Moritz [1]

[189] Moritz, erster Kurfürst von Sachsen Albertinischer Linie, geb. 1521 zu Freiberg, war der älteste Sohn Herzog Heinrich's des Frommen, erhielt eine sorgfältige Erziehung, welche der Aufenthalt an mehren deutschen Höfen, zuletzt bei dem Kurfürsten Johann Friedrich dem Großmüthigen zu Torgau, vervollständigte, wo er auch 1539 sich zur lutherischen Lehre bekannte. Im Jahre 1541 vermählte er sich mit einer Tochter des Landgrafen Philipp von Hessen, was den Wünschen seines Vaters aber nicht entsprach, durch dessen Ableben M. indessen noch im nämlichen Jahre zur Regierung gelangte. Obgleich er eifriger Protestant war, schloß er sich doch dem schmalkaldischen Bunde nicht an, sondern hielt in jener Zeit religiöser und weltlicher Wirren zwischen den deutschen Fürsten und dem Kaiser eine mehr selbständige Rolle für politisch klüger und seinen aufstrebenden Plänen angemessener, suchte sich jedoch die Gunst Kaiser Karl V. zu erwerben. Irrungen mit dem Kurfürsten Johann Friedrich über von demselben an die Stadt Wurzen gemachte Ansprüche hätten im Apr. 1542 beinahe einen Krieg veranlaßt und die Heere beider Fürsten standen sich schon bei Wurzen gegenüber, als noch am Ostermontage ein Vergleich zu Stande kam, daher, weil man nun die Osterfladen in Frieden genießen konnte, diese Fehde der Fladenkrieg genannt wurde. Noch im nämlichen Jahre führte er dem Kaiser ein Hülfscorps wider die Türken zu, stand ihm in den beiden folgenden gegen Frankreich bei, und als 1546 offene Feindseligkeiten zwischen dem Kaiser und dem schmalkaldischen Bunde drohten, schloß er sich dem erstern durch ein geheimes Bündniß an. Damit unbekannt, übertrug Kurfürst Johann Friedrich dem Herzoge M. den Schutz seiner Lande, als er in den Krieg zog, was diesen aber nicht abhielt, kraft kaiserl. Befehls die ausgesprochene Acht an ihm zu vollziehen und sich mit kaiserl. Beistande der Länder desselben zu bemächtigen, mit denen er nach Gefangennehmung des Kurfürsten in der Schlacht bei Mühlberg auf dem Reichstage zu Augsburg 1548 größtentheils belehnt, sowie mit der Kurwürde bekleidet wurde. Gleichwol verstand er sich nicht zur Anerkennung des auf demselben Reichstage erlassenen augsburg. Interim (s.d.), und nicht gesonnen, des Kaisers Streben nach unumschränkter Gewalt in Deutschland zu unterstützen, sowie unzufrieden wegen der fortdauernden Gefangenhaltung des Landgrafen Philipp, benutzte M. die ihm von dem ihm gleichwol vertrauenden Kaiser übertragene Vollziehung der. Reichsacht wider Magdeburg, um ein ansehnliches Heer zusammenzubringen, während er mit Heinrich II. von Frankreich und mehren deutschen Fürsten sich im Geheim verbündete. Im März 1552 begann er plötzlich zur Sicherheit des Protestantismus, zur Aufrechthaltung der Reichsverfassung und Befreiung des Landgrafen Philipp die Feindseligkeiten gegen den ganz unvorbereiteten Karl V., der zu Innsbruck krank am Podagra lag und beinahe gefangen genommen worden wäre, da er weder Geld noch Truppen zu seiner Verfügung hatte, um Widerstand zu leisten. Er ließ daher den Landgrafen frei und gestand in dem durch seinen Bruder Ferdinand im Jul. zu Passau unterhandelten Vertrage freie Religionsübung im Reiche und gleiche Rechte mit den Katholischen zu. Nach dadurch hergestelltem Frieden führte M. sogleich 20,000 M. dem Kaiser nach Ungarn gegen die Türken zu Hülfe und übernahm nach seiner Rück. kehr mit einigen andern Fürsten die Bekämpfung des Markgrafen Albert von Brandenburg-Kulmbach, welcher unter der Angabe, daß er den passauer Vertrag nicht anerkenne, den Frieden Deutschlands mit seinen raublustigen Söldnern störte. Er wurde auch am 9. Jul. 1553 in der Schlacht bei Sievershausen im Hildesheimischen von M. besiegt, der [189] jedoch am 11. Jul. an der dabei erhaltenen Wunde starb. Zu Vielem von Dem, was zweideutig an ihm erscheint, wurde M. wol von den Umständen genöthigt, und es gebührt ihm gewiß der Ruhm eines ausgezeichneten Feldherrn und Staatsmanns und großen Beförderers der Wissenschaften.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 189-190.
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