Lappland

Lappland

[701] Lappland oder Sameland ist das theils zu Norwegen, theils zu Schweden, theils zu Rußland gehörende nördlichste [701] Land Europas, vom 64.–71.° N. Br., welches vom atlant. Ocean, dem nördl. Eismeer und weißen Meere, Nordland, Finnland und Norwegen begrenzt wird.

Der Tana-, Muonio- und Torneäfluß theilen es in das norweg., schwed. und russ. Lappland. Das erste ist ein durchaus gebirgiges Land, weniger das schwed., und das russ. wird nur in der Mitte von einer Fortsetzung der finnischen Gebirge durchzogen, ist aber übrigens eben und zum Theil sumpfig. Zahlreiche Flüsse und Seen sind im ganzen Lande zu finden, aber wegen der hohen Küste ist nur der südl. Theil einiges Anbaues fähig. Fische, pelztragende Thiere, Rennthiere, wildes Geflügel, Nadelholz, Birken, einige Moos- und Flechtenarten, eßbare Beeren, Eisen, Kupfer und silberhaltiges Bleierz sind die Producte dieses Landes, das nur einen sehr kurzen Sommer hat und fast stets und überall mit Schnee und Eis bedeckt ist. Die Lappen, oder wie sie sich selbst nennen, Samen, sind die Bewohner desselben. Sie sind den Finnen verwandt, klein und häßlich, aber sehr kräftig und abgehärtet. Ihr Charakter ist ein Gemisch von Gutmüthigkeit, Jähzorn, Mistrauen, Menschenschen und Redlichkeit; ihr Reichthum besteht in Rennthierheerden, ihre Kunstfertigkeit in der Bereitung ihrer Kleidungsstücke und ihres Hausgeräthes. Rennthierzucht, Fischfang, Jagd sind ihre Hauptbeschäftigung, nur wenige leben als Handarbeiter oder Bettler in den Kirchspielen. Demgemäß theilen sie sich auch selbst in Rennthierlappen, Fischlappen und Kirchspiellappen, von denen die ersten die reichsten und geachtetsten, die letzten die ärmsten und verachtetsten sind. Es gibt Rennthierlappen, welche 3–400 Stück Rennthiere besitzen. Die Abbildung zeigt die Familie eines Rennthierlappen; die Heerde ist von der Weide zurückgekehrt und wird gemolken. Der treue Begleiter der Lappen und mit ihnen der Wächter ihrer Heerde ist der Hund, der auch ihre Mahlzeit und ihr Lager theilt. Die Kleidung der Männer und Weiber ist fast ganz dieselbe, nur daß die Frauen sich durch zierliche Nähterei an ihren Kleidern und zuweilen durch einen eigenthümlichen Kopfputz auszeichnen. Der Rock ist aus Schaffellen verfertigt, deren Wolle nach innen gekehrt ist, und wird zuweilen mit Otterfellen verbrämt. Die Beinkleider bestehen aus grobem Tuch oder Leder, die Hinterseite aus rauhen Fellen. Die Kopfhaut des Rennthiers liefert die Schuhe, welche mit Stroh oder Moos ausgefüttert und an den Füßen fest gebunden werden. Von ähnlicher Beschaffenheit sind auch die Handschuhe. Über dem beschriebenen Pelzrocke, der auf dem bloßen Leibe getragen wird, haben die Lappen noch ein ganz ähnliches Oberkleid von grobem Tuche oder Rennthierfellen, welches auf der Schulter mit farbigem Tuche besetzt ist, und bei heftiger Winterkälte kommt zu diesen Kleidungsstücken noch ein Kleid aus Rennthierfellen, dessen Rauches nach außen geht. Die Kopfbedeckung der Lappen besteht gewöhnlich aus einer spitzigen Mütze, welche aus vier Stücken Tuch zusammengenäht, auf der Spitze mit einer Quaste von buntem Tuche und unten herum mit seinem Pelzwerk besetzt ist. Bei rauhem [702] Wetter tragen sie aber statt dieser Mütze eine Pelzkappe, welche Kopf und Nacken so einhüllt, daß nur das Gesicht zum Vorschein kommt. Zur Wohnung dient den Lappen eine kleine und niedrige Hütte, welche von vier gekrümmten Stäben zusammengehalten und mit Baumrinde bedeckt ist. Bei rauher Witterung wird noch ein Stück Segeltuch übergespannt. Oben hat die Hütte eine Öffnung, durch welche der Rauch von dem Feuer entweicht, das auf dem Herde mitten in der Hütte brennt. Die kleinen Kinder pflegen die Lappen in eigne ausgehöhlte, aus einem Baumstamme zierlich geschnitzte Behältnisse zu thun, welche von ihnen auf dem Rücken getragen oder an einem Baumstamme oder dergl. aufgehängt werden. Die Lappen bekennen sich zwar jetzt sämmtlich zum Christenthume, doch sind ihre religiösen Vorstellungen noch sehr mit altem heidnischen Aberglauben vermischt. Sie lieben den Branntwein und das Tabackrauchen und halten ihr Vaterland für das schönste auf der Welt, in welches sie sich zurücksehnen, wenn man sie aus demselben entführt. Man kann im Ganzen nur etwa 8000 Lappen rechnen, von denen etwa 4000 unter schwed., 3000 unter norweg. und 1000 unter russ. Herrschaft stehen.. Zu den eigentlichen Ureinwohnern, den Lappen, sind seit etwa einem Jahrhundert die Quäner gekommen, Auswanderer aus Finnland und andern Gegenden, welche sich stark vermehren, während die Lappen an Zahl immer mehr abzunehmen scheinen. – Das norwegische L. umfaßt den nordwestl. Theil des Landes, etwa 1800 ! M., welcher die Provinz Finnmarken bildet und zum Stifte Drontheim gehört. Lappen bewohnen hier während des Winters das Dorf Kautokeino. – Das schwedische L., der südl. Theil, war früher in sieben Lappmarken: Jemislands-, Angermannlands-(Asele-), Umeå-, Piteå-, Luleå-, Torneå- und Kemi-Lappmark eingetheilt und bildet jetzt das Wester- und Nordbottonlän. (S. Schweden.) – Das russische L., der östl. Theil, gehört größtentheils zum Gouvernement Archangel (s. Rußland), und nur ein Theil von Luleå-Lappmark und Kemi-Lappland, seit 1806 von Schweden an Rußland abgetreten, werden zu Finnland gerechnet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 701-703.
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