Winter

[740] Winter (der) ist die rauheste, dem Herbste folgende und dem Frühlinge vorausgehende Jahreszeit und beginnt in astronomischem Sinne auf der nördl. Halbkugel der Erde, wenn die Sonne ihren südlichsten Stand (den Winterpunkt) am Himmel erreicht hat und daher unser kürzester Tag (21. Dec.) ist; er endigt, sobald die Sonne wieder über dem Äquator angekommen ist und daher Frühlings. nachtgleiche (21. März) eintritt. Er dauert bei uns etwas über 89 Tage, auf der südl. Halbkugel aber über 93 Tage, wo er in die Zeit unsers Sommers fällt, weil er dort in die Sonnenferne trifft, wo die Erde sich langsamer auf ihrer Bahn fortbewegt. Von diesem astronomischen verschieden, ist der physische Winter, welchen bei uns kaltes und rauhes Wetter, Frost und Schnee bezeichnen und der mitunter erst im Jan. eintritt. Nach dem Nordpole zu steigt die Strenge des Winters fortwährend, südl. aber finden wir schon in der gemäßigten Zone, z.B. in Portugal, dem südl. Spanien, nördl. Afrika, an dessen Statt nur eine Regenzeit, der ähnlich, die zwischen den Wendekreisen seine Stelle vertritt. Die Zahl ausgezeichnet strenger Winter, welche in die Jahre 1709, 1732, 1740, 1776, 1785, 1789, 1821, 1829 fielen, hat der von 1840 vermehrt. – Winterfrucht heißen in der Landwirthschaft solche Feldfrüchte, welche im Herbste gesäet werden und also im Freien überwintern. Als Winterobst werden Apfel und Birnen bezeichnet, welche sich tief in den Winter hinein oder noch darüber hinaus halten. – Der Winterschlaf, in welchen in nördl. Gegenden besonders manche Säugthiere, viele Amphibien und einzelne Insekten meist unter der Erde, in hohlen Bäumen, im Schlamme der Gewässer, die strenge Jahreszeit [740] über mitunter für mehre Monate verfallen, befähigt sie, in Gegenden zu leben, wo den Winter über die nöthige Nahrung für sie oft gänzlich mangelt, und die sie doch nicht mit jener Leichtigkeit wie die Zugvögel zu verlassen im Stande sind, um einen mildern Himmelsstrich aufzusuchen. Sie sind daher im Stande, die ganze Zeit über in einer todähnlichen Erstarrung auszudauern, wobei der Körper von dem durch das reichliche Futter im Sommer und Herbst angesammelten Fett zu zehren scheint und alle Wärme und der Blutumlauf bis auf das Herz und einige größere Kanäle aufhören. Die Zahl der Säugthiere mit Winterschlaf ist jedoch nicht groß und es gehören dazu namentlich der Hamster, das Murmelthier, der Dachs, der Igel, mehre Mäusearten, der Bär, die Fledermaus, von Insekten die Bienen, manche Wespen, Fliegen und viele Puppen, in den nördl. Gegenden endlich fast alle Amphibien. Die Winterschläfer leben übrigens nicht blos in kalten Ländern, sondern der Jerboa hält in Arabien, der Tanreck auf Madagaskar einen Winterschlaf. Eine ähnliche Erscheinung ist in den Tropengegenden der Schlaf des Alligators während der trocknen Jahreszeit, wo diese Thiere sich in den Schlamm wühlen und scheinbar vertrocknen, bis die Regenzeit sie wieder belebt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 740-741.
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