Urban

1. Aber potz Urban's Leiden, was hilft's, wenn keine Kraft hernach folgt.Eiselein, 391.

Sanct-Urban ist Schutzpatron der Winzer und Trunkenbolde.

Lat.: Aut minus animi, aut plus potentiae. (Eiselein, 391.)


2. An Urban der Hirse gut gerathen kann. (Oels.) – Boebel, 26.


3. An Urban und Pankratius der Winzer die Ernte bemessen muss.Bair. Hauskalender.


4. Auf Sanct Urben (25. Mai) ist das Getreide (die Frucht) weder gerathen noch verdorben (oder: weder verboten noch gerothen). Blum, 255; Eiselein, 613; Henisch, 1506, 64; Petri, II, 260; Simrock, 10792; Sutor, 972; Boebel, 25.

Das Getreide ist um diese Zeit noch zu weit zurück, als dass man bestimmen könnte, ob die Ernte gut oder schlecht sein werde.


5. Auf Urban muss man Bohnen legen, so gedeihen sie zum Segen.


6. Danket Sanct Urban dem Herrn, er bringt dem Getreide den Kern.Boebel, 25.


7. Der Urbânus stecht mät seinje siwe Pielze vum Uven erouw und gîd iepere Kluwen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 15.


8. Du heissest Urban, bist weder gerathen noch verdorben.Graf, 75, 66; Volkmar, 348, 152.

Mit dem Sanct-Urbanstage erlangte der Winzer das Recht auf den künftigen, wenn auch zur Zeit noch sehr unsichern Ertrag des Weinbergs. (S. Säen 63 und Urbanstag 1.)


9. Hat Urban gut Wetter und Vit (15. Juni) starken Regen, dann bringt's den Bauern grossen Segen. (Westf.) – Boebel, 26.


10. Hat Sanct Urban Sonnenschein, gibt es viel und guten Wein.Wunderlich, 26.

»Ist es am Urban schön, so hofft man auff ein gut Weinjahr; darumb war vor Zeiten S. Vrban in grosser Ehre gehalten.« (Coler, 57, 1.)


11. Heiliger Sanct Urban, vergiss das Gurgelwasser nicht, schloss der Mönch täglich sein Brevier.Klosterspiegel, 69, 14.


12. O lieber Sanct Urban von Ensisheim, gib mir zu trinken, betete der Mönch, und verschied.Klosterspiegel, 67, 16.


13. Sanct Urban hell und rein, segnet die Fässer ein. (Pfalz.)


14. Sanct Urban ist auch ein Weinheld.Simrock, 10793.

Dass Sanct-Urban sogar der Hauptweinheld, bezeugt Flemming (Vollkommener Deutscher Jäger, III, 230): »Man findet fast im ganzen Jahre keinen Tag, an dem [1494] die Alten des Weins halber so viel versahen, als eben an diesem, da sie Sanct-Urban für den rechten Weinheiligen gehalten, deswegen auch sein Bildniss an etlichen Orten herumgetragen wird. Bei heiterm Wetter sind sie mit grossem Frohlocken ins Wirthshaus gezogen und haben sich allda mit dem Trinken sehr erfreut, weil sie es für ein gutes Vorzeichen gehalten, dass es ein reiches Weinjahr geben werde. Ist aber Regenwetter eingefallen, so haben sie ihren Weinheiligen in den Brunnen geworfen, zum Zeichen, dass die Weinernte misrathen und man dafür Wasser trinken müsse.« In Nürnberg wurde der Sanct- Urbanstag noch im 17. Jahrhundert mit grosser Feierlichkeit begangen, wobei die Weinausrufer einen besondern Umzug hielten, den Vulpius (Curiositäten, IV, 221) beschreibt. (Vgl. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1855, S. 174; Frommann, VI, 7 u. 8.)


15. Sanct Urban ist ein kalter (oder nasser) Mann.

Um die Zeit, in die er fällt, pflegt niedere Temperatur einzutreten; je nach der Gegend fällt Schnee oder Regen.


16. Sanct Urban säe Flachs und Hanf.

Böhm.: Na Utbanův den pospĕš siti len. (Čelakovsky, 449.)


17. Sanct Urban's Plage ist eine deutsche, nämlich, dass sich einer voll saufe.


18. St. Vrban wöll die Seel erfrischen, die mir einschenkt den frischen, vnnd dass derselb bekomm dass grimmen, der mir ein schenkt den schlimmen.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 196.


19. Um Urbani schön und klar gibt viel Wein in diesem Jahr.Weckstimmen, Kalender für das kathol. Volk (Wien 1876).


20. Up Urbanus Sönnenschîn, dat brenk immer guete Wîn. (Westf.) – Boebel, 25.

21. Urban den Sommer send't, Symphor (22. August) behält das (des Sommers) End'.Boebel, 12.


22. Urban gibt den Rest, wenn Servaz (13. Mai) noch was übrig lässt.

Was die Nachtfröste von Pankratius und Servatius nicht getödtet haben, das richtet Urbanus mit den seinen zu Grunde.


23. Urban Hafer, Vitus Gierste, Johannes (24. Juni) Flass lät dem Bûer äs he was. (Warendorf.) – Boebel, 26.


24. Urban – Hirsemann. (Strehlen.) – Boebel, 26.


25. Urban ohne Regen, bringt dem Weine grossen Segen.Wunderlich, 26.


26. Urban's Hawer un Viyt's Gearste kuemet boewen in de Fearste (Firste). (Westf.)


27. Wenn Sanct Urban kein gut Wetter geit, wird er in die Pfützen geleit.Boebel, 25.


28. Wenn Sanct Urban lacht, thun die Trauben weinen; weint Urbanus, so gibt's der Trauben nur ganz kleinen.Boebel, 25; Chaos, 1002.


29. Wenn Urbanus gut Wetter und Vitus viel Regen, so bringt's im Feld' viel Segen. Bair. Hauskalender.


30. Wenn's a Sanct Urban schön isch, so git's vil Wy. (Solothurn.) – Schild, 105, 51.


31. Wie es sich um Sanct Urban verhält, so ist's noch zwanzig Tag bestellt.Bair. Hauskalender.


32. Wie Urbanus das Wetter hat, so findet's in der (Wein-)Lese statt.Boebel, 25.


33. Wie Urbanus sich verhält, so ist auch das Heuwetter bestellt. (Wohlau.) – Boebel, 26.


34. Wie's an S. Urban wittert, also witterts in der Weinlese.

»Vnd fehlet selten; darumb halten die Franken viel von dem Tag.« (Coler, 63a.


*35. Dass dich Sanct Vrbans plag bestehe.Agricola I, 498; Eiselein, 614.

»Sanct Vrban wirt von den Franken dafür gehalten, als die Heyden etwan Bacchum hielten, der des weins warte. S. Vrbans plag ist eine Deutsch plage, nemlich, dass sich einer voll sauffe vnd mache ein sewmal.« Unsere Vorfahren setzten unsere Alten an die Stelle des Bacchus zum Pflegen des Weins. (Vgl. Glossen zu Hans Sachs, IV, 208.)

Lat.: Sanctus Urbanus largitor vini. – Urbani plaga est ebrietas. (Eiselein, 614.)


*36. Dass dich St. Urban's Plag (oder Feuer) angehe!Geiler, Bkb., 83b.

Ein hitziges Fieber, auch das durch unmässiges Trinken bewirkte Podogra. (Frommann, VI, 7.) (S. Drüse, [1495]Kränke, Parle, Range, Velten und Veitstanz.) »Urban's Plag macht ihn kranck.« Fischart schildert einen, der an dieser Plage leidet so: »Er dunckt sich weiss vnd wolgelehrt, die Noten wirfft er wieder die Erd, dasselb eine halbe stund wol wehrt. Er machets so krumm vnd spricht kurtzumb, wer kehrt mirs Pultpret vmb. Er singet Noten (s.d. 6) Klaffterlang.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 172.) »Ja mir ist ein Schuldner entrunnen ....Ich wolt, er het St. Vrbans blag.« (Comedi vom alten reichen Burger, III, 130.) »Behüt mich got vor sant Vrbans plag.« (Hans Rosenplüt, Weinhaus.)


*37. Ein St. Vrbans Jünger.

Ein tüchtiger Trinker. »St. Vrbans Jünger vmb Ensheim, vnnd Ritter dess Ordens zu S. Otmars Lägelflüss, vnd was dass Glass heben vnd geben u.s.w. kondt.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 140.)


*38. Potz Urban's Leiden!

»Aber botz Urbans leiden, was hilfts, wann kein kraft hernach folget?« (Geiler, Bkb., 83b.)


*39. Urben dummer mitten blechenen Hutte. Gomolcke, 1188; Weinhold, 102.

Urbanus dominus mit dem blechenen Hut. Anwendung und Sinn ist mir nicht bekannt.


*40. Vor Sanct Urban's Plage behüte mich, Gott.

Dr. Heffner in Würzburg meint, wenn beim Urbansreiten gut Wetter war, so geben Winzer und Wirthe mehr und bessere Weine, wodurch mehr Trinken häufiger Podagra. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Juli 1855.)


[Zusätze und Ergänzungen]

41. An Sanct Urban (25. Mai) setzt die Frucht die Körner an.

It.: Per Sant' Urbano il frumento è fatto grano. (Giani, 1688.)


42. Vrbani Wetter in disem Stück, vns zeiget an des Weines Glück.Lins.


*43. Mit Sanct Urban's grossem Messer schneiden.Storch, Leinweber, I, 114.

Aufschneiden, prahlen.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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