Porzellan

[545] Porzellan wird die schönste irdene oder Töpferwaare, wie man annimmt, entweder von der äußern Ähnlichkeit mit der weit früher bekannten Porzellanschnecke oder von dem portug. porcella, d.h. Schale, genannt. Das Porzellan besteht hauptsächlich aus Porzellanthon oder Porzellanerde, worunter man den feinsten und reinsten, magern und eisenfreien Thon versteht, welcher sich im Feuer vollkommen weiß brennt, und aus einigen Zusätzen, welche die Eigenschaft besitzen, daß sie beim Brennen von selbst nur des Anfangs der Verglasung fähig sind oder doch durch Vermischung mit unschmelzbaren Stoffen und Mäßigung der Hitze von völliger Verglasung abgehalten werden können. Im Wesentlichen besteht die Verfertigung des Porzellans darin, daß Quarz oder Kiessand geröstet, d.h. wiederholt glühend gemacht und mit kaltem Wasser gelöscht wird, bis er sich leicht zerpochen und zu Staub mahlen läßt. Dieser wird durch ein seines Sieb getrieben, was ebenfalls mit vorher gebranntem und zerkleinertem Gyps geschieht, der mit dem vorigen in geringer Menge dem sorgfältig geschlemmten Porzellanthon beigemischt wird, um die Vereinigung der dadurch entstandenen Porzellanmasse im Feuer zu befördern, zu der auch noch ebenso sein zerkleinerte Porzellanscherben genommen zu werden pflegen. Das Ganze wird gehörig gemengt, noch einmal auf der Mühle gemahlen und dann mit Regenwasser in großen Behältnissen zu einem Teige angemacht und verwahrt, bis derselbe in eine faulende Gährung übergegangen ist und eine weißgraue Farbe angenommen hat. Jetzt werden daraus theils auf der Scheibe, wie beim Töpfer, theils durch Eindrücken in Formen und aus freier Hand die beabsichtigten Gegenstände geformt, sorgfältig nachgebessert und geglättet und wenn sie gehörig getrocknet sind, jedes Stück unter einer Art Stürze (Kapsel oder Muffel) von Porzellanmasse, meist in einem gewöhnlichen Brennofen bis zu einer gewissen Festigkeit gebrannt. Aus diesem Ofen kommt das Porzellan mit rauher Oberfläche als sogenanntes Biscuit und erhält nun die Glasur, zu welcher aber nicht, wie bei gewöhnlichem Thongeschirr, Metallkalke gebraucht werden, sondern die aus Kiesel oder Quarz, Porzellanscherben und gebranntem Gyps bereitet und möglichst sein gepulvert mit vielem Wasser eingerührt wird, in welches die einmal gebrannten Porzellanwaaren schnell eingetaucht werden. Von dem feinen Pulver der Glasur bleibt dabei genug an der Oberfläche zurück und nun werden die Gegenstände abermals unter Kapseln im eigentlichen Porzellanofen bei sehr heftigem und gleichmäßig anhaltendem Feuer fertig gebrannt und erhalten Glasur und weiße Farbe. Hierauf folgt das Vergolden und Bemalen des Porzellans, wozu die Farben aus Metallkalken bereitet werden, welche mit Glasflüssen zusammengeschmolzen, aufs feinste gepulvert, mit Lavendel- oder Terpenthinöl angerieben und mit dem Pinsel aufgetragen werden. Nachdem sie getrocknet sind, wird das gemalte Porzellan abermals unter Kapseln in einem besonders eingerichteten Ofen einer Hitze ausgesetzt, bei der die Farben sich durch Verglasen mit der Glasur vereinigen, ohne daß jedoch diese selbst leidet. Ähnlich ist das Verfahren beim Versilbern und Vergolden von Porzellansachen, indem das aus einer Auflösung von Gold (in Königswasser) oder Silber (in Scheidewasser) niedergeschlagene Pulver mit einem das Schmelzen begünstigenden Zusatze versetzt und übrigens wie die Farben behandelt, aufgetragen und eingebrannt, zuletzt aber mit Blutstein oder Achat polirt wird. Das nur blau verzierte Porzellan wird vor dem Glasiren bemalt und die Farbe zugleich mit der Glasur eingebrannt, mit der sie so zusammenschmilzt, daß sie durchscheint. Auch Kupferstiche werden in mehren Farben auf Porzellan übertragen, indem man Abdrücke von den Kupferplatten mit besonders bereiteter Farbe auf ein der Art zugerichtetes Papier macht, daß es, naß auf bereits glasirtes Porzellan geklebt, an dieses den ganzen Abdruck abgibt, der dann mit eingebrannt wird. Übrigens werden noch manche Theile der Fabrikation des Porzellans als Geheimniß behandelt. Zu den Eigenschaften eines guten Porzellans gehört die Unschmelzbarkeit im heftigsten Ofenfeuer und eine solche Härte, daß es am Stahle Funken gibt. Es muß glockenähnlich klingen, blendend weiß, rein und glatt sein und bei aller Dichtigkeit der Masse eine eigenthümliche Halbdurchsichtigkeit besitzen, ohne ins Glasartige zu fallen, was ein Fehler des Porzellans ist. Form und Verzierung der Porzellanwaaren müssen natürlich in Bezug auf Geschmack und Haltbarkeit möglichst vollkommen ausfallen. In Japan, China und Persien wurde lange vorher Porzellan verfertigt, bevor man in Europa daran dachte, wo man zu Ende des 15. Jahrh. das von den Portugiesen aus Ostindien zuerst mitgebrachte chines. Porzellan kennen lernte. Später brachten es zwar auch die Holländer in den Handel, allein es galt bis ins 18. Jahrh. für so kostbar, daß noch König August II. von Polen vom Könige von Preußen eine Anzahl chines. Porzellanvasen für ein Regiment Dragoner eintauschte. In I. 1705 wurde jedoch von Joh. Friedr. Böttcher (s.d.) die Verfertigung des Porzellans in Sachsen erfunden und 1710 die erste europ. Porzellanfabrik zu Meißen angelegt, welche noch jetzt an Vortrefflichkeit der Masse, Glasur, Malerei und Vergoldung ihrer Waaren wenigstens von keiner deutschen übertroffen wird und deren Fabrikzeichen in zwei gekreuzten Kurschwertern besteht, die nach dem Orient bestimmten Gegenstände ausgenommen, welche mit einem Halbmond bezeichnet und Türkengut genannt werden. In Deutschland bestehen außerdem berühmte Porzellanfabriken in Berlin, wo das Zeichen der königl. Fabrik ein Scepter ist, in Wien, zu Nymphenburg bei München, sowie weniger ausgezeichnete an mehren Orten. In Frankreich ist unter zahlreichen Porzellanfabriken die zu Sèvres unweit Paris die älteste und berühmteste und das franz. Porzellan zeichnet sich im Allgemeinen durch geschmackvolle Arbeit aus, besitzt aber bei der vorwaltenden Glasähnlichkeit der Masse eine viel geringere Haltbarkeit als gutes deutsches Porzellan. Das Letztere gilt auch von dem meisten engl. Porzellan und nur die Fabriken zu Worcester liefern vorzügliche Porzellanwaaren.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 545.
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