Dumouriez

[607] Dumouriez (Charles François), ein berühmter franz. Marschall, geb. 25. Jan. 1739 in Cambray, wo sein Vater als Kriegscommissair damals lebte, erhielt seine Bildung theils von diesem, theils in Paris und entsagte dem Studium der Rechte, als sein Vater während des siebenjährigen Kriegs als Kriegscommissair das Heer des Marschalls d'Estrées begleitete. Der 18jährige Jüngling folgte ihm, ward bald als Aide de Camp angestellt, 1760 aber verwundet und gefangen. Nachdem er in Wesel einigermaßen hergestellt und ausgewechselt worden war, erhielt er eine Hauptmannsstelle, nach dem Frieden von Hubertsburg aber den Abschied und für die bewiesene Tapferkeit das Ludwigskreuz. Er bot nun der im Kampfe mit der Insel Corsica begriffenen Republik Genua seine Dienste an und da sie abgelehnt wurden, ging er nach Corsica, kehrte aber bald nach Frankreich zurück, wo er dem Minister Choiseul einen Plan vorlegte, jene Insel zu erobern und wurde auch 1768 als Generalquartiermeister bei dem franz. Heere gegen Corsica angestellt, und bald darauf Oberst. Kaum zurückgekommen wurde er 1770 nach Polen geschickt, um als Agent der franz. Regierung der Conföderation von Bar, die sich in Polen gegen Rußland und gegen Stanislaus, König von Polen gebildet, mit Rath an die Hand zu gehen, nahm auch an dem Kriege, der daraus gegen Rußland und die Partei des Königs entstand, Antheil, erkannte aber bald, daß bei der Entzweiung der Polen nichts auszurichten sei und kehrte daher im Winter von 1771 auf 1772 nach Frankreich zurück, wo man aber mit dem Erfolge seiner Sendung unzufrieden war. Doch wurde D. 1773 abermals mit einem schwierigen Geschäft mit Schweden beauftragt und ging deshalb nach Hamburg, wo er aber, weil er seine Vorschriften überschritt, verhaftet, nach Paris gebracht wurde und erst nach Ludwig XV. Tode die Freiheit wieder erhielt. In den Jahren 1775–77 wurde er neuerdings zu mehren Missionen gebraucht und 1778 zum Commandanten von Cherbourg ernannt, wo er noch war, als die Revolution 1789 ausbrach. Vergebens suchte er jetzt in die constituirende Nationalversammlung aufgenommen zu werden, indem er sich den neuen Ansichten von einer beschränkten Monarchie anschloß, doch wurde er zum Commandanten der Nationalgarde von Cherbourg und zum Gouverneur der Niedernormandie, später zum Marechal de Camp der zwölften Armeedivision ernannt, was dem ehrgeizigen und thätigen Manne jedoch nicht genügte; er blieb also in Paris, wo er sich auch in den Jakobinerclub aufnehmen ließ, und wurde 1792 Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Als Ludwig XVI. bewogen wurde, an Östreich den Krieg zu erklären, bot sich für D. eine passende Gelegenheit dar, sich als General auszuzeichnen; allein der König, der auf ihn besonderes Vertrauen setzte, wählte ihn zum Kriegsminister. Er blieb dies aber nicht lange, da der König zwei Beschlüssen der Nationalversammlung wegen eines Lagers von 20,000 M. bei Paris und der Deportation der unbeeidigten Priester die Bestätigung verweigerte. D. begab sich hierauf in das Lager des Generals Luckner und commandirte als Generallieutenant eine Abtheilung desselben, bis er nach der Flucht Lafayette's den Oberbefehl von dessen Heer bekam, mit dem er den Preußen, die in die Champagne eingefallen waren, entgegenzog und die Pässe des Argonner Waldes besetzte. Bei Grandpré hielt er drei Tage lang den Angriff der Preußen aus und zog sich nur, weil die Östreicher einen Durchgang erzwungen, nach St.-Menehould zurück, während Kellermann des Feindes nochmaligen Versuch abwies, bei Valmy durchzudringen, worauf die Preußen den Rückzug antraten. Bei Jemappes unweit Mons schlug er am 6. Nov. 1792 die Östreicher und ging dann nach Paris, wo er als ein Anhänger der neuen Freiheitsideen, nicht aber der Anarchie, auf die Rettung des Königs dachte. Diese Gesinnung verhehlte er nicht genug, wurde dadurch den Jakobinern verdächtig, und da er zu Anfange des I. 1793 im Felde unglücklich war, suchten seine Feinde ihn zu stürzen, während auch er bereits mit dem östr. Oberfeldherrn, dem Prinzen von Koburg, in Unterhandlung stand und die Absicht hatte, mit seinem Heere nach Paris zu marschiren, um den König zu befreien und der Herrschaft der Jakobiner ein Ende zu machen. Als daher am 4. Apr. 1793 eine Commission ankam, um ihn zu entsetzen und nach Paris zu [607] führen, wo sein Tod gewiß war, nahm er sie gefangen und sandte sie ins östr. Lager. Aber kaum hatte er seinen Soldaten seine Pläne kund gethan, so fielen sie von ihm ab und er mußte mit seinem Adjutanten, dem jetzigen Könige von Frankreich, durch die Schelde zu den Östreichern sich retten. D. hielt sich nun abwechselnd in Brüssel, Köln, der Schweiz und England auf, lebte eine Zeit lang bei Hamburg von einem Jahrgelde von 1200 Pf. St., welches ihm die engl. Regierung ausgesetzt hatte, und starb am 14. März 1823 in der Nähe von London.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 607-608.
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