Capitol (Familie)

[272] Capitol (Familie), Capitolium (mons capitolinus der alten Römer). Hier stand der berühmte capitolinische Tempel, oder vielmehr eine Reihe verschiedener Tempel, die dem Jupiter, der Juno, Minerva geweiht waren. Der Bau des colossalen Gebäudes begann unter Tarquinius Priscus, wurde von Tarquinius Superbus fortgesetzt und im 3. Jahre der Republik vollendet. Privatpersonen, Consuln und Kaiser verwendeten nach und nach ungeheure Summen, um diesen Berg mit Gebäuden und Ornamenten auszuschmücken. Er repräsentirte die mächtige Roma, die Weltbeherrscherin; von hier aus wurden die Befehle dictirt, welche Nationen in Syrien und Griechenland, Gallien und Britannien, an der Donau und dem Tanais unterjochten. Der Tempel des Capitols war 200 Fuß lang und 158 breit, das metallene Dach vergoldet, eben so das prächtige Viergespann. Hier lagen die kostbarsten Weihgeschenke, das Staatsarchiv, die sibyllinischen Bücher, die Gesetztafeln etc. Hier standen die Bildsäulen der Götter und Helden der Nation, hier opferten die Consuln und Feldherren, schworen die Kaiser und huldigte das Volk. Es war der Schauplatz alles Großen und Erhabenen, aller pomphaften Nationalfeste. Von hier aus flogen die Befehle zu Schlachten, Siegen und Eroberungen Wie man jetzt sagt: im Cabinet von St. James ist der Krieg erklärt worden, so damals: vom Capitol ertönt die Kriegestrompete, das Capitol hat Gallien gedemüthigt und Karthago's Zerstörung befohlen. Hier war der große Porticus, wo das Volk nach beendigtem Kriege die Triumhpmahlzeiten erhielt. Hier blutete Cäsar unter Brutus und seiner Mitverschworenen Dolchstichen. – Es war zugleich eine feste Felsenburg, Roms Citadelle. – Brennus, der gallische Anführer, verbrannte Rom und belagerte das Capitol; aber die Wachsamkeit der Gänse, welche die Besatzung der Römer, als die Gallier[272] in der Morgendämmerung die Schanzen erstiegen hatten, durch ihr Geschrei erweckten, und des Camillus Tapferkeit retteten es. 84 vor Christus brannte es ab, Sulla baute es 78 wieder auf. 70 nach Christus legten es die Soldaten des Vitellius in Asche, Vespasian und später Domitian stellten es wieder her; Letzterer noch prächtiger, als es bis dahin bestanden. Die Gothen zerstörten es bei ihrem Einfalle so sehr, daß jetzt der ganze capitolinische Berg ein Hause von Ruinen ist. Ueber dem Gemäuer der gesunkenen Herrlichkeit ranken sich Schlingpflanzen hin. Der tarpe'ische Felsen ist durch den herabgestürzten Schutt eine unbedeutende Anhöhe geworden. Bonifacius IX. erbaute hier das neue Campidoglio, und auf dem Platze des ehemaligen Tempels, wo der Donnergott seinen Blitz schleuderte und Minerva's Schild strahlte, steht jetzt die Kirche ara coeli, der heiligen Maria geweiht. – Aber Geister der Erinnerung schweben über den Trümmern und flüstern dem fühlenden Wanderer die Sagen von der gewaltigen Roma, von den Göttern und Heroen mit elegischen Worten zu.

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Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 272-273.
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