Blei

[262] Blei (das), dem ältere Chemiker Namen und Zeichen (ħ) des Saturnus beilegten, gehört zu den gemeinsten und mit Zinn und Kupfer zu den am längsten bekannten Metallen. Es hat ein bläulichgraues Ansehen, dunkler als Zinn, ist, mit Ausnahme von Gold, Platina und Quecksilber, schwerer als die übrigen Metalle und das am wenigsten elastische und weichste von allen. In der Natur kommt es gediegen nur höchst selten vor, sondern meist mit Schwefel verbunden und zwar am reinsten als der zugleich silberhaltige Bleiglanz; ferner als Oxyd, d.h. kalkförmig und mit Säuren vereinigt, z.B. mit Kohlensäure im Bleispat oder Weißbleierze. Nur das letztere und der Bleiglanz werden in solcher Menge gefunden, daß man sie zur Gewinnung des Bleis im Großen verwenden kann. Der gute Gehalt der Bleierze und da bei der Gewinnung anderer Metalle noch nebenbei auch viel Blei erhalten wird, sowie die Leichtigkeit, mit welcher das bei geringer Hitze schmelzende Blei aus den Bleierzen selbst dargestellt wird machen es zu einem der wohlfeilsten Metalle. Am einfachsten erhält man es aus dem Weißbleierze, welches nur mit Kohlen geschmolzen zu werden braucht, die nach Entfernung der Kohlensäure dem Bleioxyde den Sauerstoff entziehen. Mehr Mühe macht die Bearbeitung des Bleiglanzes, der erst zerkleinert [262] oder gepocht, durch Schlämmen von den erdigen und steinigen Stücken geläubert und entweder durch Erhitzen an der Luft oder sogenanntes Rösten, vom Schwefel großentheils befreit werden muß, worauf man das dabei mit Sauerstoff geschwängerte oder oxydirte Metall mit Kohlen ausschmilzt, welche ihm den Sauerstoff wieder entziehen. Die Entfernung des Schwefels wird aber auch ohne vorhergegangene Röstung beim Schmelzen durch Zusatz von gekörntem Roheisen erreicht, das durch seine große Verwandtschaft zum Schwefel diesen an sich zieht und das Blei also davon reinigt. Man nennt dies Verfahren die Niederschlagsarbeit und es scheint das zweckmäßigere zu sein; übrigens finden beide Bearbeitungen häufig in Schmelzöfen von gleicher Einrichtung statt. Ist das gewonnene Blei so silberhaltig, daß es die Kosten der Ausscheidung trägt, wozu ein Loth auf den Centner schon hinreicht, so wird es nochmals geschmolzen und das Blei, als der leichtflüssigere Theil, so lange abgeleitet, bis das Silber allein zurückbleibt, was der sogenannte Silberblick (s.d.) anzeigt.

Das Blei wird als Metall zu Flintenkugeln und Schroten, bei der Schriftgießerei, zu Gewichten, als Glaserblei zum Einrahmen von Fenstern und Glasmalereien, in Tafeln zum Dachdecken, als dünnes Blech zum Einpacken von Thee und Taback, ferner zur Verfertigung einer Menge kleiner Gegenstände, wie Dosen, Tintenfässer u.s.w., endlich zu Rinnen und Röhren bei Wasserleitungen verwendet, welcher letztere Gebrauch wegen der giftigen Eigenschaften des Bleis aber nicht ganz gefahrlos ist. Die Bleiasche, welche erhalten wird, indem man Blei in einem Ofen schmilzt und die auf seiner Oberfläche sich bildenden graugelben Häutchen fortwährend abstreift, bis das ganze Metall auf diese Art in Asche verwandelt worden ist, wird vorzüglich zu Glasuren gebraucht. Indem sie einer nicht zu großen Hitze von Neuem ausgesetzt wird, verwandelt sie sich unter Einwirkung der Luft in Neugelb, auch Massicot und Bleigelb genannt. Das Kasselergelb wild auf ähnlichem Wege gewonnen und durch vermehrte Anwendung von Hitze erhält man endlich die Mennige oder den Bleizinnober, eine rothe Farbe, welche, wie die obigen, zum Malen und Anstreichen dient. In sehr großer Hitze wird die Bleiasche zum Theil verglast, heißt dann Bleiglätte, wird gewöhnlich beim Ausschmelzen des silberhaltigen Bleis nebenbei bereitet, und zu Töpferglasuren benutzt. Völlig verglaste Bleiasche oder Bleiglas wird auch zur Färbung von Porzellan und zur Bereitung des Flintglases verwendet. Eine weiße, zu Firnissen, bei der Pergamentbereitung, zu vielen Färbereien und bei der Öl- und Wassermalerei vielbenutzte Farbe, das Bleiweiß, erhält man, wenn Bleiplatten Essigdämpfen ausgesetzt werden, welche sie zu einem weißlichen Kalk zerfressen, dessen feinste Sorte Schieferweiß heißt. Das übrige Bleiweiß wird fein gemahlen, aber häufig mit Kreide und Schwerspat verfälscht. Der Bleizucker, von seinem süß zusammenziehenden Geschmacke so genannt, eigentlich ein Bleioxydsalz, ist im Wasser leicht auflöslich und wird in der Färberei als Beize häufig gebraucht. Deshalb bereitet man ihn fabrikmäßig durch Auflösung von Bleiglätte oder Bleiweiß in Essig, oder indem man dünne Bleistreifen in bis zur Hälfte mit Essig gefüllte steingutne Töpfe stellt, in bleiernen oder verzinnten kupfernen Kesseln bis zu einem gewissen Grade einkocht und endlich in thönernen, glasirten Gefäßen krystallisiren läßt. Das Abdampfen kann auch erspart werden, wenn man Bleiglätte in hinlänglich starkem, gereinigtem Holzessig auflöst.

Deutschland besitzt in Steiermark, Kärnten und Böhmen, im Erzgebirge, auf dem Harze und an andern Orten Überfluß an Blei und führt eine Menge davon aus. Auch England hat sehr ergiebige Bleigruben, viele andere europ. Länder erzeugen aber ihren Bedarf nicht selbst. Metallisches reines Blei ist ohne Wirkung auf den Körper, während Bleioxyde, vorzüglich Bleizucker und Bleiweiß einen höchst gefährlichen und das Leben bedrohenden Einfluß auf das thierische Leben äußern. Werden sie nicht in großer Menge verschluckt, so geschieht dies nur nach und nach und man zählt sie deshalb zu den schleichenden Giften. Die Wirkung der Bleioxyde ist dieselbe, wenn sie trocken, flüssig, als Rauch oder unmerkbarer Staub in den Körper gelangen und Bleivergiftungen sind daher häufig zufällig und bei vielen Arbeiten, z.B. beim Ausschmelzen der Bleierze, kaum zu vermeiden. Außerdem sind besonders Arbeiter in Bleimanufacturen, ferner Maler, Tüncher, Töpfer, Schriftgießer, Klempner u.s.w. der Bleivergiftung mehr oder weniger ausgesetzt; auch leidet die Gesandheit nicht selten durch Genuß säuerlicher Speisen, welche in schlechtglasirten irdenen oder mit zu viel Blei versetzten zinnernen Gefäßen bereitet oder verwahrt wurden. Selbst das Verschlucken von Schrotkörnern kann gefährlich werden, wenn sich dieselben im Magen zersetzen. Fahle Gesichtsfarbe, Leiden, die sich auf den Unterleib beziehen und das Blei- oder Malerkolik, bei den Hüttenarbeitern Hüttenkatze genannte fürchterliche Reißen, sind die Folgen starker Bleivergiftungen und bei Mangel zweckmäßiger Hülfe erfolgt der Tod durch völlige Auszehrung. Personen, welche den schädlichen Einflüssen des Bleis ausgesetzt sind, können denselben dadurch vorbeugen, daß sie den Speichel oft auswerfen, den Mund ausspülen, ehe sie Speisen oder Getränke zu sich nehmen, alle Säuren vermeiden und viel Milch, fette Speise und vorzüglich fette Öle genießen. Auch als Heilmittel werden die Bleioxyde angewendet, jedoch nur selten innerlich, häufiger aber als Salben, Augenwasser, Pflaster, z.B. auch im Heftpflaster, ja selbst als Metall benutzen die Wundärzte das Blei, um auf Auswüchse durch Druck zu wirken, und Bleidraht wird zu Unterbindungen von Blutgefäßen gebraucht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 262-263.
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