Fürstenberg [2]

[823] Fürstenberg, Name eines mediatisirten u. großentheils unter bad. Landeshoheit stehenden Fürstenthums. Hauptbestandtheile sind 1) die Landgrafschaft Baar mit der Hauptst. Donaueschingen (s. d.) und mit der Ruine des Stammschlosses F., welche auf das Städtlein F. herabschaut, das wegen seiner ungünstigen Lage und Wassermangel niemals [823] gedieh, 1841 abbrannte und an den Fuß des Bergkegels verlegt wurde (Neu-F.). 2) Die Landgrafschaft Stühlingen mit den Städten Stühlingen, Engen, Neustadt auf dem Schwarzwald. 3) Die ehemal. Grafschaft (jetzt bad. Bezirksamt) Heiligenberg am Bodensee, mit gleichnamigem Orte und Sommerschloß, das eine herrliche Aussicht auf die Tyroler u. Schweizer Alpen darbietet. 4) Die Herrschaft Mößkirch. Dazu kommen Besitzungen unter hohenzollern-sigmaringischer (preußischer) u. württemberg. Hoheit; das Ganze umfaßt 361/2 QM. mit etwa 120000 meist kathol. Einw. und wirst mit den böhm. Besitzungen (Kruschowitz, Nischburg, Pürglowitz u.a.) des Fürsten jährlich über 1/2 Mill. Gulden rh. ab. – Das Geschlecht der F.e, dessen Stammvater ein um 670 lebender Egen, Eck oder Egon sein soll und das mit dem der Grafen von Urach urkundlich zusammenfällt, nahm im 13. Jahrh. den Namen F. an, theilte sich in mehre Linien, die Hauptlinie aber durch Friedrich III., geb. 1496, gest. 1559, in eine jüngere Heiligenberger, welche im 17. Jahrh. in den Reichsfürstenstand erhoben wurde und 1713 ausstarb, und in eine ältere Kinzigthaler. Letztere verzweigte sich wiederum in die Mößkircherlinie, welche 1744 erlosch und in die Stühlingerlinie, aus welcher die Subsidiallinie der Landgrafen von Weitra hervorging, während Josef Wilhelm Ernst alle Besitzungen vereinigte und kurz vor seinem Tode 1762 vom Kaiser erhielt, daß fortan alle ehelichen Söhne der F.e Fürsten waren, während bis dahin nur der jeweils Regierende Fürst, die übrigen Landgrafen von F. geheißen hatten. Sein Sohn Josef Wenzel setzte die Fürstliche Reichslinie fort, welche 1804 ausstarb; ein jüngerer Sohn, Karl Egon, stiftete die fürstlich böhm. Subsidiallinie und st. 1787, sein Enkel, Karl Egon, erbte 1804 alle Lande der Reichsfürstenlinie, wurde jedoch schon 1806 von der Mediatisation betroffen. – Das Geschlecht der F.e ist reich an Männern, die sich im Dienste der Kirche oder des Staates auszeichneten. Merkwürdig: Kuno, wahrscheinlich noch durch Gregor VII. Cardinal und Bischof von Präneste; als päpstl. Legat sprach er 1111 in Palästina den Bannfluch über Kaiser Heinrich V. aus und verurtheilte 1121 den Abälard zum Widerruf. – Egino, Graf von Freiburg u. Urach, stand im Kampfe der Ghibellinen und Guelfen mit seinen Brüdern auf Seite der letzteren, sein Bruder Berthold st. 1242 als Abt zu Salem, Kuno II. zeichnete sich durch Eifer gegen die Albigenser aus, strafte die Mörder Engelbrechts von Köln, wurde aus einem Ordensgeneral der Cistercienser Cardinal und 1227 Papst, verzichtete jedoch und lenkte die Wahl auf Gregor IX., wurde als Legat nach Palästina gesandt und nach seinem Tode selig gesprochen (Gedächtnißtag 30. Sept.). – Heinrich I., der sich zuerst Graf von F. nannte, war ein Freund Rudolfs von Habsburg, trug auf dem Marchfelde das Reichsbanner, erwarb die Landgrafschaft Baar, trat damit in die Reihe der regierenden Geschlechter u. st. 1284. – Heinrich VI. mehrte durch kluge Wirthschaft sein Hausgut, verschönerte seine Städte, erwarb als Ritter den Beinamen des »Edeln«, war ein Stifter der Rittervereinigung »zum Fisch u. Falken« und st. 1490 unvermählt. – Heinrich VII. kaufte Donaueschingen, erwarb das verlorene Stammgut Lenzkirch u. fiel 1490 bei Dornach. – Wilhelm I., 1523 mit Sickingen verbündet und nach dessen Tod Beschützer seiner Kinder, führte ein unstätes Kriegerleben, bald als franz. bald als kaiserl. Oberst, begünstigte die Reformation, trat auch dem schmalkaldischen Bündniß bei u. st. 1549. – Jakob Ludwig war 1620 bayer. Artilleriegeneral und schlug den Dänenkönig Christian bei Lahna, sein Bruder Egon VIII. focht gegen Mansfeld, befehligte mit Tilly, zeichnete sich bei Breitenfeld aus u. st. 1635 als kaiserl. Generalfeldzeugmeister. Seine Söhne Franz Egon und Wilhelm Egon wurden beide geistlich, 1664 beide vom Kaiser zu Reichsfürsten gemacht, beide blieben aber nach wie vor Handlanger franz. Interessen. Wilhelm trat aus französ. Diensten in den geistl. Stand [824] mit Beibehaltung seines Regimentes, schwang sich zum Minister des Kurfürsten von Köln empor, war die Seele aller Ränke, welche dem holländ. Krieg vorangingen und trieb den Kaiser so weit, daß dieser ihn in Köln aufheben ließ. Vor heimlicher Hinrichtung schützte ihn der Nuntius, aber Frankreich, England und Schweden vermochten nicht, ihm die Freiheit vor dem Nimwegerfrieden zu geben. Er wurde 1682 Bischof von Straßburg, 1686 Cardinal, 1688 Coadjutor von Köln. Den Kurhut erlangte er nicht, bot dadurch Ludwig XIV. einen Anlaß zu einer neuen Kriegserklärung an Deutschland und st. 1704. Franz half seinem Bruder, lebte nach dessen Aufhebung als Flüchtling in Paris, wurde 1680 wieder in sein Bisthum Straßburg eingesetzt, half diese Reichsstadt an Ludwig XIV. verrathen und st. 1682. – Ausnehmend viele F.e fanden den Soldatentod, so Albrecht II. bei der Belagerung von Hohentwiel 1640, Max Josef in den Laufgräben von Philippsburg, Emmanuel Franz Egon vor Belgrad 1676, Franz Christoph bei Ofen 1684, Karl Egon Eugen, geb. 1665, kaiserl. Feldmarschallieutenant, an den Folgen seiner 1702 bei Friedlingen empfangenen Wunden, Prosper Ferdinand, der unter Eugen in Italien gefochten, 1704 vor Landau, Karl Josef Aloys 1799 bei Liplingen. – Karl Egon, geb. 1796, war seit 1818 vermählt mit Amalie Christine Karoline, Tochter des Großherzogs Karl Friedrich von Baden, bad. General, st. im October 1854; von seinen 3 Söhnen folgte ihm in der Regierung Karl Egon, geb. 1820, seit 1844 vermählt mit der Prinzessin Elisabeth Henriette von Reuß-Greiz. – Die landgräfl. Linie zu Weitra hat Besitzungen in Niederösterreich, Mähren und preuß. Schlesien, ihr Stifter war Ludwig August Egon, geb. 1705, gest. 1795 als Reichsgeneralfeldzeugmeister. Sein Sohn Joachim Egon, geb. 1749, gest. 1828, legte das große Hüttenwerk Joachimsthal in Böhmen an, sein Enkel Friedrich Michael Johann Josef, geb. 1793, ist k. k. österr. Feldmarschallieutenant, ein anderer Enkel, Friedrich Karl Johann Nepomuk, geb. 1774, ist das Haupt seiner Familie u. k. k. Obersthofmarschall. Von den 5 Söhnen des letzteren ist Joh. Nepom. Joachim Egon, geb. 1802, k. k. Oberst-Ceremonienmeister, Josef Ernst Egon, geb. 1808, Präsident des Oberlandesgerichts zu Linz, Karl Egon, geb. 1809, Deutschordens-Großcapitular-Comthur, Friedrich Egon, geb. 1813, Erzbischof von Olmütz.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 823-825.
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