig-beschuldigten Innocentinnen Unschuld, Königsberg o.J., S. 7): »Da lernt ich schon an meiner bösen Sieben, es sei das alte Sprichwort wahr: Wer Weibern traut, hat in den Wind geschrieben.« – Man hat viele böse Sieben, aber die sieben freien Künste gehören zu den bösesten; denn ihre Inhaber sterben oft vor Hunger. In Ostfriesland: 'T is'n mall söven. (Kern, 1288.)

Lat.: Erynnis ex tragoedie. (Binder II, 963; Eiselein, 567; Philippi, I, 135.)


*22. Es kann noch nicht sieben sein, Professor Kant ist noch nicht vorbeigegangen.

Eine zu Zeiten Kant's in Königsberg sehr bekannte, dessen Eigenthümlichkeiten charakterisirende Redensart. Kant's Leben war sehr einfach. Sein Hauptstreben ging dahin, sich von jeder Beunruhigung und Störung so frei wie möglich zu erhalten. Seine persönliche Unabhängigkeit wollte er um keinen Preis opfern, er machte daher nie Schulden und übernahm keine Verpflichtung. Jede Störung war ihm zuwider. Die Musik nannte er eine zudringliche Kunst (intrusive art), und er wechselte seine Wohnung, als er einen Hahn, der ihm zu laut krähte, nicht kaufen konnte. Er war bis zur Peinlichkeit pünktlich und verlebte jahrelang seinen Nachmittag in dem Hause eines englischen Kaufmanns, Green, der ihn darin womöglich noch übertraf. Bei seinem Eintritt in dessen Zimmer fand er Green in einem Armstuhl schlafend, setzte sich neben ihn und schlief gleichfalls. Später kam der Bankdirector Ruffmann, der sich in einen dritten Lehnstuhl setzte und ebenfalls schlief, bis zu einer bestimmten Zeit ein vierter Freund kam und sie weckte, worauf die Unterhaltung begann, die bis genau sieben Uhr dauerte; dann brach die Gesellschaft auf. Diese Regel wurde so streng beobachtet, dass Kant für die Bewohner der betreffenden Strassen als Zeitmesser galt. Auf die Frage wie spät es sei, hiess es: Es kann noch nicht sieben Uhr sein, Kant ist noch nicht vorbeigegangen. (Die leipziger Modezeitung, 1872, S. 510; Saturday Review.)


*23. Es riecht nach zwei mal sieben.Braun, I, 4096.


*24. He is half söven. (S. Molum.) (Detmold.) – Firmenich, I, 360, 9; Kern, 1287; Hauskalender, IV.

Betrunken.


[553] *25. Mit einer bösen Sieben leben.

»Die böse Sieben lässt sich vom Papst und Karnöffel nicht stechen.«


*26. Schon sieben und Georg nicht hier.

Entlehnt aus Langbein, Die Wehklage, erste Strophe. (Büchmann, 62.)


*27. Siben tränkt. (Saulgau.) – Birlinger, 467.

Beim Würfelspiel.


*28. Sieben auff einen schlag.Gruter, III, 81; Lehmann, II, 577, 77.


*29. Siebene grad seyn lassen.Simplic., I, 15.


*30. 'T is drêmal säöb'n, 't is buten sîn Verstand.Bueren, 1112; Hauskalender, III.


*31. 'T is half säöb'n bi äm. (Altmark.) – Danneil, 73.

Er ist halb betrunken.


*32. Wenn's um sieben noch nicht Tag ist, steht er im Finstern auf.Klix, 108.


33. Es sind jr Sieben heut zu tag, drob man sich wol ergrimmen mag: der seinen Mund nicht helt in hut; der Geistlich, der kein gut werck thut; der Arme, der hoch wil gloriern, welch Richter jm sein Hend last schmiern; der weiss wil seyn, vnd geitzig ist, einfeltig vnd braucht alle list; wer fromb vor allem volck wil sein, doch allen Alfantz nimmet ein.H. Sachs, I, XLIX, 2.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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